Kärnten: Dialogwoche Alkohol - „Lange“ Coronapandemie verschärft Suchtgefahr

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Amt d. Kärntner Landesregierung - Symbolbild
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15 Mai 11:00 2021 von Redaktion Salzburg Print This Article

LHStv.in Prettner: Coronapandemie verschärft Alkoholproblem, Spitze noch nicht erreicht – Eveline Kriechbaum-Wladika und Primaria Renate Clemens-Marinschek über Abhängigkeiten und Therapien – Digitaler Alk-Coach – Kampf um neues ambulantes Therapieangebot

Klagenfurt (LPD). Zum 3. Mal findet heuer in Österreich eine „Dialogwoche Alkohol“ statt: Aufgrund der Coronamaßnahmen wird diese im virtuellen Raum abgehalten – und zwar vom 17. bis 23. Mai. „In Österreich ist der Umgang mit Alkohol nach wie vor von viel Unwissenheit geprägt. Zudem ist Alkohol noch immer ein Tabuthema. Die ‚Österreichische Dialogwoche Alkohol’ nimmt sich genau dieser beiden Probleme an: Sie will die Unwissenheit verringern; und sie will enttabuisieren“, betonte heute Gesundheitsreferentin Beate Prettner bei einer Pressekonferenz. „Das will sie aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinder tun. Vielmehr geht es um sachliche Information, und um die Motivation, über den eigenen Alkoholkonsum nachzudenken.“

Wie Prettner informierte, zähle Österreich im internationalen Vergleich zu den Ländern mit den höchsten Alkoholkonsumraten. „Rund 14 Prozent der Bevölkerung, also eine Million, weisen ein problematisches Trinkverhalten auf. Für Kärnten bedeutet das: Knapp 90.000 Personen zählen zur Alkohol-Risikogruppe, rund fünf Prozent davon, 28.000 Kärntner, sind süchtig“, so die Gesundheitsreferentin. Und sie verwies darauf, dass die Coronapandemie den kritischen Alkoholkonsum deutlich verschärft habe. „Mehr noch: Wir gehen davon aus, dass die Spitze noch nicht erreicht ist: Wie bei einer posttraumatischen Reaktion dürfte auch beim Alkoholkonsum der tatsächliche Schub erst nach der Krise auftreten“, befürchtete Prettner.

Das bestätigte auch Primaria Renate Clemens-Marinschek, Leiterin der Klinik de La Tour: „Während des ersten Lockdowns ist der Alkoholkonsum deutlich zurückgegangen, mit Dauer der Pandemie aber ist er massiv gestiegen. Mindestens ein Drittel der Menschen konsumieren aktuell mehr Alkohol als vor der Pandemie“, erläuterte Clemens-Marinschek. Die Gründe dafür seien: Langeweile aufgrund wegbrechender Strukturen, Arbeitslosigkeit, Zunahme von Angstgefühlen, Existenzsorgen, aber auch Belastungsfaktoren mit Homeoffice und Homeschooling und Stress. Sehr bedauerlich sei auch die Tatsache, dass viele Rückfälle zu beobachten seien: „Wir werden viel damit zu tun haben, Menschen, die sich bereits in Alkoholgruppen befunden haben und die während der Coronakrise wieder zum Trinken begonnen haben, in die Gruppen zurückzuführen. Sie schämen sich, dass sie rückfällig geworden sind“, sagte Clemens-Marinschek. „Wir werden daher eine Offensive starten, um diese Menschen wieder zu erreichen. Man muss ihnen auch ganz deutlich sagen: Es gibt nichts zum Genieren!“

Einen steigenden Alkoholkonsum befürchtet die Expertin auch mit der Wiedereröffnung der Lokale: „Wir rechnen mit einer weiteren Zunahme – es ist die Euphorie, die oft Grenzen übertreten lässt“, sagte Clemens-Marinschek.

Genau die Grenze zwischen risikoarmem und risikobehaftetem Alkoholkonsum gilt es im Auge zu haben: „Die Dialogwoche Alkohol will die Bevölkerung dazu anregen, das eigene Trinkverhalten zu hinterfragen“, erklärte Eveline Kriechbaum-Wladika von der Suchtprävention des Landes Kärnten. „Risikoarmer Konsum zeichnet sich durch Pausen aus – zumindest zwei Tage pro Woche muss Alkohol tabu sein. Und: laut WHO wird Frauen ein Achtel Wein bzw. ein kleines Bier pro Tag zugesprochen, Männern ein Viertel Wein oder ein großes Bier“, so Kriechbaum-Wladika. Wie sie informierte, werde die Dialogwoche mehr als 60 Online-Veranstaltungen bieten, darunter auch einen Selbstcheck. Zu finden sind der Selbstcheck sowie das gesamte Programm unter www.dialogwoche-alkohol.at . „Ebenfalls angeboten wird ein digitaler Alk-Coach: „Es geht dabei um die Reduktion des eignen Alkoholkonsums. Man wird völlig anonym sechs Wochen lang begleitet und gecoacht“, betonte Kriechbaum-Wladika.

Wie die Gesundheitsreferentin ausführte, verfüge Kärnten über ein dichtes Hilfs- und Therapienetz: „Wir haben in allen Bezirken ambulante Therapieangebote sowie mit der Klinik de La Tour ein stationäres Angebot, das Patienten aus ganz Österreich anzieht.“ Bedauerlich sei, dass seit drei Jahren ein ganz wichtiges neues Therapieangebot blockiert werde, das in Wien sehr vielversprechend in einem Pilotprojekt durchgeführt wurde: „Das Projekt ,Alkohol.leben.können’ würde es den Betroffenen ermöglichen, während der Therapiezeit ihrem Beruf weiter nachgehen zu können. Leider wurde uns dieses Projekt kurz vor dem Start abgedreht. Gescheitert ist es an der Kostenteilung zwischen Land, PVA und Sozialversicherung“, erklärte Prettner. „Wir geben nicht auf und werden weiter für dieses wichtige Projekt kämpfen: Ich werde bei der am 20./21. Mai stattfindenden Gesundheitsreferentenkonferenz einen entsprechenden Antrag einbringen.“



Quelle: Land Kärnten



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