Wien: VHS erinnert: Kein Vergeben, kein Vergessen!

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VHS erinnert: Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Foto: © Zentralarchiv der KPÖ
09 Mai 03:00 2021 von Redaktion Salzburg Print This Article

Anlässlich des 8. Mai beleuchten die Wiener Volkshochschulen wenig beachtete Aspekte der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und dem Widerstand gegen das Regime.

Die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus ist heute wichtiger denn je. Geschichtsbewusstsein bildet eine Grundfeste der demokratischen Gesellschaft und ist essentiell, um an dieser aktiv teilhaben zu können, genauso wie antidemokratische Tendenzen erkennen und bekämpfen zu können. Die Wiener Volkshochschulen präsentieren anlässlich des Tags der Befreiung vom Nationalsozialismus zwei Projekte, die ein Licht auf bislang wenig beachtete Themen werfen.

Ausstellung: Österreicher*innen in der französischen Résistance

Eine neue Ausstellung der VHS Hietzing beleuchtet Österreicher*innen in der französischen Résistance (1940 – 1945). Entgegen dem herrschenden Narrativ der autochthon getragenen Résistance, war diese in fast allen Bereichen multinational. In besonders hohem Maße wurde sie von spanischen Republikaner*innen getragen, aber auch hunderte Österreicher*innen fanden sich in ihren Reihen. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass der weibliche Anteil an Widerstandskämpfer*innen mit ca. 25 Prozent signifikant höher als in Österreich (10 bis 15 Prozent) war. In noch weitaus höherem Maße waren Österreicher*innen mit jüdischen Wurzeln beteiligt, geschätzt wird ihr Anteil mit mindestens 70 Prozent. Vereinzelt oder gruppenweise agierten Österreicher*innen in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern des Widerstandes: etwa bei den zumeist kommunistisch dominierten Partisan*innenverbänden (FTP, FTP/MOI) oder im sogenannten „Rettungswiderstand“ für bedrohte Juden und Jüdinnen, bei der Fluchthilfe aus Internierungslagern oder spektakulären Befreiungsaktionen aus Gefängnissen.

Die Ausstellung gibt 18 dieser Kämpfer*innen gegen den Nationalsozialismus ein Gesicht und eine Stimme. In einem Kurzfilm sprechen Historiker Dr. Alfred Schafranek und Dr.in Hannah Lessing vom Nationalfonds über die Bedeutung dieser Widerstandbewegung und ihre Einzigartigkeit. Dieser ist unter www.vhs.at/resistance abrufbar. Hier kann auch die ganze Ausstellung virtuell besucht werden.

Spurensuche: Nationalsozialismus und Volksbildung

Die neu erschienene „Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung“ setzt sich in ihrer aktuellen Schwerpunktausgabe mit dem Thema Erwachsenenbildung und Nationalsozialismus auseinander und schließt damit eine Forschungslücke. Volksbildung und Nationalsozialismus schließen einander eigentlich kategorisch aus: Schließlich orientierte sich Volksbildung stets an einer demokratieförderlichen und wissenschaftszentrierten Lehr- und Lernfreiheit. Die damit verbundene Weltauffassung war und ist weltoffen und an der Entfaltung des Individuums orientiert. Dieser steht die auf rassistischem Antisemitismus basierende Ideologie und Herrschaftspraxis des Nationalsozialismus, die das „Zeitalter des Liberalismus und Individualismus“ durch die gleichgeschaltete „Volksgemeinschaft“ endgültig überwinden wollte, entgegen. Dennoch gab es Volks- beziehungsweise Erwachsenenbildung im Nationalsozialismus – in Deutschland seit 1933, in Österreich seit 1938. Es gab (propagandistische) Vorträge, Kurse und (systemstabilisierende) kulturelle Veranstaltungen, deren Programmgestaltung den NS-Gauleitungen unterworfen war. Die „Volksbildungsstätten“, in welche die Volkshochschulen umgewandelt wurden, waren nur für „arische Volksgenossen“ zugänglich. Jüdische und politisch unliebsame Kursleiter*innen, administrative Kräfte und Volkshochschulleiter wurden entlassen, inhaftiert, vertrieben oder ermordet. Dieser personellen und strukturellen Neuordnung der Wiener Volkshochschulen (1938–1945) widmet sich ein umfangreicher Beitrag von Christian H. Stifter und Robert Streibel in der neuen Ausgabe.

Auch die Frage nach den Opfern, den Karrierist*innen und den NS-Täter*innen in den eigenen Reihen wurde bislang wenig beachtet. Diese Lücke schließen weitere Beiträge der neuen Spurensuche und zeigen, dass die Zeit des Nationalsozialismus in vielerlei Hinsicht in die antifaschistische Wiederaufbauarbeit hineinragte.

„Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung“ kann unter [email protected] bestellt werden.


Quelle: Stadt Wien



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