Wiener Moderne-Fokus im Leopold Museum zur Wiedereröffnung

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Wiener Moderne-Fokus im Leopold Museum zur Wiedereröffnung
Foto: Sammlung Steffan/Pabst, Zürich
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Wiener Moderne-Fokus im Leopold Museum zur Wiedereröffnung
Foto: amp, Andreas Maleta press & publication, Wien, 2020
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Wiener Moderne-Fokus im Leopold Museum zur Wiedereröffnung
Foto: Ouriel Morgensztern
10 Dez 05:00 2020 von OTS Print This Article

Beethoven-Verehrung um 1900, J.M. Auchentallers Musikzimmer und Emil Pirchans unerschöpfliche Designvielfalt

Wien (OTS) - Das Leopold Museum präsentiert anlässlich der Wiedereröffnung seit 8. Dezember, nach der temporären Schließung aufgrund des zweiten Corona-bedingten Lockdowns, gleich zwei neue Ausstellungen zur Wiener Moderne: Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900 und Emil Pirchan. Visuelle Revolution. Mit diesen insgesamt fast 300 Objekte umfassenden Präsentationen erweitert Leopold Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger den Radius der großen permanenten Ausstellung Wien 1900. Aufbruch in die Moderne und legt den Fokus auf die Erneuerungsbestrebungen der Secessionisten im Sinne eines Gesamtkunstwerkes.

„Emil Pirchan. Visuelle Revolution veranschaulicht die unerschöpfliche Vielfalt dieses bedeutenden Protagonisten der europäischen Moderne anhand von mehr als 200 Objekten – darunter Möbel, Bühnen- und Kostümentwürfe, Architekturmodelle, Plakate, Buchillustrationen oder von Pirchan nach eigenem Verfahren hergestellte Tunkpapiere. In der Tradition des Gesamtkunstwerks entwarf Pirchan Wohnbauten, Inneneinrichtungen, Gebrauchsgegenstände und grafische Erzeugnisse.

Die Rekonstruktion des einzigartigen Bildprogramms Josef Maria Auchentallers zum Beethoven-Musikzimmer der Villa Scheid tritt in der neuen Fokus-Ausstellung in Interaktion mit Werken von Künstlern der Wiener Secession wie Gustav Klimt, Alfred Roller oder Josef Hoffmann. Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900 zeigt schlaglichtartig, wie Beethoven in der bildenden Kunst der Jahrhundertwende zur Inspirationsquelle und zum vielgestaltigen Bezugspunkt einer um Erneuerung und Anerkennung ringenden Wiener Moderne wurde.“

Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum

Emil Pirchan – Universalkünstler der Moderne

Die Ausstellung Emil Pirchan. Visuelle Revolution ist die erste umfassende Retrospektive zum Werk von Emil Pirchan (1884–1957) in Österreich und gibt Einblick in das Schaffen des Künstlers, der vor allem als Grafiker und Pionier des expressionistischen Bühnenbildes reüssierte. Während der Theaterwissenschaft der Name Emil Pirchan nicht fremd ist und auch KennerInnen der Wiener Moderne Pirchan als innovativen Plakatkünstler schätzen, stellt die Ausstellung im Leopold Museum das Œuvre des Universalkünstlers nun erstmals einer breiten Öffentlichkeit in seiner gesamten Bandbreite vor.

„Emil Pirchans Werk stellte lediglich in der Anfangsphase eine Facette des Universums ‚Wien um 1900‘ dar. In den 1910er-Jahren setzte Pirchan in München gänzlich neue Standards in der Sparte Werbegrafik und prägte in den 1920er-Jahren in Berlin das expressionistische Theater entscheidend mit. Die Wiederentdeckung dieses unermüdlichen Vaganten zwischen mehreren Disziplinen und Kulturepochen ist somit keine nostalgische Angelegenheit, denn in Zeiten der Flexibilität erscheint seine künstlerische Praxis höchst aktuell.“

Ivan Ristic?, Kurator, Leopold Museum

Die Schau bietet die Möglichkeit, einen beinahe vergessenen Universalkünstler wieder zu entdecken. Als Gebrauchsgrafiker produzierte Pirchan über 1500 gedruckte Arbeiten, als Theaterkünstler zeichnete er spartenübergreifend für rund 350 Bühnenausstattungen sowie zahlreiche Kostümentwürfe verantwortlich. Darüber hinaus betätigte er sich als Designer, Architekt, Autor und Hochschullehrer. Seinen Einfallsreichtum konnte der aus Brünn stammende Kreative in den Kulturzentren München, Berlin, Prag und Wien entfalten. In seiner Vielseitigkeit und seinem gesamtheitlichen Ansatz ist Emil Pirchan mit den bekanntesten Vertretern des Designs der Wiener Moderne wie Koloman Moser, Josef Hoffmann – Pirchans Cousin zweiten Grades – oder Dagobert Peche durchaus vergleichbar.

Erst vor wenigen Jahren sichtete Beat Steffan, der Enkel des Künstlers, jene im Besitz der Familie verbliebenen Kisten auf dem Dachboden des Elternhauses in Zürich, welche die reiche Hinterlassenschaft Pirchans enthielten. Die Wiederentdeckung dieses Schatzes führte zur Aufarbeitung des Nachlasses, die in eine umfassende Publikation und zwei Ausstellungen ermöglichte, 2019 im Museum Folkwang in Essen – die erste Präsentation in Deutschland – und nun im Leopold Museum in Wien.

Nach einer profunden Ausbildung in Otto Wagners Spezialklasse für Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien ging Pirchan 1908 nach München. Hier errichtete er um 1910 das Haus seines Freundes, des Sammlers und Künstlers Viktor Oppenheimer und gründete 1913 eine Kunstschule für Gebrauchsgrafik und Bühnenbild. Eine rege Ausstellungstätigkeit steigerte Pirchans Bekanntheitsgrad massiv. Einer Berufung als Ausstattungsdirektor ans Münchner Nationaltheater folgte der Sprung in die deutsche Metropole Berlin. Der bedeutende Regisseur Leopold Jessner gewann Pirchan im Jahr 1918 für die staatlichen Theater in Berlin. Hier gelang ihm der endgültige Durchbruch. Als Ausstattungschef für die Staatsoper und das Staatliche Schauspielhaus am Gendarmenmarkt entwickelte und perfektionierte er gemeinsam mit Jessner die stilisierte Bühne und die „Jessnersche Treppe“ genannte Stufenbühne. In den 1930er Jahren ging Pirchan nach Prag, wo er für die Deutschen Bühnen arbeitete, ehe er 1936 als Professor an die Akademie der bildenden Künste berufen wurde.

Die in Kooperation mit dem Museum Folkwang in Essen entstandene Ausstellung im Leopold Museum zeigt in beeindruckender Dichte die Stationen und Betätigungsfelder einer außergewöhnlichen Künstlerkarriere.

Beethovens Pastorale als Inspiration für ein Gesamtkunstwerk

Anlässlich des 250. Geburtstags von Ludwig van Beethoven im Dezember 2020 zeigt das Leopold Museum eine Fokus-Ausstellung im Rahmen der Dauerpräsentation Wien 1900. Aufbruch in die Moderne. Im Zentrum der Präsentation steht das repräsentative Bildprogramm Josef Maria Auchentallers für das Musikzimmer der Villa des Wiener Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid. Dieses besteht aus fünf Gemälden von beinahe zweieinhalb Metern Höhe und rund neun Metern Gesamtlänge, zu denen Auchentaller 1898/99 von Beethovens VI. Symphonie, der Pastorale, inspiriert wurde. Das für die facettenreiche Beethoven-Verehrung um 1900 repräsentative Musikzimmer wird nun erstmals in Österreich rekonstruiert und ermöglicht ein räumliches Erleben dieses einzigartigen Gesamtkunstwerks – im Dialog mit Werken von Künstlern der Wiener Secession.

„Der Geniekult um Ludwig van Beethoven ist spätestens ab seinem Tod 1827 nachweisbar; im Wien um 1900 steigerte er sich jedoch zu einem besonderen Phänomen mit fast sakralen Zügen. So ist Auchentallers Faszination für die Musik Beethovens charakteristisch für die Verehrung des Komponisten durch die Wiener Secession insgesamt.“

Werner Telesko, Kurator, Österreichische Akademie der Wissenschaften

Dies gilt insbesondere für die an der XIV. Ausstellung, der sogenannten Beethovenausstellung, beteiligten 21 Künstler, darunter Gustav Klimt, Alfred Roller, Friedrich König, Max Klinger oder Josef Hoffmann, der 1902 die künstlerische Gesamtleitung innehatte und der Ausstellung die weihevolle Stimmung eines Kunsttempels verlieh. Wenngleich Auchentallers vielfältiges Œuvre heute paradigmatisch für eine Jugendstilkunst steht, an der er sowohl in seiner Münchner Zeit als auch als Mitglied der Wiener Secession Anteil hatte, so war sein Schaffen als Maler, Grafiker und Schmuckdesigner – bis zu seiner ersten großen Retrospektive im Leopold Museum im Jahr 2009 – kaum bekannt.

„Auchentallers Jugendstil-Ensemble stellt die erste künstlerische Umsetzung aller Sätze einer Symphonie Beethovens dar. Mit dem Musikzimmer für den Wiener Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid schuf er ein Gesamtkunstwerk des Jugendstils, ein immersives Raumerlebnis, das in der Tradition der Musikzimmer, die um 1900 eine Blüte erlebten, einzigartig ist.“

Dominik Papst, Kurator, Leopold Museum

Publikation zur Pirchan-Ausstellung

Begleitend zur Emil Pirchan Ausstellung liegt eine umfassende Monografie auf: EMIL PIRCHAN. Ein Universalkünstler des 20. Jahrhunderts, herausgegeben von Beat Steffan mit Beiträgen von René Grohnert, Kurt Ifkovits, Barbara Lesak, Jitka Ludvova, Christiane Mühlegger-Henhapel, Sonja Pisarik, Julia Preisker, Daniel Resch, Katja Sebald, Beat Steffan und Alexandra Steiner-Strauss, erschienen im Nimbus Verlag, erhältlich im Leopold Museum Shop.

Wieder zu sehen: Wien 1900, Hundertwasser-Schiele, Ö1-Talentestipendium-Schau

Neben den neuen Ausstellungen ist die Dauerpräsentation Wien 1900. Aufbruch in die Moderne wieder zu sehen, ebenso die erfolgreiche Schau Hundertwasser – Schiele. Imagine Tomorrow und die Ausstellung zeitgenössischer, für das Ö1 Talentestipendium nominierter und prämierter KünstlerInnen.


Quelle: OTS



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