Teil 1: Die Gretchenfrage

30 Jän 01:59 2012 von Oswald Schwarzl Print This Article

Haben Sie objektives Wissen über den Islam oder nur ungewisse Vorurteile?

Ein Versuch der Darstellung unstrittiger Grundlagen und Hinweise auf deutschsprachige Bücher zum Thema und ein gesonderter Anhang mit Auszügen aus dem Koran.

 

Einleitung

Das neue Jahrtausend scheint in seinen ersten 10 Jahren sehr stark von einem globalem Kulturkampf geprägt zu sein, dessen Ende nicht absehbar ist.

Oberflächlich könnte man meinen, es gehe um eine religiös orientierte Auseinandersetzung Islam gegen christliches Abendland, aber auf westlicher Seite sind schon längst keine religiös dominierten Mächte mehr festzustellen. Hier gibt das wirtschaftliche Machtstreben den Ton an und ein gelegentlich religiöses Mäntelchen ist nur Taktik und Tarnung.

Da der frühe Islam eine Trennung von weltlich und religiös nicht kannte, scheint der Gottesstaat das Ideal, was aber westlicher Auffassung diametral widerspricht. Zweifellos liegt eine Logik darin, dass  - jedenfalls in  grundlegenden Verhaltensregeln, die bei uns überwiegend im Strafrecht verankert sind - die weltlichen und religiösen Regeln übereinstimmen sollten

 

Zwischen Islam und westlichem Kapitalismus  liegt der  wirtschaftlich erwachte Koloss  China, in dessen Riesenreich nach Ende der Ersatzreligion Kommunismus als neues Kulturziel der Wohlstand gilt. Lediglich den Namen KP-China  hat die herrschende Clique beibehalten und die gewohnte Unterdrückung jeglicher Opposition. Man könnte das Ganze aber auch als Kommunismus Neu bezeichnen. Schließlich ging es Karl Marx darum, den Lebensstandard der armen Massen zu heben. Wenn dies mit kontrollierter Marktwirtschaft vielleicht besser gelingt, dann eben weg mit „Eigentum ist Diebstahl!“

Die künftige globale Rolle Chinas ist  offen, aber der Wettbewerb um die Rohstoffe der Welt hat bereits begonnen.

 

Ideale sind etwas, gegen das man nicht mit physikalischer Logik argumentieren kann. Der beste Beweis dafür ist, wenn jemand bereit ist, sein Leben in dem Glauben zu opfern, damit einer höheren Idee zu dienen. Wird solches erwartet oder verherrlicht, schrillen bei westlichen  oder jedenfalls europäischen Menschen die Alarmglocken. Allzu oft wurde hier in der fernen und näheren Vergangenheit ein  Idealismus gezüchtet, um ihn dann zu egoistischen Zwecken der Herrschenden zu missbrauchen. Die generelle Stimmungslage ist daher:

 “Nicht mehr mit uns!“ Man ist nun zwar schnell bereit, gegen etwas zu sein, aber schwer zu bewegen, aktiv für etwas sich selbst einzubringen.

 

Zwar stand am Anfang der westlichen christlichen Gesellschaft mit Jesus auch ein solcher Idealist, der durch seinen Tod der Idee für zunächst 2000 Jahre zum Leben verhalf, doch scheint diese heute ihrer Massenwirkung verlustig zu gehen.

Steht dem rund 600 Jahre jüngeren Islam ähnliches noch bevor? Aber die dritte und älteste der drei Buchreligionen, das Judentum, zeigt offenbar keine Verfallserscheinungen.

 

Der Konflikt  des islamischen Fundamentalismus mit dem Westen hatte bereits 2001 einen Höhepunkt in den Anschlägen in New York, bekannt als 9/11. Vordergründig geht es den USA um Demokratie und freien Welthandel, im Hintergrund steht die Rolle Amerikas als Supermacht,  welche die Regeln bestimmen und dominieren will. Als Schutzmacht des Judenstaates Israel und im Kampf um den Einfluss auf den Rohstoff Erdöl, mit dem die arabischen Staaten  gesegnet sind, entstanden die Konflikte Irak und Afghanistan.

 

Die im Anhang dargestellten Auszüge aus dem Koran sind aus einem Buch von Prof. Max Henning. Dieses  wird von Orientalisten noch heute als beste originalgetreue Übersetzung ins Deutsche anerkannt, obwohl - oder weil -  sie schon aus dem Jahre 1901 stammt und den Text nicht auf zeitgemäß modernisiert

Da die erwähnte Koranübersetzung über 600 Seiten beansprucht, wurden Teile ausgewählt, welche für das Verständnis und die Beziehungen  zwischen Moslems und dem Westen von Interesse  scheinen.

 

Mohammed (570 – 632)

Mekka war im 6. Jahrhundert n. Chr. eine Oasenstadt, die wie das umliegende Gebiet im nordwestlichen Teil des heutigen Saudiarabiens vom Stamme der Koreischa beherrscht wurde. Die als Weihrauchstraße bekannte Karawanenroute und ein arabisches Heiligtum verliehen dem Ort

Bedeutung. An der Außenseite der Kaaba (arab. Würfel) befindet sich ein vom Gottesboten an Abraham übergebener Meteorit, der auch schon  vor Mohammed unter der damaligen Vielgötter - Religion verehrt wurde.

 

Mohammed wurde um 570 n. Chr. geboren. Sein Vater soll schon vor seiner Geburt gestorben sein, seine Mutter als er sechs Jahre alt war. Nun nahm sich sein Großvater und nach dessen baldigen Tod sein Onkel Abu Talib seiner an. Schon in jungen Jahren begleitete er Handelskarawanen und lernte umliegende Länder und deren Religionen wie Juden- und Christentum kennen. Mit 25 Jahren heiratete er die 15 Jahre ältere reiche Witwe Chadischa, in deren Dienste er getreten war.

Sie bekamen 6 Kinder,  doch die Knaben starben früh. Die Tochter Fatima heiratete Ali, den Sohn von Mohammeds Onkel Talib, woraus die einzigen Nachkommen Mohammeds, Hussein und Hassan, entstammen.

Schon als Knabe soll Mohammed religiöse Visionen gehabt haben.  Die erste Offenbarung und seine Berufung erhielt er jedoch im Jahre 610 mit 40 Jahren, als er sich zur inneren Sammlung in die Wüste zurückgezogen hatte. Es erschien ihm der Engel Gabriel als Gottesbote, der ihn zum Propheten Allahs ernannte und aufforderte, die Worte seiner Botschaft sich zu merken und diese zu verbreiten. (Er  war des Schreibens unkundig).

 

 Diese Erscheinungen wiederholten sich ab nun in unregelmäßigen Abständen bis zu seinem Tode und bilden nach späterer Niederschrift den Inhalt des Korans, das heilige Buch des Islams, dessen Inhalt als direkt von Gott gegeben angesehen wird.

 

Mohammed fand anfangs bei Verbreitung seiner Lehre wenig Anhänger, manche verlangten Wunder als Beweis des göttlichen Auftrags, den alten Glauben Abrahams wieder herzustellen, andere verspotteten ihn nur. Da sich seine Agitation gegen die Vielgötterei negativ auf den Zustrom der Pilger auswirkte und er das Heiligtum von Mekka für seine Religion beanspruchte, wurde er bald vehement bekämpft.

 

In diese Zeit fällt auch der Tod seiner Frau Chadischa. Er heiratete bald wieder die Witwe eines Gläubigen. Auch verlobte er sich mit der 8 Jahre alten Tochter Aischa seines Anhängers Abu Bakr, der später auch sein Nachfolger werden sollte und heiratete sie 2 Jahre später. In Medina kamen noch weitere Frauen hinzu, doch wurde Aischa seine Lieblingsfrau.

Soweit die dazu dem Buch von Max Henning Der Koran, Leipzig 1901 bei Reclam  entnommenen und auf verlässlichen Unterlagen beruhenden Angaben. Es scheint hier notwenig, einige aktuelle Bemerkungen einzufügen.

 

 2009 erregte eine Grazer Politikerin der FPÖ aufsehen, weil sie in einer  öffentlichen Rede   den Propheten Mohammed als Kinderschänder bezeichnete, was wütende Proteste hervorrief.   Niemand weiß, ob seinerzeit  solche Formalakte zunächst nicht mehr als  eine Familienverbindung fixieren sollten und zweifellos handelte man aber  im   Rahmen damals üblicher gesellschaftlicher Normen. Bei Verteidigung   frühmittelalterlicher Riten als stimmig in der damaligen Zeit muß man   aber anderseits auch bekennen, dass damals übliche drakonische Strafen  wie Handabhacken und Steinigen nicht mehr auf heute übertragen werden  können.

 

Nachdem Mohammed und seine Anhänger in Mekka ihres Lebens nicht mehr sicher waren, wanderten sie 622 nach Medina aus, wo sie zahlreiche Anhänger hatten. Diese als Hedschra bezeichnete Reise  ist das Jahr Null der islamischen Zeitrechnung.

In Medina wird Mohammed als weltliches und religiöses Oberhaupt anerkannt. Seine Versuche, die zahlreichen Juden Medinas zur neuen Lehre zu bekehren und sich als der in ihren Schriften angekündigte Messias zu präsentieren, scheiterten jedoch. Obwohl die Ähnlichkeiten der beiden Religionen größer sind als zum Christentum, hätte ein Übertritt für die Juden wohl auch einen ethischen und familiären Abfall bedeutet. So war das Ende ein Vernichtungskampf der Moslems gegen sie, gewissermaßen das erste Pogrom.

 

Mohammeds Anhänger plünderten  Karawanen der Mekkaner, so dass es bald zu laufenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit überwiegenden Vorteilen  für die Moslems und schließlich zu einem zehnjährigen Waffenstillstand kam.

Mohammed zog dann 630 als Sieger in Mekka ein, das nun den Islam annahm. Christen und Juden wurden als tributpflichtige Untertanen geduldet. Schließlich gingen die Christen im Islam auf, die Juden wurden vertrieben, zahllose arabische Stämme unterworfen. Im Jahr 632, mitten in Kriegsvorbereitungen in Medina gegen Byzanz starb unvermittelt der Prophet.

100 Jahre nach seinem Tod herrschen Kalifen über ein Weltreich.

 

Der Koran

Der Koran (arab. Lesung, Lesebuch), das heilige Buch der Moslems, ist keineswegs ein systematisches Lehrbuch des Islams. Es besteht aus 114 Kapiteln ( Suren) entsprechend den einzelnen Offenbarungen. Jede Sure ist in verschieden lange Verse gegliedert. Ihre Merkbarkeit in arabisch wird durch die rhythmisch gereimte Prosa erleichtert. Da die unmittelbare rhetorische Wirkung somit nur in der Originalsprache besteht, erfolgt die Lehre in allen Koranschulen nach dem Original.[1]

 

Da die einzelnen Suren als das Ergebnis eines direkten Diktats von Allah über seinen Boten Gabriel gelten, kommt ihnen ewige Gültigkeit zu. Sie erfolgten ab 610 bis zu Mohammeds Tod 632. Da Mohammed selbst nicht schreibkundig war, wurden sie anfangs hauptsächlich rezitiert und nur Bruchstückhaft aufgezeichnet. Die längste Sure zählt 286 Verse, die kürzeste nur drei. Erst nach Mohammeds  Hinscheiden ließ Kalif Omar alles sammeln und aufzeichnen.

 

Der damit Beauftragte Seid Ibn Tabit reihte nun nach der kurzen Eingangssure alle folgenden nicht nach Inhalt sondern nach der deren Länge, beginnend mit der Längsten. Unter Kalif Othman wurde das Ganze von einer Kommission 653 nochmals überarbeitet und sanktioniert. So zählen die an den Schluss gelangten Suren meist zu den frühesten.

 

Man unterscheidet sachlich zwei Gruppen von Suren:

Die frühen und späteren mekkanischen, in denen die Ungläubigen unter Androhung strenger Strafen zu Allah als einzigen Gott bekehrt werden sollen, und die medinischen Suren, in denen  eine Gesetzgebung erfolgt aber auch die Juden Medinas bekehrt werden sollen.

 

In den vielen zur Bekehrung aufrufenden Suren werden immer wieder ausführlich die Schrecken der Hölle geschildert, die jene ewig und gnadenlos erwarten, welche die Gelegenheit zur Bekehrung zum Islam als einzigen Glauben nicht nützen wollen.

Neben dem Koran gibt es als historische Grundlage noch die so genannten Hadithen (arab. Mitteilungen) und  die Sunna (arab. Brauch). Letztere  ist i.W. ein Auszug daraus. Es sind im 9.Jh. zusammengestellte Sammlungen von Verhaltensweisen und Aussprüchen  Mohammeds außerhalb des Korans.

 

Es gibt neben diesem sunnitischen Koran noch eine schiitische Version, welche vor allem eine rechtmäßige Einsetzung von Mohammeds Schwiegersohn Ali und dessen Nachkommen als religiöses Oberhaupt betonen. Schiiten umfassen  etwa 10 % der Moslems und haben ihren Schwerpunkt im Iran und Teilen des Irak und haben bis heute ein gespanntes Verhältnis zueinander.

 

Erster Nachfolger Mohammeds als Kalif wurde nämlich sein Vertrauter Abu Bakr. Damit war aber eine Gruppe von Anhängern nicht einverstanden. Sie waren der Ansicht, dass nach Mohammeds Wille dem Schwiegersohn Ali (Ibn Talib) diese Stellung rechtmäßig zukomme. Der umstrittene Abu Bakr starb aber schon nach 2 Jahren im Jahr 634 und sein Nachfolger wurde Omar ( al Khattab). Unter seiner Herrschaft wurde  das Riesenreich erweitert. Doch  644 wurde er von einem persischen Gefangenen ermordet. Es folgte der dritte Kalif, Othman (Ibn Affan), der aber auch  656 von Unzufriedenen ermordet wurde, die den Schwiegersohn Ali einsetzen wollen. Es folgen 5 Jahre Bürgerkrieg und 661 fiel auch Ali einem Attentat zum Opfer.

Seine Anhänger sehen – bis heute - nur Alis Sohn Hassan als rechtmäßigen Nachfolger, doch dieser überließ das Kalifat dem Omayaden Muawija (Kalifat 661 – 680). Als dieser 680 stirbt, fordern die Ali-Anhänger (= Schiiten) dessen zweiten Sohn Hussein als Kalifen. Die omayadischen Streiter unter Malik töteten ihn jedoch in Kerbala, (heute Irak). Sein Todesort ist noch heute ein heiliger Platz für die Schiiten.

 

Die Lehre des Islams

Der Islam (arab. Ergebung in den Willen Gottes), ist für seine Gläubigen, die Moslems, Religions- Rechts- und Sittengesetz.

Die Hauptgebote sind:

 a.)  Rezitation des Glaubensbekenntnisses: Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet. ( La ilah Allah   wa Mohammed rhasul Allah.)

b.) Gebet täglich fünf mal Richtung Mekka zu bestimmten Zeiten.

c.) Fasten im Monat Ramadan von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang.

d.) Armensteuer entrichten

e.) Pilgerfahrt nach Mekka ( einmalig).

Weiters gelten Speiseverbote (Schweinefleisch, Alkohol),  verpflichtende Teilnahme an einem Religionskrieg (Dschihad) und ein Zinsverbot bei Geldgeschäften.

 

Engel gelten als Lichtwesen, die nur zu Gutem fähig sind. Jeder Mensch hat zwei als spezielle Begleiter, die alles aufzeichnen und beim Jüngsten Gericht Zeugnis ablegen werden.

In der Hölle (arab. Djehenna) werden die Ungläubigen und die Sünder brennen und vom Teufel (Sheitan) traktiert. Weiters gibt es die Dschinns als Geister, die gut oder böse, gläubig oder ungläubig sein können.

Der Himmel für die Gläubigen wird als herrlicher Garten mit vielen weltlich klingenden Freuden geschildert.

 

Gott sandte den Propheten Mohammed, um die Menschen auf den rechten Weg zu führen, nachdem dies schon andere Propheten wie Adam (gehört im Islam dazu!), Abraham, Moses und Jesus, der Sohn der Jungfrau Maria versucht haben. Mohammed gilt als der letzte und vollkommenste.

 

Dem Endgericht über die Welt wird die Erscheinung des Mahdi (der von Gott geleitete) vorausgehen, welcher als Herrscher Gerechtigkeit auf Erden herstellen wird. Auch der Prophet Jesus kehrt zurück. In den Hadithen gibt es eine Reihe von Erzählungen, die große Ähnlichkeit mit Geschichten der Bibel haben. Nach moslemischer Auffassung wurde Jesus auch nicht gekreuzigt und getötet, da ihn Gott durch einen Doppelgänger ersetzt hatte. (Koran Sure 4/156, siehe Anhang).

Die dem Islam auf Grund des Textes einiger Suren nachgesagte fatalistische Einstellung (Prädestination) wird heute so interpretiert, dass Gott innerhalb festgelegter Abläufe gewisse Freigrenzen gelassen habe.

 

In arabischer Schrift werden normaler weise die kurz gesprochenen Selbstlaute nicht angeschrieben, was die Lesbarkeit für Laien nur möglich macht, wenn das Wort bekannt ist: z.B. für Lehrer, arabisch mudaris, wird in arabischen Buchstaben nur mdrs angeschrieben. Im Koran sind deshalb für diese Selbstlaute eigene kleine Zeichen über - bzw. unter den Schrift angebracht.


Moschee in Istanbul, Bild des Verfasser

 

Die fünf täglichen Gebete sorgen dafür, dass dem Gläubigen die Religion und ihr Gesetz immer präsent ist. Die Gebete sollen mit einer Waschung eingeleitet werden und immer in Richtung Mekka erfolgen. Beim Freitagsgebet in der Moschee wechselt die Stellung des Betenden von Stehen, Knien und Niederwerfen vor Gott je nach Rezitation des Imams. (Vorbeter).

 

 

 

Die Armensteuer des Korans besteht in dieser Form auch in den rein islamischen Staaten nicht mehr und hat sich zu einer moralischen Verpflichtung zur Wohltätigkeit  zugunsten der Armen gewandelt. Das Zinsverbot wird durch andere rechtliche Konstruktionen (z.B. Gewinnbeteiligung) nicht verletzt.

Genauere Angaben zu verschiedenen Fragen können den  Auszügen aus dem Koran in der Anlage entnommen werden. Sie sollten vor der folgenden Schlussbetrachtung gelesen werden.

 


Grabmal des Mahdi in Khartum (Sudan)

Die rein religiösen Thesen sollten zunächst in keiner Weise Anlass zu Konflikten mit anderen Kulturen  geben, jedoch mit der Ausnahme, dass jede Religion mit dem Anspruch auf alleinige Gültigkeit andere Konfessionen ablehnt bis bekämpft oder missioniert.

 

Der Islam ist  von der Konzeption ganzheitlich und soll das gesamte Leben des Menschen bestimmen. Eine Trennung in weltliche und religiöse Belange im engeren Sinn war seinerzeit nicht nötig und hat sich erst mit der Entstehung einer modernen, differenzierten  Gesellschaft als zweckmäßig ergeben. So nimmt  heute das Strafrecht auch bei uns nur den geringsten Teil des kodifizierten Rechts ein.

Im Gottesstaat (z.B. Iran) ist der geistliche Führer auch der höchste staatliche Würdenträger. Die geltenden rechtlichen und sittlichen Gesetze sollen aus den überlieferten Grundlagen der Scharia hervorgehen. Das Familienrecht entspricht dieser auch in den meisten moslemischen  Ländern, das Strafrecht wurde teilweise reformiert; in der Türkei schon beide seit 1926. 

 

Die Entstehungszeit dieser Grundlagen im 6 /7.Jh., bei uns als Früh - Mittelalter bezeichnet, herrschten auf  kulturellen und gesellschaftlichem Gebiet und in wissenschaftlichen Erkenntnissen völlig andere Verhältnisse. Die Übertragung nicht direkt religiöser Vorschriften aus Sozial - Familien – und Strafrecht auf heute muss daher zu Unvereinbarkeiten führen, wenn Inseln islamischer Kultur auf westlichem Staatsgebiet die Priorität solcher Regeln  fordern.

 

Im Feber 2011  begann die vom Westen als „Arabischer Frühling“  bezeichnete Rebellion in den meisten islamischen Staaten gegen ihre Obrigkeit  Aber ist das eine islamische Revolution? Nein, es ist eine soziale! Die wachsenden Massen leben im Elend und die zahlreiche Jugend findet keine Arbeit. Das Bild erinnert an Europa 1848 und so wird wohl auch das Ende sein: Neue Unterdrückung, denn zu selbstherrlich ist jede Oppositionsgruppe, jeder Clan. Demokratie mit Kompromissen hat keine Vorbilder. Bevölkerungsexplosion ohne Wirtschaftswachstum: Volkswirtschaftlich schnell wirksame Wundermittel zu allgemeinen Wohlstand  sind unbekannt. Das Mittel der Geschichte war, den Nachbarn mit Krieg zu überziehen. Gewann man, lebte man auf Kosten der Verlierer wieder gut und durch die Kriegszerstörungen gab es Arbeit!  Durch die Menschenverluste war der Bevölkerungsdruck gemildert.

Welch zynische Lösung, die  heute  mit dem Gedanken einer globalisierten und solidarischen Welt unvereinbar scheint!  Wird diese  nur Illusion bleiben?                               

 

Nach diesen, gewissermaßen vom grünen Tisch getätigten Ausführungen wird im Literaturverzeichnis auf die Bücher zum Thema verwiesen, die mir aktuell verfügbar waren. Dort kommen Autoren zu Wort, welche meist über Jahrzehnte praktische Erfahrung  haben.

Meine eigenen Erfahrungen aus zahlreichen, aber nun schon lange zurück liegenden Geschäftsreisen in muslimische Länder - meist wegen gemeinsamer Investitionsprojekte (Joint Ventures) -  zeigten hinter stets höflicher Haltung  eine gewisse Fraglichkeit der Einhaltung von Verträgen und ein problematisches Gerichtswesen. Auf Fremdenfeindlichkeit und religiösen Fanatismus  bin ich nie gestoßen. Zum Beispiel ließ man mir als Zeuge bei einem Zivilprozess in Khartum (Sudan) die Wahl, auf den Koran oder eine englische Bibel vereidigt zu werden.

Für arabische Geschäftsleute dürfte die Zugehörigkeit zu einem Netzwerk von Freunden eine noch größere Bedeutung haben als bei uns. Einem nicht ortsansässigen Europäer ist es aber schwer möglich, die Risken aus gegnerischen Clans zu erkennen.  

 

Im Folgenden  einige globalere Hinweise auf Inhalte  der Literatur, die vielleicht eine nähere Befassung schmackhaft machen.


Mohammed Achmed (1843 - 1885) wurde im Aufstand 1881 gegen die Engländer als der Mahdi angesehen

 

Schlaglichter aus einigen der im nachfolgenden

Literaturverzeichnis angeführten Bücher.

 

Tamim Ansary: Eine Weltgeschichte mit Schwerpunkt und Blickpunkt vom Standort Nahost/Islam aus. Kritik an der westlichen Gesellschaft, aber keine Rezepte für Bereinigung von Gegensätzen

 

Heinz Halm:  Der Autor erinnert, dass im ersten Weltkrieg die Araber des türkischen Großreiches – (dieses war  deutscher Bündnispartner)- gegen Versprechung künftiger Selbständigkeit zum Aufstand gewonnen wurden.

Damit ist auch der religiöse Führungsanspruch der Türkei zurückgekehrt. Atatürks bis heute bekämpften Reformen haben den Graben erweitert. Die nach 1918 neu geschaffenen Länder wurden jedoch nicht nach arabischen Notwendigkeiten, sondern nach europäischen Interessen geschaffen.

 

Mostafa Danesch: Ohne Klärung des Israelproblems gibt es keine Lösung der Konflikte mit Moslems im Westen, die sich zunehmend radikal organisieren.(z.B. Milli Korüsch ). Demokratie ist dem Islam wesensfremd.

Die USA haben, von Ölinteressen getrieben, die Verhältnisse völlig naiv und falsch beurteilt. Karin Kneissl macht ähnliche Aussagen.

 

Dan Diner: Der wirtschaftliche Stillstand der islamischen Welt beginnt mit 300 Jahren Druckverbot bis 1885. Korankopien waren nur handschriftlich erlaubt. Noch heute wird wenig Westliches ins Arabisch übersetzt. Die Tradition, Sklavenarbeit statt bezahlter Stundenlohn und Handwerk statt Massenware,  wirkt noch immer. Öleinnahmen werden verkonsumiert.

 

Peter Scholl-Latour: Ein „Islam soft“ ist eine Illusion. Die Einwanderer aus unteren Gesellschaftsschichten sind radikalen Gedanken zugänglicher als der Durchschnitt im Herkunftsland. Multi –Kulti funktioniert nicht.

 

Antonia Radosch: Der Gottesstaat Iran ist ein Polizeistaat ohne Bürgerrechte. Spitzel überall. Die Jugend rebelliert dagegen. Auch im konservativen Saudi-Arbien sind  Jugendliche unter 25 Jahren, zu ein Drittel arbeitslos, mit 70 % Anteil an der Bevölkerung ein Problem.

 

Siegmund Freud: Die Vorschrift der Mosesreligionen, sich kein Bild von Gott zu machen, ist lt. Freud ein Triumph der Geistigkeit über die Sinnlichkeit. Der Triebverzicht stärkt das Selbstbewusstsein, kann aber zum Rausch moralischer Askese führen. Das „Heilig“- Tabu ist ein Machtinstrument der Glaubensführer.

 

Bernard Lewis: Islamische Fundamentalisten haben beim einfachen Volk großen Zulauf. Obwohl Moslems in zahlreiche Sekten, Stämmen und Clans untereinander verfeindet sind, gibt ihnen die Gegnerschaft zu Israel, den USA bzw. den westlichen Kapitalismus einen gewissen Zusammenhalt.

 

Thilo Sarrazin: Das umstrittene Buch behauptet: Staatliche Hilflosigkeit und Handlungsunwille will den Problemen der Selbstschädigung und Überfremdung nicht ins Auge sehen. Ungesteuerte Zuwanderung führe in Deutschland zu progressiver Zunahme sich isolierender, bildungsferner moslemischer Unterschichten.

 

Jean Ziegler: Die Liberalisierung  wird einseitig zur Ausbeutung von Ländern der dritten Welt benützt. Nur die NGO´s (non governmental organisations) sind Gegenspieler. Er zitiert Gilles Perrault: „Die Armen der Welt werden eines Tage die alte Welt in Schutt und Asche legen.“

 

Cramer Friedrich: Zitiert S. 287 G.W.F.Hegel (1770-1831,): „Es kann  niemand seine Zeit überspringen, der Geist seiner Zeit ist auch sein Geist, aber es handelt sich darum, ihn nach seinem Inhalt zu erkennen“  und

„Aus dem Komplexitätsgefälle zwischen Welt und System folgt, dass  Systeme nicht mit jeder möglichen Umwelt kompatibel sein können.“

 

Der türkische Botschafter Kadri Ecved Tezcan  für Österreich in einem Interview mit „Die Presse“ vom 10. 11.2010 auf die Frage, warum die türkischen Einwanderer keinen größeren Ehrgeiz zeigen, die Bildungsmöglichkeiten zu nützen: „Das ist eine westliche Mentalität. Wir haben nicht diese merkantilistische Philosophie. Unsere Philosophie im Islam lautet: Was immer du hast, von Gott gegeben, ist genug für dich. Das Einzige, was du tun musst, ist Gutes für deine Leute in der Familie und in deiner Umgebung.“

 

Literaturverzeichnis der zur Informationsgewinnung benützten Bücher

Ansary Tamin: Die unbekannte Mitte der Welt, Campus 2010

Cramer Friedrich: Chaos und Ordnung, DVA,1989

Danesch Mostafa: Der Krieg gegen den Westen, Campe 2004.

Diner Dan: Versiegelte Zeit, Propyläen 2005

Finkelstein /Silbermann: David und Salomon, C.H.Beck , 2006.

Freud Siegmund: Moses und die monotheistischen  Religionen, Fischer Tb. 2006,(1941)

Heine Peter: Halbmond über deutschen Dächern,  List, 2002.

Halm Heinz: Die Araber, C. H. Beck, 2004. 

Henning Max: Der Koran, Reclam 1901

Holl Adolf: Religionen. Deutsche Verl. Anst. 1981

Kneissl Karin: Die Gewaltspirale, Ecowin 2007

Knoch Habbo: Davids Traum, Bleicher 1998

Kotkin Joel: Stämme der Macht, Rowohlt 1996

Krämer Gudrun: Geschichte d. Islam, C.H.Beck

Ladurner Ulrich: Bitte informieren Sie Allah! Herbig 2008

Lewis Bernard:Der Untergang des Morgenlandes, Lübbe 2002

                         Der Atem Allahs, D.u.V. 1998

Munoz Molina Antonio: Cordoba de los Omeyas,Planeta 1991

Plattner Hans: Die Türkei, Herbig 1999

Rados Antonia: Gucci gegen Allah, Heyne 2006

                             Im Lande der Mullahs, Heyne 2009

Rizzitano Umberto: Mohammed, Somogy Paris 1959

Rosenthal Donna: Die Israelis, C.H. Beck 2007

Russo Raffaelo: Der Islam, Kaiser 2001

Sarazin Thilo: Deutschland schafft sich ab, D. Verl.Anst. 2010

Scholl–Latour Peter: Allahs Schatten über Atatürk, Goldmann 2001. und : Der Fluch des neuen Jahrtausends, Goldmann 2001.

Smith Houston: Die 7 großen Religionen der Welt, Goldmann 2004

Tibi Bassam: Kreuzzug und Dschihad, Goldmann 2001

Zentner Christian: Der Große Bildatlas z. Weltgeschichte, Unipart Stuttgart 1982.

Ziegler Jean: Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher, Bertelsmann 2003.

 

Daneben dürfte auch der uralte Aberglaube vom „Bösen Blick“ eine Rolle spielen, der noch heute photographieren problematisch macht und dazu führte, dass in antiken christlichen Fresken die Gesichter von Heiligen zerstört wurden.

 

Es folgt Teil 2: Koranauszüge

 

 



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