Zwischen Höhenflügen und Schicksalsschlägen

09 Apr 12:24 2013 von Mag. Andreas Prammer Print This Article

Seinen gesicherten Job als studierter Forstwirt beim Land Oberösterreich gab er mit 32 Jahren auf - Hofrat ade – hieß die Devise. Sein ehrgeiziges Ziel - sich fortan vollständig seiner Leidenschaft, dem Bergsteigen und Reisen zu widmen und damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 


Edi Koblmüller - Fotos: Archiv Koblmüller

LINZ. Zur Umsetzung seines Lebenstraums eröffnete er als Bergführer 1978, allen Unkenrufen zum Trotz, die Alpinschule „Die Bergspechte“ in Linz und hatte Erfolg. Das anfänglich kleine Angebot an alpinen Touren und Fernreisen wuchs in 35 Jahren zu einem stattlichen Reisekatalog, mit Fernreisen und Abenteuertouren in über 40 verschiedene Länder. Von der einfachen Tagestour bis zum Achttausender wird mittlerweile alles geboten was das Trekkingherz begehrt.

„Ich wollte kein Leben haben, das voll und ganz vorprogrammiert ist – wo ich mit 50 genau weiß was ich verdiene und welchen Titel ich habe. Wenn ich es mit einer Welle vergleiche, will ich die Wellenberge voll auskosten und muss dann auch die Wellentäler in Kauf nehmen, “ meint der erfolgreiche Unternehmer im Interview.

In den frühen Sechzigern, mit damals 17 Jahren, nahm ihn sein Vater das erste Mal auf den Hohen Dachstein mit und es war um Edi geschehen. Die Welt der Berge hatte einen neuen, hungrigen, talentierten und unwahrscheinlich motivierten jungen Bergsteiger hervorgebracht, der sich innerhalb kürzester Zeit in den schwersten Kletterrouten der damaligen Zeit einen Namen machte. 


Edi Koblmüller am Gipfel des Cho Oyu

Es folgten unzählige, extreme Klettertouren in Fels und Eis und nicht zuletzt begann er die hohen Berge der Welt für sich zu entdecken. Als damals 22 - jähriger gipfelte sein Entdeckungsdrang in einer Reise mit dem VW-Bus nach Afghanistan in den Hindukusch, wo ihm die Erstbesteigungen mehrerer Sechstausender gelangen. Zwei Jahre später folgte die erste selbstorganisierte Expedition ins Karakorum – seinem Schicksalsgebirge – mit der Besteigung des sehr schwierigen K6 (7281m). Somit war der Grundstein für das Expeditionsbergsteigen gelegt, das ihn auf fünf Achttausender, sieben 7000er und geschätzte 40  6000er führen sollte. Edi ist einer der Generation Messner, einer derer, die gemeinhin als „verrückt“ galten und nicht viel mehr als ein verständnisloses Kopfschütteln bei Otto Normalverbraucher hervorriefen.

„Das extreme Bergsteigen war damals was für Außenseiter jenseits der Normalität, die irgendwo herum kraxelten. Heute ist die Entdeckung der Berge selbstverständlich für einen Großteil der Bevölkerung. Im Vergleich zu heute ist damals kaum auf die Idee gekommen eine Skitour zu gehen. Mittlerweile sind die Berge in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sie transportieren moderne Werte wie Beständigkeit, Durchhaltevermögen oder Verlässlichkeit und bieten natürlich nach wie vor, jede Menge Abenteuer.“


Edi Koblmüller am Dhauligiri 1996

Sie hatten Visionen, suchten das Abenteuer, wollten Neues entdecken und sich in den Bergen selbst beweisen, die jungen Wilden der 60er, 70er und 80er Jahre. Der Alpinismus war gerade dabei sich zu entwickeln und die Risikobereitschaft bei Herrn Koblmüller war relativ hoch ausgeprägt. „Wir wollten damals einfach wiedermal was gscheit´s machen…“ Die Erstbesteigung der Cho Oyu - Südostwand (8201m) 1978 gilt auch heute noch als Husarenstück und brachte ihm, nach einigen Problemen, die Anerkennung der gesamten alpinen Szene, inklusive Reinhold Messner. Die Eroberung des Nutzlosen, wie es Messner einst lakonisch formulierte. Dem Berg sei es egal ob wir ihn besteigen, in uns verändere sich etwas, ist Messner überzeugt. Die Rupalflanke am Nanga Parbat, der Daulaghiri, der Broad Peak, eine gescheiterte Expedition am K2 auf einer neuen Route und die Shisha Pangma folgten für Edi im 8000er Bereich.

Er machte seine Vision zu einem erfolgreichen Unternehmen, mit dem er vielen seiner Gäste, die spektakuläre Welt der Berge eröffnete. „Es freut mich wenn Gäste Jahre später noch von den Erlebnissen der Touren erzählen.“ Wirtschaftlich ging es stetig bergauf, das Angebot wurde breiter und spezifischer. „Mit knapp 98% Erfolgsquote am Kilimanjaro, sind wir einer der erfolgreichsten Anbieter. Qualität ist gerade bei solchen Unternehmungen sehr wichtig. Schnelle und billige Aufstiege sind für die Akklimatisation nicht geeignet. Seriöse Anbieter wissen um die Wichtigkeit der Höhenanpassung.“

Zweimal wurde er selbst von einer Lawine verschüttet und glücklicherweise von seinen Schitourenpartnern jedes Mal wieder rechtzeitig ausgegraben. Unzählige Touren die auf Messers Schneide standen hat er überlebt, hat Freunde am Berg sterben sehen, bis ihn 1999 sein eigenes Schicksal einholte. Während er mit seinem jüngeren Sohn Reini am Broad Peak (8047m) steht, verunglückt sein älterer Sohn Michi, an einem 7000er im Karakorum, bei einem Lawinenunglück, tödlich.  Knapp vier Jahre nach seinem Sohn, stirbt seine Frau Liesi bei einem Kletterunglück. Die Liebe zu den Bergen hat er dennoch nicht verloren und mit dem Schicksal leben gelernt.


Edi Koblmüller und Reinhold Messner bei einem Glas Wein

„Wie hast du die Schicksalsschläge in deinem Leben verkraftet?“


„Es vergeht kein Tag an dem ich nicht daran denke. Nach so einem Schicksalsschlag hast du zwei Möglichkeiten – entweder du gibst dich auf, fängst an zu trinken und verlierst dich selbst oder du lernst damit zu leben und lernst dein Schicksal anzunehmen. Solchen Dingen steht man ohnmächtig gegenüber. Meine Familie und mein Freundeskreis waren mir immer eine große Stütze. Natürlich ist da auch noch die Firma, in der jede Menge Herzblut steckt. Ohne einen gewissen, gesunden Grundoptimismus hätte ich wahrscheinlich viele meiner alpinen Aktionen, genauso wie die Firma nicht gemacht, das hat wahrscheinlich auch geholfen mit so etwas leben zu lernen. Manchmal geh ich aber trauriger und nachdenklicher in die Berge.“


Wie entwickelte sich die wirtschaftliche Lage der Reisebranche und speziell im Nischenbereich Bergtourismus?


„Vor 35 Jahren waren wir in Oberösterreich nahezu die einzigen Anbieter in diesem Nischenbereich. Der Kuchen damals war allerdings auch nicht besonders groß, aber bei wenigen Anbietern war es natürlich sehr viel einfacher. Die Zeiten haben sich geändert. Heute ist zwar der Kuchen größer geworden, sprich es gibt viel mehr potentielle Kunden, die Aktivurlaub suchen und die Berge entdecken wollen. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl der Anbieter unverhältnismäßig in die Höhe geschnellt. Die Reisebranche an sich hat in der Wirtschaftskrise 2008/2009 gelitten. Das war und ist natürlich auch in unserem Nischenbereich spürbar. Das Internet spielt sicher auch eine gewisse Rolle, viele Menschen haben die Informationen über Flüge, Hotels, Gepflogenheiten vor Ort oder Routenfindung zu Hause am PC. Die Umstände erfordern teilweise neue Strategien die noch mehr auf Kooperationen ausgerichtet sind. Unsere Vorteile sind natürlich unserer Erfahrung und unser Ruf. Die Reputation ist für viele Leute gerade bei Fernreisen ein entscheidender Punkt.“


Der heilige Berg Kailash in Tibet

Die Besteigung des K2 über eine neue Route scheiterte auf 7200 Metern


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