Graz: Tiefe Trauer um Pfarrer Pucher

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Graz

21 Jul 16:00 2023 von Redaktion Salzburg Print This Article

Wolfgang Pucher wird immer ein Beispiel für Menschlichkeit bleiben

Pfarrer Wolfgang Pucher hat sein Leben in den Dienst der Menschlichkeit gestellt. Sein Einsatz für Menschen, die benachteiligt sind oder oft nicht gesehen werden, ist einzigartig. Auch wenn sein Lebenswerk in guten Händen ist, wird er als Mensch immer ein Vorbild bleiben. Heute hat uns die Nachricht von seinem Tod erreicht.

Bürgermeisterin Elke Kahr trauert um Pfarrer Pucher: „Gerade erst haben wir mit Pfarrer Pucher sein 50-jähriges Jubiläum in seiner Pfarre gefeiert. Jetzt erreicht uns die Nachricht von seinem Tod. Ich bin traurig und bestürzt und denke in diesen Stunden daran, dass wir so vieles gleich gesehen und gemeinsam gemacht haben. Wie groß der Verlust für die Stadt Graz ist, das ist noch gar nicht abzusehen. Ich hoffe nur, dass sein Erbe der Menschenfreundlichkeit und der Hilfe für alle auch in Zukunft bestehen bleibt. Mit seiner Persönlichkeit und seinem unermüdlichen Engagement wird er immer ein Beispiel für Menschlichkeit bleiben. Die Stadt Graz wird Wolfgang Pucher immer ein ehrendes Andenken bewahren."

„Mit seinem Tod verliert Graz eine Persönlichkeit, die weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus unermüdlich für die Ärmsten der Gesellschaft Partei ergriffen hat. Er scheute auch nicht davor zurück, unbequeme Positionen einzunehmen, wenn es um zentrale Menschenrechtsfragen wie das Bettelverbot ging. Sein enormer persönlicher Einsatz und sein Erbe sind uns Auftrag", betont Vizebürgermeisterin Judith Schwentner.

„Mit Pfarrer Wolfgang Pucher verliert die Stadt Graz eine große Persönlichkeit und einen aktiven Förderer des sozialen Miteinanders", sagt Stadtrat Kurt Hohensinner. "Er war soziales Gewissen und Mahner. Sein Wort hatte Gewicht und regte zum Nachdenken an, egal ob man seiner Meinung war oder nicht. Persönlich war unser Miteinander von großer gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Vor allem in meiner Funktion als Sozial-, aber auch als Bildungsstadtrat, konnten wir vieles gemeinsam umsetzen. Ob in der Armen- und Obdachlosenhilfe, mit seinem Lerncafe oder seinem Einsatz für Bildungseinrichtungen wie die Volksschule Leopoldinum: Pfarrer Pucher hat in unserer Stadt bleibende Spuren hinterlassen, die weit über seinen Tod hinaus wirken werden. Er wird Graz fehlen!"


Pfarrer Puchers Lebensweg

Pfarrer Wolfgang Pucher wurde am 31. März 1939 in Hausmannstätten als ältestes Kind einer Schneiderin und eines Schuhmachers geboren. Er wuchs in der Oststeiermark auf. Nachdem sein Vater 1943 im Krieg gefallen war, musste die Mutter allein die drei Kinder großziehen. Wolfgang Pucher besuchte zunächst das Bischöfliche Knabenseminar in Graz und wechselte 1952 in das Knabenseminar der Lazaristen nach Graz-Eggenberg, wo er das „2. Bundesgymnasium" (heute Carnerigymnasium) besuchte.

Nach der Matura trat er im Jahr 1958 in das Klerikat der „Kongregation der Mission" (lateinisch: Congregatio Missionis = CM, Lazaristen) in Graz ein. 1963 folgte die Priesterweihe in der Wallfahrtskirche Mariatrost. Von 1963 bis 1966 war Pfarrer Wolfgang Pucher Erzieher im Knabenseminar der Lazaristen in Eggenberg, anschließend bis 1969 Kaplan in der Kirche zur Schmerzhaften Mutter in Graz und Religionslehrer.1

Von 1969 bis 1973 leitete Pfarrer Pucher am österreichischen St. Georgskolleg in Istanbul das Internat, er war zudem für die Prokuratur verantwortlich, Seelsorger der österreichischen Gemeinde und kümmerte sich auch um die Straßenkinder, die ihm ein besonderes Anliegen waren.

Seit 2. Juni 1973 ist Wolfgang Pucher als Pfarrer in der Gemeinde St. Vinzenz in Graz tätig. Sein persönliches Motto und das seiner Pfarre lautet: „Armendienst ist Gottesdienst" (Vinzenz von Paul). Erst vor wenigen Tagen wurde dort sein 50-jähriges Jubiläum als Pfarrer gefeiert.

Als Jungpfarrer nahm er sich der Delogiertensiedlung in der Grazer Heßgasse an, wo 800 Menschen (davon 200 Kinder) wohnten und wo Arbeitslosigkeit, Alkohol und Gewalt zum Alltag gehörten. Der Straßenname stigmatisierte die Bewohner:innen, wenn sie sich für eine Arbeitsstelle bewarben. Pfarrer Pucher machte 1978 die Stadtpolitik darauf aufmerksam, sodass diese Adresse schließlich gelöscht und die Häuser den angrenzenden Gassen zugeordnet wurden. Der Lebensstandard dieser Menschen verbesserte sich durch das unermüdliche Engagement von Pfarrer Pucher Schritt für Schritt.

Im Jahr 1990 gründete Pfarrer Pucher die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg - VinziWerke. Vinzenzgemeinschaften weltweit sind karitative Vereine, die sich der notleidenden Menschen in der Pfarre bzw. Gemeinde annehmen, ihre Mitarbeiter:innen arbeiten ehrenamtlich. Ziel ist es, unbürokratisch, schnell und manchmal auch auf unkonventionelle Weise jenen Menschen zu helfen, die am Rande der Gesellschaft stehen. So startete Pfarrer Pucher 1991 mit dem VinziBus, mit dessen Hilfe seitdem täglich jeden Abend an drei Stellen in Graz belegte Brote und Tee an Hilfsbedürftige verteilt werden.

1993 eröffnete Pfarrer Pucher im Bezirk St. Leonhard das sogenannte VinziDorf, ein Dorf aus Baucontainern für obdachlose Menschen, wo erstmals Alkoholkonsum erlaubt war. In dieser Einrichtung konnten seitdem fast alle obdachlosen Männer in Graz aufgenommen werden. Seit dem Jahr 1990 sind aus der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg 40 VinziWerke entstanden -Notschlafstellen, Sozialmärkte für Menschen in Not und eine Krankenstube für Bedürftige. Zu den VinziWerken zählen Projekte in Graz bzw. der Steiermark, in Wien, Salzburg sowie Hostice (Slowakei). In den Einrichtungen der VinziWerke finden täglich bis zu 450 Menschen Unterkunft und 1.400 Personen werden mit Essen bzw. Lebensmitteln versorgt.

Das Engagement von Pfarrer Pucher für benachteiligte Menschen war unermüdlich. Er kümmerte sich besonders um jene Menschen, die - wie er sagte - von „hässlicher Armut" betroffen sind. Seine zahlreichen Projekte und Ideen haben Graz geprägt und mitgeholfen, das Bewusstsein der Bedeutung von Solidarität und Nächstenliebe für ein gutes Miteinander aller Menschen zu stärken.


Quelle: Stadt Graz



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