Wirtschaftsforscher: Nett sein kann sich lohnen

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Foto: Uni Innsbruck
16 Aug 07:39 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Wer zu Verkäufern nett ist, wird bevorzugt behandelt. Das zeigt eine aktuelle Studie von österreichischen Wirtschaftsforschern. Sie untersuchten die Wirkung von monetären und immateriellen Anreizen bei alltäglichen Kaufentscheidungen im Fastfood-Restaurant und am Dönerstand. Kunden, die sich anerkennend äußerten, erhielten im Feldversuch mehr Eiscreme oder Dönerkebab als andere Kunden.

Die Wirkung von Lob und Anerkennung im ökonomischen Kontext wurde
bisher experimentell vor allem im Rahmen von Arbeitsverhältnissen erforscht.
Welchen Einfluss immaterielle Belohnungen in der Konsumwelt haben, ist
hingegen kaum bekannt. „Die Wahl zum Mitarbeiter des Monats steigert die
öffentliche Reputation, während ein Kompliment beim Einkauf ein sehr
persönlicher Akt ist“, erklärt START-Preisträger Michael Kirchler vom
Institut für Institut für Banken und Finanzen der Universität Innsbruck. Er
hat gemeinsam mit Stefan Palan in einer aktuellen Studie den Einfluss von
monetären und immateriellen Anreizen wie Lob und Anerkennung bei
alltäglichen Kaufentscheidungen experimentell untersucht.

Lob und Trinkgeld zeigen Wirkung

„Was passiert, wenn ich das Trinkgeld schon bei der Bestellung gebe? Diese
Frage stand am Anfang unserer Studie“, erzählt Stefan Palan, der an den
Universitäten Innsbruck und Graz forscht. „Wir haben die Fragestellung
dann noch ergänzt, um die Wirkung von immateriellen Anreizen wie etwa
Komplimenten zu erforschen.“ Die Wirtschaftsforscher schickten dazu
mehrere Experimentatoren in Fastfood-Restaurants in Innsbruck und
München. Diese kauften dort jeweils eine Tüte Eis, manchmal lobten sie bei
der Bestellung das Produkt oder gaben ein Trinkgeld. Nach dem Kauf wogen sie
das Eis ab. Das Experiment wurde in der Folge auch an Kebabständen in Graz,
Innsbruck und München durchgeführt. Jeweils drei Experimentatoren
gingen dabei an fünf aufeinanderfolgenden Tagen mit dem gleichen Auftrag
zum gleichen Verkäufer oder zur gleichen Verkäuferin. Insgesamt kauften
die Experimentatoren über 100 Tüten Eis und 800 Döner-Wraps.
Der Vergleich der gewonnenen Daten zeigt, wer schon bei der Bestellung
Trinkgeld gibt und nett zu den Verkäufern ist, erhält deutlich mehr Ware als
andere Kunden: 10% mehr Eis bei Komplimenten und 17% mehr beim
Trinkgeld. Zieht man die Kosten des Trinkgelds wieder ab, fällt der Wert
allerdings auf 7%. Die Daten aus den Kebab-Bestellungen untermauerten diese Ergebnisse. „Interessant war, dass der Effekt beim Trinkgeld über mehrere
Besuche gleichgeblieben ist, während er bei Komplimenten deutlich anstieg
und nach fünf Besuchen sogar stärker war als jener mit Trinkgeld“,
erzählt Palan. „Nachhaltiges Loben über mehrere Tage kann also die
bevorzugte Behandlung noch einmal verstärken.“

Anerkennung als sozialer Kitt

„Reziprozität ist ein Konzept aus den Sozialwissenschaften, nach dem sich
die Wichtigkeit von Lob und Anerkennung evolutionsbedingt sehr früh im
Menschen entwickelt hat, da sie einen besseren Status in der jeweiligen
Gesellschaft begründeten“, erklärt Michael Kirchler. „Wir zeigen mit
unserer Studie, wie dieses Prinzip in heutigen Konsumentscheidungen nach wie
vor wirkt, und dass immaterielle Anreize wie Anerkennung und Lob wohl
unterschätzt und monetäre Anreize eher überschätzt werden.“ Es ist
zu vermuten, dass diese Mechanismen in vielen alltäglichen
Konsumentscheidungen ähnlich wirken, allerdings sind die Effekte nur in
speziellen, klar abgegrenzten Situationen tatsächlich quantitativ messbar.
Die Studie wurde unter anderem vom FWF-Spezialforschungsbereich
Vertrauensgüter, Anreize und Verhalten und der Forschungsplattform
Empirische und Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität
Innsbruck finanziell unterstützt.


Quelle: Universität Innsbruck



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