Salzburg: Neuer Wolfsmanagementplan und Gesetzesnovelle kommt

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v.l. Landwirtschaftskammerpräsident Rupert Quehenberger, Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek Landesrat Josef Schwaiger, die Bauersleute Gertraud und Johanna Oberascher sowie Landesjägermeister Max Mayr Melnhof
Foto: Land Salzburg / Franz Neumayr
26 Mär 08:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

Mehr Wolfsrisse für Almsommer erwartet / Entnahme des Wolfes in Konfliktsituationen / Neu: Ausweisung von Risikowölfen

(LK) Der Wolf ist längst keine mehr vom Aussterben bedrohte Art. Mehr als 20.000 Tiere werden derzeit in Europa gezählt und die Population wächst. Erste Rudelbildungen werden aus Kärnten und Tirol gemeldet. Der strenge Schutz des Raubtieres stellt vor allem für die heimische Land- und Almwirtschaft, sowie zunehmend für heimische Wildtiere ein Problem dar. Um für den kommenden Almsommer gerüstet zu sein, hat die Salzburger Landesregierung den Wolfsmanagementplan grundlegend überarbeitet und bringt eine Gesetzesnovelle auf den Weg. Salzburg nimmt beim Wolfsmanagement eine Vorreiterrolle ein.

Im Fokus stehen der Ausgleich zwischen dem unionsrechtlich verankerten Schutz und einem konfliktfreien Zusammenleben in Salzburg. Besonderes Augenmerk legt der neue Plan auf den Umgang mit dem Wolf in besonderen Situationen, wie sie bisher eher im Frühling und Sommer und nun bereits das gesamte Jahr über auftreten.

Risikotier als neue Kategorie

Insbesondere wenn der Wolf die Scheu vor dem Menschen verliert und sich zunehmend in Siedlungsbereichen aufhält, steigt die Gefahr für Konflikte. Der neue Wolfsmanagementplan gibt klare Empfehlungen für die verschiedensten Verhaltensweisen und erleichtert auch die Experten-Entscheidung zur Entnahme. Die Gesetzesnovelle baut auf dem Managementplan auf und sieht als Neuerung erstmalig den Begriff des „Risikotiers“ vor. Ebenso sind die Ausweisung von Weideschutzzonen möglich. „Dort wird die Entnahme vereinfacht, da in diesen Bereichen kein Herdenschutz möglich ist. Zukünftig haben wir eine Handhabe bereits bevor der Wolf zubeißt“, so Landeshauptmann-Stv. Marlene Svazek.

Transparenz und klare Vorgehensweisen als Ziel

Salzburg geht einen neuen Weg. Der Managementplan gibt dem Wolfsbeauftragten ein Werkzeug in die Hand und stellt die Entscheidungsspielräume für die Landesregierung praktisch dar. Dabei werden Konfliktsituationen behandelt, wie etwa das Aufeinandertreffen eines Wolfes auf Menschen, Nutztiere, aber auch Hunde. Wenn Wölfe sich vorerst unauffällig verhalten, wird das Tier beobachtet, breit informiert. Mögliche Anreize, die das Tier anlocken werden reduziert. Neben der Information für die Öffentlichkeit über richtiges Verhalten, wenn Wölfe sich im Umfeld von bewohnten Gebieten aufhalten, Empfehlungen zum Vergrämen, wenn er sich Höfen und Siedlungen beginnt zu nähern, gibt es klar definierte Situationen in denen eine Entnahme zu erfolgen hat.

Wolfsmanagement Salzburg NEU

  • Neben dem Schadtier wird zukünftig die Kategorie Risikotier eingeführt
  • Experte kategorisiert Wolf – keine Risse mehr für Entnahme Voraussetzung
  • Ausweisung von Weideschutzgebiet wird gesetzlich ermöglicht.
  • Änderungen im Jagdgesetz erfolgen noch vor Almsommer
  • Herdenschutz, wo sinnvoll umsetzbar. Almen defacto kaum schützbar

Herdenschutz in weiten Teilen Salzburgs unmöglich

Dass Herdenschutz in weiten Teilen Salzburgs aufgrund unterschiedlichster Faktoren, wie etwa Hangneigung, Bodenbeschaffenheit, Wasserläufe, Straßen und Wege, ökologische Besonderheiten, Erwerbsart, Tierwohl und Bewirtschaftbarkeit, schlicht nicht möglich ist, wird nun ebenso gesetzlich verankert. Schutzzäune sind nur für Betriebe in Siedlungsnähe möglich. Eine vollständige oder teilweise Umzäunung von Almen im hochalpinen Gelände ist aber nicht verhältnismäßig und meist gar nicht umsetzbar, so der Tenor der Experten. Die Behirtung von Schafen oder Ziegen ist erst bei einer Herdengröße von 500 bis 800 Stück wirtschaftlich vertretbar. Eine Strukturiertheit, die es in Salzburg im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht gibt.

Entnahme des Wolfes in Konfliktsituationen

Wenn sich das Tier Menschen nähert, Hunde zu Opfern werden oder Nutztiere verletzt bzw. gerissen werden, ist ein Abschuss unausweichlich notwendig. Das Expertenpapier der Salzburger Landesregierung beschäftigt sich auch mit Themen wie hybriden Wölfen und die Vorgehensweise, wenn verletzte oder kranke Tiere entdeckt werden.

Ziele: Schutz und Zusammenleben

„Für das heurige Almjahr rechnen wird vermehrt mit Wölfen und Rissen. Die EU ist hier zu behäbig und deshalb werden wir in Salzburg tätig. Wir schöpfen alle Mittel aus, die uns zur Verfügung stehen“, so Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek und Landesrat Josef Schwaiger. Die Ziele des Salzburger Wolfsmanagements liegen für Svazek auf der Hand. „Die EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie internationale Übereinkommen hindert uns noch daran, den Wolf normal zu bejagen. So wie wir das auch mit anderen Wildtieren selbstverständlich tun“, so Svazek. „Unsere Lebensgrundlagen, Almen und die Natur müssen geschützt werden. Deshalb ist es unsere Pflicht, zu handeln“, so Landeshauptmann Stellvertreterin Marlene Svazek.

Herdenschutz würde 21 Millionen Euro kosten

Von vielen NGOs wird immer wieder ins Treffen geführt, dass das Land Salzburg in Herdenschutz investieren sollte und damit wäre ein großer Teil des Problems gelöst. Das Argument des Herdenschutzes greift für Landesrat Schwaiger zu kurz: „In Salzburg gibt es rund 300 Almen auf denen Schafe und Ziegen aufgetrieben werden. Man würde 450 Hirten benötigen und zwischen zwei und sieben Herdenschutzhunde pro Alm. Die jährlichen Kosten dafür würden rund 21 Millionen Euro betragen. Eine Summe, die die landwirtschaftlichen Betriebe nicht finanzieren können. Die Konsequenz wäre, dass sie ihre Tiere nicht mehr auftreiben und somit die einzigartige Kulturlandschaft verloren geht. Die gezielte Entnahme der Wölfe ist und bleibt die einzige Möglichkeit.“ Der Landesrat bringt es auf den Punkt: „Die Bäuerinnen und Bauern brauchen die Sicherheit, dass ihre Tiere auf den Almen vor Wölfen möglichst sicher sind.“

Quehenberger: „Sorgen um Almwirtschaft.“

Für den Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Rupert Quehenberger steht fest: „Almen sind nicht durch Zäune vor Wölfen schützbar. Rinder, Schafe und Ziegen sind in den Berggebieten essentiell für das ökologische Gleichgewicht. Sterben die Wiederkäuer durch die Wölfe, stirbt auch die Artenvielfalt auf unseren Bergen. Der Wolf ist in Europa längst nicht mehr gefährdet, um die Almwirtschaft mache ich mir hingegen sehr große Sorgen.“

Mayr Melnhof: „Wolfsjagd ein schwieriges Unterfangen“

Die Salzburger Jägerschaft unterstützt die Politik bei der Umsetzung des nun eingeschlagenen Weges. „Es ist nicht einfach, dass alle Jägerinnen und Jäger sich dieser Diskussion aussetzen. Viele haben großen Respekt davor, weil sie im Fall eines Abschusses persönlich mit Untergriffigkeiten und Angriffen vor allem in sozialen Medien konfrontiert sind. Die Jägerschaft ist hier nicht zur Stelle, weil wir eine Trophäe wollen, sondern wir werden hier dem Schutz der Landwirtschaft und der Grundeigentümer verpflichtet“, so Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof.

95.000 Euro an Entschädigung

Salzburgs Landwirte haben zwischen 2018 und 2023 rund 1,08 Millionen Euro in Herdenschutzmaßnahmen, etwa Zäune oder GPS Halsbänder, investiert. Das Land hat in diesem Zeitraum rund 820.000 Euro gefördert. An Entschädigungszahlungen durch Wolfsrisse wurden in diesen fünf Jahren rund 95.000 Euro ausbezahlt, am höchsten war die Summe 2023 mit rund 36.500 Euro.


Quelle: Land Salzburg



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