Österreich: Lebenswelt Heim Bundesverband zum Tag der Pflege

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Lebenswelt Heim Bundesverband zum Tag der Pflege
Foto: LWH Bundesverband
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11 Mai 18:00 2025 von OTS Print This Article

Gesehen zu werden tut gut – arbeiten in Zwischenräumen

Es tut dem Menschen allgemein - und jenen, die in der Pflege und Betreuung von Menschen arbeiten im Besondern - gut, im professionellen wie menschlichen Dasein gesehen zu werden. Wahrnehmung ermöglicht Anteilnahme und Anteilnahme gesellschaftliche Teilhabe und Anerkennung.

Die Herausforderungen, vor denen wir als alternde Gesellschaft stehen, füllen mehr als einen Tag. Die Dienstleistung soll erfüllend sein für die Leistungsträger und effizient für die Kostenträger. Ach ja und würdevoll für jene, die Pflege in Anspruch nehmen. Diese Würde ist nicht verhandelbar, die Rahmenbedingungen schon. Pflege ist immer auch ein Arbeiten in Zwischenräumen.

Zwischen Anforderungsprofilen und Überlastungsszenarien

Jeder Beruf, und damit auch die Pflege, hat seine immanenten Anforderungen, die sich aus Qualifikationserfordernissen und Arbeitsinhalten ergeben. Dienste in der Nacht zu Zeiten an denen andere frei haben, sind belastend, gehören aber zum Anforderungsprofil und können somit weder vermieden noch “wegdiskutiert” werden. Fragen wie, ob der Dienstplan, hält, bis wann Überstunden jemals abgebaut oder Urlaub noch zur Erholung ausreicht, zu den Überlastungsszenarien, die es zu vermeiden gilt. „Wenn wir heute über die Schwere der Pflege persönliche und politische Debatten führen, müssen wir uns beide Fragen stellen: Entsprechen die Anforderungs- oder auch Kompetenzprofile den Alltagsrealitäten und wie können Überlastungsszenarien entfrachtet werden. Oder anders formuliert: Wenn Pflege immer noch als sinnstiftend und erfüllend wahrgenommen werden soll, was sind die sinnentleerten und erschöpfenden Faktoren und Aufgaben, von denen wir uns lösen müssen,“ meint dazu Jakob Kabas, Präsident des Lebenswelt Heim Bundesverbandes.

Zwischen künstlicher Intelligenz und sozialer Kompetenz

„Jede Technologie bringt ihre eigene Negativität mit sich, die zur gleichen Zeit wie der technische Fortschritt erfunden wird,“ meint der französische Philosoph und Medienkritiker Paul Virilio. Das gilt auch für die KI in ihren Möglichkeiten, die Arbeit in der Pflege weiterzuentwickeln. Eigenverantwortliches Entscheiden und Handeln bleibt in den Händen der handelnden Menschen. Die Technik ist in der Lage, Entscheidungsprozesse zu beschleunigen und den Horizont des Möglichen zu erweitern. „Die Vergänglichkeit wie die Verwundbarkeit des Menschen braucht das menschliche Gegenüber, damit der Mensch in den Algorithmen von Null und Eins nicht die Null wird“, so Präsident Kabas.

Zwischen Defizitgeschäft und Effizienzgewinn

Wenn sich die Pflege in ihrer aktuellen Ausgestaltung nicht mehr rechnet, für öffentliche Haushalte, für Dienstleister, Beschäftigte und Betreute, wenn sie zum finanziellen und menschlichen Defizitgeschäft geworden ist, dann braucht es die Suche und Realisierung von Möglichkeiten, den Aufwand zu reduzieren. Es geht um die Frage, wie ich die Kernaufgaben, Pflegen und Betreuen, stärken kann, in dem ich Abläufe und Prozesse insbesondere in den Versorgungsleistungen wie z.B. Verpflegung, Hygiene, Arbeitssicherheit oder Facility Management optimiere. Die einfache Frage: Was kann ich gut und was können andere besser?

Zwischen Versorgungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit

Landauf und landab arbeiten Regierungen an der Reform des Pflegewesens, aktuell wohl mehr aus einer finanziellen Not als aus gesellschaftspolitischer Tugend. Dabei ist die zentrale sozialpolitische Frage: Wo möchten Menschen im Alter gepflegt und betreut werden und was braucht es dazu. Die zwei wichtigen Fragen, die es gesundheitsökonomisch zu lösen gilt, sind jene nach der Verfügbarkeit von Versorgungsangeboten z.B. zentral oder flächendeckend, und jene nach den Verteilungsprinzipien z.B. die Zugangskriterien zu Leistungen. Kabas dazu: „Alles für alle oder nichts für Niemanden sind die Prinzipien, zwischen denen wir uns in Österreich nicht selten bewegen. Differenzierung bedeutet genaues Hinschauen, Hinhören, Hineinspüren. Grauzonen in der Versorgung wie in der Verteilung dürfen dabei nicht zur politischen Komfortzone werden.“

Beispiele dafür sind die Gruppe der Young Carers oder auch die oft unzureichende Unterscheidung von Pflege- und Betreuung. „Wahlfreiheit braucht mehr Markttransparenz, denn wer die Wahl hat, soll die Qualität haben und nicht die Qual“, ergänzt Kabas dazu.

Zwischen Minimalansprüchen und Megatrends

Wenn wir uns die Maximalvariante nicht leisten können, dann braucht es aber die Definition von verbindlichen Mindeststandards, zu denen sich alle – auch jene, die die Leistungen finanzieren - bekennen. Wir leben in einer komplexen Welt die nicht nur in einfachen Ursache- und Wirkungsketten erklärbar und gestaltbar ist. Megatrends sind nach der Definition des deutschen Zukunftsinstitutes Treiber des Wandels. Sie beeinflussen die Gesellschaft auf mittlere bis lange Sicht. Einer davon ist der demografische Wandel, andere Beispiele sind Gesundheit, Sicherheit, Wissenskultur oder die Urbanisierung. Auch wenn die Technologie hier das Tempo erhöht, geht es weiterhin um ein schrittweises Verändern, kontinuierliche Anpassung, die Akzeptanz von Unsicherheiten. „Es geht darum Übergänge im Alter und der Pflegebedürftigkeit schrittweise zu gestalten. Es braucht ein anderes Taktgefühl, weil das Leben älterer und pflegebedürftiger Menschen anders getaktet ist“, folgert daraus der Präsident des Bundesverbandes.

Zwischen der Melancholie des Abschieds und der Melodie des Ankommens

Thomas Bernhard schrieb einmal, dass er immer wo anders sein wollte, als er gerade war, dass er gerade aber auf dem Weg zwischen den Orten glücklich war. Vielleicht klingt in dieser Melancholie des Verlassens schon die Melodie des Ankommens. „Pflege ist auch ein Arbeiten in Zwischenräumen des Altwerdens. Zwischen Erinnern und Vergessen, zwischen Angst und Zuversicht, zwischen Verwundbarkeit und Heilung, zwischen Schmerz und Linderung, zwischen Leben und Sterben. Es gibt auch dabei Wege des Glücklich seins, füreinander und miteinander, eine Melodie des Ankommens, bei sich und bei den Menschen, die einem anvertraut sind. Damit bleibt Pflege sinnvoll und sinnerfüllt. DANKE allen haupt- und ehrenamtlichen Kolleg:innen, die mit auf dem Weg sind!“ so das Resümee zum Tag der Pflege.

Der Bundesverband Lebenswelt Heim vertritt seit 1994 überparteilich und trägerunabhängig die Interessen von ca. 650 Alten- und Pflegeheimen und somit rund 40.000 Pflegekräften in ganz Österreich. Auf europäischer Ebene ist er Mitglied des European Ageing Network (EAN).


Quelle: OTS



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