Innsbruck: Innsbruck vor 100 Jahren

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Blick auf die Museumstraße vor 1905
Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum
28 Nov 16:00 2023 von Redaktion Salzburg Print This Article

Aus dem Stadtarchiv von Sophie Wechselberger

3. Dezember
Ein sauberes Früchtl verhaftet. Aus Wien wird gemeldet: Ein fünfzehnjähriger Mechaniker Lehrling aus Innsbruck, der seinem Vater, einem Sägewerkbesitzer, sechs Millionen veruntreut und damit seiner jungen Innsbrucker Freundin, die Verwandte in Wien besuchte, nachgereist und mit ihr in Wien das Geld verjublt hat, wurde von der Polizei verhaftet und seinen Eltern in Innsbruck überstellt. Der Junge hatte sich einen Ulster und seiner Freundin einen Talmischmuck gekauft; für einen echten hatte das Geld nicht mehr gereicht.

7. Dezember
Obdachlosen-Versammlung in Innsbruck. Die vom Obdachlosenverein am Mittwoch abends im Saale des Gasthofes „Oesterreichischer Hof“ veranstaltete Versammlung wies, wie uns berichtet wird, einen guten Besuch auf. Sie zeigte, daß trotz aller Bemühungen, die schreckliche Wohnungsnot zu mildern, die Zahl der Wohnungslosen in Innsbruck in ständigem Zunehmen ist. Zu der Versammlung ging es zeitweise sehr erregt zu; es wurden entrüstete Zwischenrufe gemacht und Drohungen ausgestoßen, als der Obmann des Vereines, Major Dragoni, sich über die Tätigkeit des Wohnungsamtes beklagte. Herr Waldmüller vom Hausbesitzerverein machte das Mietengesetz für die Wohnungsnot verantwortlich; ein abgebauter Beamter brachte die Tatsache vor, daß er mit einer Familie von 15 Köpfen in zwei Zimmern wohnen müsse. Auch sonst wurden aus der Versammlung heraus Beispiele über die krasse Wohnungsnot in Innsbruck angeführt.

11. Dezember
Der erste weibliche Jurisdoktor an der Innsbrucker Universität. Am kommenden Samstag wird an der Innsbrucker Universität Fräulein Mitzi Fischer zum Doktor iuris promoviert. Fräulein Fischer ist eine gebürtige Wienerin. In Wien absolvierte sie auch das Gymnasium. Nach der Reifeprüfung oblag sie dem juristischen Studium der Universität Innsbruck. Die zukünftige Doktorin hat sämtliche Prüfungen mit Auszeichnungen absolviert, müßte also nach dem früheren Brauche sub auspiciis imperatoris promovieren. Jedenfalls ist Fräulein Fischer die erste Dame, die sich an der Innsbrucker Universität den juristischen Doktortitel erwirbt.

Doktor jur. und Hilfsarbeiter. Bei der Innsbrucker Polizei meldete sich ein Mann, der sich als Dr. jur. und als Hilfsarbeiter ausweisen kann. Der Mann stammt aus dem Ruhrgebiet und ist vollständig mittelos in Innsbruck angekommen. Er wurde in seine Heimat befördert.

14. Dezember
Diebstähle. Einem durchreisenden Amerikaner wurde in der Wartehalle auf dem Hauptbahnhofe eine Violine samt Bogen, in einem Leinensack verpackt, entwendet.

22. Dezember
Das lebensgefährliche Pflaster in der Museumstraße. In der Museumstraße in Innsbruck stürzte gestern ein alter Mann so unglücklich, daß er auf das Hinterhaupt fiel und in bewusstlosen Zustande von der Rettungsgesellschaft in das Spital überführt werden mußte. Das Pflaster in der Museumstraße hat jedes Jahr zur Winterzeit seine Opfer gefordert, es wird bei jedem Frost oder Schneefall zu einer Gefahr für die Glieder und das Leben der Passanten. Es ist unbedingt nötig, daß gründliche Schutzvorkehrungen getroffen werden. Bei Schneefall lasse man die Schneedecke auf dem Pflaster, sie ist immer noch besser gangbar als das schlüpfrige Pflaster. Das Porphyrpflaster selbst muß aber endlich durch Einkerben von Rillen derart präpariert werden, daß die Glatteisbildung im Winter unmöglich wird. Auch muß das Sandausstreuen auf dieser gefährlichen Stelle besonders pünktlich und sorgfältig geschehen. Oder will man warten, bis diese Plasterkalamität ein Todesopfer fordert?

27. Dezember
Der erste elektrische Zug von Innsbruck bis Landeck. Ab 21.?Dz. wurde der erste elektrisch geförderte, von Innsbruck bis Landeck durchgehende Zug von der Bundesbahndirektion Innsbruck eingeleitet. Damit wurde das den Siemens-Schuckert-Werken obliegende Bauprogramm bezüglich der Fertigstellungstermine um zehn Tage unterschritten. Mit dem eigentlichen Fahrleitungsbau wurde am 18. Juni 1823 begonnen. Im Laufe von sechs Monaten wurden insgesamt 60 Kilometer ausgerüstet unter Aufrechthaltung des uneingeschränkten Zugverkehres auf der eingleisigen Strecke. Die vollbrachte Arbeit wird als Höchstleistung bezeichnet, da auf der eingleisigen Strecke der Zugsverkehr außerordentlich dicht war. Vielfach wurden innerhalb 24 Stunden 7000 Güter-Bruttotonnen über die Strecke befördert.

28. Dezember
Ein Weltreisender in Innsbruck. Heute um 8 Uhr abends hält der Weltreisende Fibinger, ein Deutschungar, im Gasthofe „Steden“ in der Anichstraße bei freiem Eintritt einen Vortrag über seine Reiseerlebnisse in Europa, Amerika, Asien, Afrika. Wir haben bereits über die Wette dieses Mannes, die Welt in 12 Jahren zu umwandern, berichtet.

29. Dezember
Gefährliche Schießereien. Aus Hötting schreibt man uns: Kürzlich wurde in der Schneeburggasse einem 14jährigen Buben zwei Pistolen abgenommen, mit denen er sich angeblich mit Spatzenschießen vergnügt hatte. Kurz vorher wurde auf dem Platze der Hund des Handelsmannes Inwinkel angeschossen. Das Geschoß drang dem Tiere in den Kopf. Da auch viele Kinder gerade auf diesem Platze spielten, kann noch von einem Glücke gesprochen werden, daß durch die Schießerei kein größeres Unheil entstand. Der Fall dürfte noch ein gerichtliches Nachspiel haben.

31. Dezember
Ein falscher Dacharbeiter. In der Kaiser Josefstraße schädigte ein ungefähr 28 bis 30jähriger Mann einen Hausbesitzer um 2.500.000 Kronen, dem er sich als Dacharbeiter ausgab und der ihm die Dachreparaturen übertrug.


Quelle: Stadt Innsbruck



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