Regionews-Kaleidoskop: „Wehrpflicht – oder nicht?“
Macht Schulung unserer Jugend in veralteten Massen-Tötungsmethoden noch Sinn oder ist es nur Systemerhaltung?
Linz. Im Januar 2013 soll also in Österreich eine Volksbefragung mit der beabsichtigten Wirkung einer Volksabstimmung stattfinden. Was wird da doch von allen möglichen Seiten verwirrend herumgeredet, um über eine Frage entscheiden zu lassen, von der sich die Mehrheit nicht direkt betroffen fühlt, weil sie nicht mehr im fraglichen Alter oder weiblich ist. Dabei lässt man die Leute weitgehend in Unklarheit darüber, worum es dabei wirklich geht.
Das ganze Problem nur nach Bauchgefühl zu entscheiden, halten viele mit Recht aber für unbefriedigend, doch sachliche Information wird von Befürwortern bzw. den Gegnern der Wehrpflicht im jeweiligen Interesse gefärbt. So werden die heute einigermaßen populären Nebeneffekte Katastrophenhilfe und Sozialdienst als nur mit Wehrpflicht lösbar dargestellt.
Also beschränken sich Herr Meier oder Frau Müller darauf, zu überlegen, wieweit sie selbst bzw. ihr engster Familien– oder Freundeskreis davon betroffen wäre.
Ist dies nicht der Fall, schaut man sich die Sache von außen an oder hält zum Bestehenden, denn da weiß man wenigstens, wie es ist. Sagt doch das Sprichwort: „Selten kommt was besseres nach!“ Ohne die Rekrutenausbildung überhaupt näher zu kennen, sind auch folgende Sprüche sehr populär:
„Ein wenig Disziplin und Gemeinschaftssinn zu lernen, tut den jungen Leuten nur gut!“ Auch die Unsicherheit bezüglich Ersatz für Zivildienst hat Gewicht, denn da kann sich jeder vorstellen, einmal Nutznießer sein zu können.
Fühlt man sich aber von der Wehrpflichtfrage direkt oder über nahe stehenden Personen betroffen, kann man trotz der Erkenntnis einer Last diese befürworten und zwar aus idealistischen, echten oder vermeintlichen moralischen Gründen wie Tradition, Vaterlandsliebe, Kameradschaft u.a. Solche nichtmateriellen Werte lassen sich im Sinne von Kants kategorischen Imperativ mit ihren Anhängern naturgemäß nicht verhandeln noch mit materiellen Argumenten gegenrechnen. Man muss sie anerkennen oder zur Illusion erklären.
Bei allem Gerede Pro und Kontra fällt mir mit dem Hintergrund eigener Jugenderfahrung auf, dass man sich scheut, eine Grundsatzfrage von sachlicher als auch moralischer Brisanz klar zu stellen:
Ist es im 21. Jahrhundert mitten in Europa noch sinnvoll, männliche Jugendliche im Alter von 18 Jahren in eine Ausbildung zu drängen, dessen Lehrziel ist und bleibt: Wie töte ich effektiv und ohne nachzudenken andere Menschen, wie schädige ich – womit auch immer - andere maximal an Leben, Hab und Gut !
Drill und Gehorsam haben dabei die Aufgabe, das Tötungshandwerk als menschlicher Automat zu üben, um im Befehlsfall dies real auch unter Stress ohne Zögern und Gefühl durchzuführen.
Hier wird für alle jungen Leute ein Erziehungsziel aufgestellt, das die Welt von GUT und BÖSE plötzlich auf den Kopf stellt.: Der Gute ist jener, der mit gut gezielten Schüssen die meisten tödlichen Schüsse abgeben kann oder wer im Nahkampf ohne Zögern das Bajonett in die Gurgel eines Mitmenschen zum raschen ausbluten stößt, weil dieser eine andere Uniform trägt.
Um diesen harten Kern herum ranken sich notwenige Tätigkeiten wie Waffenkunde und Hilfsdienste zur Systemerhaltung.
Aber sind das wirklich die Fertigkeiten, die in monatelangen Übungen jungen Leuten eingebläut werden sollen, um im 21. Jahrhundert Konflikte zu lösen?
Sicher nicht, und die Frage wäre somit moralisch als sachlich beantwortet, denn die Zeit, wo in offener Schlacht primär mit der Zahl der Soldaten über Sieg oder Niederlage entschieden wurde, ist längst vorbei. So hat auch US - Präsident Obama jüngst seinem Konkurrenten um das Amt die blamable Belehrung erteilen müssen, dass es heute nicht mehr die Zahl der Pferde oder Schiffe sind, welche die militärische Potenz bestimmen.
Anscheinend befinden sich auch bei uns maßgebende Leute noch im geistigen Milieu vergangener Jahrhunderte: Noch ein Landsknechtlied angestimmt und von Kameradschaft geschwärmt, die angeblich hier vermittelt wird. Aber wer bis dahin in Schulen oder Lehre sich nicht einzuordnen gelernt hat, der wird es auch hier nicht mehr lernen.
Welches Können ist demgegenüber in einer zeitgemäßen Sicherheitspolitik gefragt? Kann man mit Rekruten nach mehrmonatiger Schulung die heutigen Anforderungen abdecken? Zu diesen gehören: Cyberspace–Angriffe, Raketentechnik, Spionage und Sabotage, Kampfhubschrauber und Drohnenkrieg, Terroristen und Sprengstoffgefahr, eine rasche Eingreifgruppe für militärische Spezialeinsätze., Katastropheneinsätze mit erforderlicher technischer Ausrüstung usw. usw.
Ich habe einige Volksbefragungen an mir vorbeigehen lassen, aber von dieser fühle ich mich herausgefordert. Ich will helfen, eine gutgläubige Jugend davor zu bewahren, weiter zu einem langen, sinnlosen und schädlichen Lehrgang für das Töten und Schädigen von Menschen einberufen zu werden.
Die Redaktion der REGIONEWS hält fest, dass es sich beim folgenden Beitrag um die persönliche Meinung des Autors handelt.