Kärnten: 1920/2020 – Historische Verdienste würdigen, Perspektive nach vorne richten

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Amt d. Kärntner Landesregierung - Symbolbild
© LPD Kärnten
09 Okt 16:00 2020 von Redaktion Salzburg Print This Article

LH Kaiser und LR Gruber bei Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen am Stadtfriedhof Völkermarkt sowie an Gräbern von Hülgerth, Lemisch und Wutte

Klagenfurt (LPD). Bei der Kärntner Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 haben sich die Stimmberechtigten in der Abstimmungszone A mehrheitlich für den Verbleib bei Österreich und Kärnten entschieden. Das offizielle Kärnten gedachte heute, Donnerstag, jener Menschen und Persönlichkeiten, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass es zum Plebiszit und diesem historischen Ergebnis kommen konnte. Landeshauptmann Peter Kaiser und Landesrat Martin Gruber nahmen Kranzniederlegungen am Stadtfriedhof der Abstimmungsstadt Völkermarkt sowie an den Gräbern von Landesbefehlshaber Ludwig Hülgerth, Landesverweser Arthur Lemisch und Historiker Martin Wutte vor.

Kaiser hob die besondere Bedeutung des 10. Oktobers für Kärnten und Österreich, aber zunehmend auch für ganz Europa hervor. Damals, 1920, habe erstmals in der Geschichte eine Bevölkerung darüber entscheiden können, in welchem Land, unter welchem politischen System sie leben wolle. Der Landeshauptmann erwähnte die Bedeutung des von US-Präsident Woodrow Wilson postulierten Selbstbestimmungsrechts der Völker, des Kärntner Abwehrkampfes sowie der Einheit aller damaligen politischen Kräfte Kärntens für die Abhaltung der Volksabstimmung. „Die Entscheidung fiel sehr eindeutig für Österreich und gegen den SHS-Staat. Entscheidend waren dabei vor allem auch die Stimmen der slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntner“, so Kaiser.

Wichtig sei es, jenen Respekt zu zollen, die sich damals für Kärnten eingesetzt haben. Der Landeshauptmann betonte auch, dass einige, derer man auch heuer im Zusammenhang mit ihrem Einsatz rund um die Volksabstimmung gedenke, später totalitären Ideologien wie dem Nationalsozialismus erlegen seien. „Das Positive, das sie geleistet haben, wurde dadurch negativ konnotiert“, so Kaiser. Kärnten wisse hier sehr wohl zu differenzieren. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten richte Kärnten seine Perspektive nach vorne. „Wir wollen unser Land gut weiterentwickeln. Alles dafür zu tun, ist unsere gemeinsame Aufgabe.“ Kaiser betonte weiters, dass „ganz Kärnten“ an den Feierlichkeiten zum Jubiläum teilnehmen könne und verwies auf die Livestreams des Landespressedienstes auf (https://facebook.com/landkaernten, https://instagram.com/landkaernten, https://kaernten.tv) sowie die Übertragungen des ORF Kärnten.

Gruber sagte, dass sich Kärnten die Feiern zum 100-Jahr-Jubiläum ganz anders vorgestellt habe. Er sei aber dankbar dafür, dass man sich trotz Covid-19 zur Durchführung entschlossen habe. Heute gedenke man an Gräbern historischen Persönlichkeiten und zolle ihnen, unabhängig ihrer politischen Zugehörigkeit, Respekt für ihr Tun für Kärnten in der Zeit von Abwehrkampf und Volksabstimmung. „Es ist eine wichtige Geste des Landes, die Reihe des Gedenkens beim Denkmal in Völkermarkt zu beginnen, welches an die erinnert, deren Namen vielleicht in keinem Geschichtsbuch zu finden sind, denen wir aber genauso viel zu verdanken haben“, sagte Gruber. „Dieses Denkmal soll uns auch eine Mahnung sein, was für ein Privileg es ist, dass wir heute und in Zukunft gemeinsam mit unseren Nachbarn in Frieden leben können.“

Am Stadtfriedhof Völkermarkt wird traditionell der Opfer des Kärntner Abwehrkampfes gedacht. Seitens der Stadt sprach Bürgermeister Markus Lakounigg. Für die musikalische Umrahmung sorgte ein Doppelquartett des MGV Scholle unter Chorleiter Lukas Joham. Die Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen werden zudem von Traditionsverbänden, Kulturträgerinnen und Kulturträgern mitgestaltet, anwesend sind mehrere Vertreter des öffentlichen Lebens.

Ort der nächsten Gedenkfeier ist Schloss Rottenstein bei St. Georgen am Längsee. Dort befindet sich das Grab von Ludwig Hülgerth. Der gebürtige Wiener diente im Ersten Weltkrieg vor allem an der Karnischen Front. Im November 1918 blieb er in Kärnten und stellte zunächst eine Polizeitruppe auf, ehe er zum Oberkommandierenden eines provisorischen Kärntner Militärkommandos und schließlich zum Landesbefehlshaber ernannt wurde. Er organisierte die Volkswehr und war militärischer Leiter des Abwehrkampfes. 1934 wurde Hülgerth Kärntner Landeshauptmann und 1936 österreichischer Vizekanzler. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verbrachte er die letzten eineinhalb Jahre seines Lebens unter Hausarrest auf Gut Rottenstein. Hülgerth verstarb am 13. August 1939. Bei der Gedenkfeier spricht auch Bürgermeister Konrad Seunig, mitgestaltet wird sie von der Volksschule St. Georgen am Längsee.

Bei den beiden Gedenkfeiern in der Gemeinde Frauenstein spricht auch Bürgermeister Harald Jannach. Die musikalische Umrahmung erfolgt hier durch das Bläserquartett der Glantaler Blasmusik und ein Quartett der Sängerrunde Obermühlbach. In Dreifaltigkeit wird Arthur Lemisch gedacht. Er war ab 1896 Abgeordneter im Kärntner Landtag und von 1897 bis 1906 im österreichischen Reichsrat. Nachdem Kärnten am 11. November 1918 seinen Beitritt zur neu gebildeten Republik Deutschösterreich erklärte, wurde er von einer noch provisorischen Landesversammlung zum Landesverweser gewählt. Dieses Amt hatte er bis zum 22. Juli 1921 inne, 1927 wurde er als parteiloser Kompromisskandidat nochmal Landeshauptmann. Lemisch spielte auch bei der Wiedererrichtung der Republik 1945 eine Rolle, weil er viele Kontakte zwischen Politikern herstellte, die Anfang Mai den Machtwechsel in Kärnten herbeiführten. Verstorben ist Lemisch am 29. Oktober 1953 in St. Veit.

Ebenfalls in der Gemeinde Frauenstein, am Friedhof Obermühlbach, liegt das Grab von Martin Wutte. Der Historiker und Geograph war u.a. ehrenamtlicher Sekretär des Geschichtsvereines für Kärnten, Redakteur der landeskundlichen Zeitschrift Carinthia I und Direktor des Kärntner Landesarchivs. 1919 war er als Sachverständiger an der Seite des politischen Vertreters für Kärnten, Vinzenz Schumy, Mitglied der deutschösterreichischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in St. Germain. Wutte verfasste zudem zahlreiche Gutachten und Memoranden für die alliierten Vertreter und verhandelte mit ihnen 1919/20 über die Abgrenzung der Volksabstimmungszonen sowie die genaue Festlegung der Staatsgrenzen. Der Historiker verstarb am 30. Jänner 1948.




Quelle: Land Kärnten



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