Tirol - Der gefährlichste Ort für Frauen und Kinder: Die eigenen vier Wände

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Setzen gemeinsam ein Zeichen gegen häusliche Gewalt: v.li. Gabi Plattner (Tiroler Frauenhaus), Elisabeth Harasser (Tirols Kinder- und Jugendanwältin), Frauenlandesrätin Gabriele Fischer, Eva Pawlata (Tiroler Gewaltschutzzentrum) und Martin Christandl (Verein Mannsbilder).
Foto: Land Tirol/Reichkendler
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v.li. Martin Christandl (Verein Mannsbilder), Elisabeth Harasser (Tirols Kinder- und Jugendanwältin), Gabi Plattner (Tiroler Frauenhaus), Frauenlandesrätin Gabriele Fischer und Eva Pawlata (Tiroler Gewaltschutzzentrum) bei der Pressekonferenz anlässlich der "16 Tage gegen Gewalt an Frauen".
Foto: Land Tirol/Oswald
25 Nov 05:00 2018 von Redaktion Salzburg Print This Article

„16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ vom 25. November bis 10. Dezember

„Tatsache ist: Der gefährlichste Ort für Frauen und Kinder sind die eigenen vier Wände“, stellt Frauenlandesrätin Gabriele Fischer, auch zuständig für die Kinder- und Jugendhilfe des Landes, anlässlich des Starts der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen einmal mehr klar. Nirgends laufen Frauen häufiger Gefahr, Opfer eines Gewaltdelikts zu werden: Jede fünfte Frau in Österreich – und damit auch in Tirol – ist zumindest einmal in ihrem Leben von psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. „Häusliche Gewalt kommt in allen Gesellschaftsschichten vor – ob arm oder reich, ob höheres oder niedrigeres Bildungsniveau, ob mit oder ohne Migrationshintergrund“, weiß Landesrätin Fischer. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gewalt durch den eigenen Lebenspartner weltweit Todesursache Nummer eins für Frauen zwischen 16 und 44 Jahren.

„In Tirol verzeichnete das Gewaltschutzzentrum im Jahr 2017 von 1.200 Personen Meldungen, davon 986 Frauen (82 Prozent), die Opfer von häuslicher Gewalt und Beharrlicher Verfolgung (Stalking) wurden“, berichtet Eva Pawlata, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol. 727 Kinder lebten in den betroffenen Haushalten und waren dadurch zumindest indirekt von den Auswirkungen der Gewalt betroffen. Von 111 Kindern und Jugendlichen ist bekannt, dass sie direkte Gewalt innerhalb ihrer Familie oder im sozialen Nahbereich erfahren haben. 893 Mal wurden polizeiliche Meldungen gemacht, die Körperverletzungen, Gefährliche Drohungen, Beharrliche Verfolgungen sowie sexualisierte Übergriffe beinhalteten. Es wurden 525 Betretungsverbote verhängt.

40 Jahre Frauenhaus

„Die angezeigten Fälle spiegeln nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Übergriffe im häuslichen Kontext wider“, betont Gabi Plattner vom Tiroler Frauenhaus – einer Kriseneinrichtung, die Schutz, Beratung und Begleitung bietet und gewaltbetroffene Frauen und Kinder sowohl bei der Verarbeitung der Gewalterfahrungen unterstützt, als auch bei psychosozialen und rechtlichen Schritten hilft, um aus der Gewaltdynamik aussteigen zu können. Die Frauenhäuser Österreichs feiern dieses Jahr übrigens ein rundes Jubiläum: Am 1. November 1978 wurde das erste Frauenhaus in Wien eröffnet. Heute gibt es in Österreich 28 Frauenhäuser mit mehr als 700 Plätzen. „Auch nach 40 Jahren hat sich das Thema ‚Gewalt gegen Frauen‘ noch nicht erübrigt. Die Frauenhäuser sind nach wie vor voll ausgelastet. Das bedeutet, dass wir noch sehr viel in Geschlechtergerechtigkeit investieren müssen, denn ohne Geschlechtergerechtigkeit gibt es keine Gewaltfreiheit“, so Plattner.

Übrigens: auch Kinder werden in den Frauenhäusern mit ihren Müttern aufgenommen. Denn Kinder sind sowohl Zeugen, als auch Opfer von häuslicher Gewalt. „Weil die Kinder – wie die betroffenen Frauen auch – meist versuchen, die Ursachen für die körperlichen oder seelischen Verletzungen zu verbergen, ist es wichtig, dass alle mit Kindern Tätigen auf Symptome hellhörig sind und Strategien kennen, damit richtig umzugehen“, unterstreicht Tirols Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser. In einer Veranstaltungsreihe, die derzeit in den Bildungsregionen Tirols stattfindet, werden Pädagoginnen und Pädagogen angeleitet, wie sie bei Verdacht auf Gewalt am besten reagieren. „Kinder und Jugendliche, die psychische, physische oder sexualisierte Gewalt erfahren, brauchen die Aufmerksamkeit und die Courage der Menschen in ihrem sozialen Umfeld. Das sind sehr oft Pädagoginnen und Pädagogen in Schulen, Kindergärten und Horten, weil sie wichtige Bezugspersonen für die Kinder sind“, weiß Harasser. Die Resonanz ist enorm: Bei den Veranstaltungen in Imst, Innsbruck und Wörgl waren 690 PädagogInnen anwesend. Auch im Bezirk Lienz findet eine entsprechende Veranstaltung statt, am 29. November in Nussdorf-Debant.

„Wenn der Mann zu Hause gewalttätig ist, ist opferschutzorientierte Arbeit mit gewalttätigen Männern besonders wichtig“, betont Martin Christandl vom Verein Mannsbilder. „In der Arbeit mit gewaltbereiten Männern und Burschen wird auf eine Verantwortungsübernahme des Klienten sowohl für das gewalttätige Verhalten als auch für den Opferschutz hingearbeitet“, erläutert Christandl. Ziel sei es, dem Täter Empathie, Selbstwahrnehmung, geschlechterbezogene Einstellungen und verantwortungsvolle Elternschaft nahezubringen.

Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen

„16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ ist eine internationale Kampagne, die jedes Jahr das Thema Gewalt gegen Frauen in das Bewusstsein der Menschen rückt – zwischen dem 25. November, dem Internationalen Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen, und dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. Weltweit wird dieser Zeitraum von Fraueninitiativen genutzt, um auf das Recht auf ein gewaltfreies Leben aufmerksam zu machen. Auch in Tirol gibt es zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen der Aktionstage gegen Gewalt an Frauen.


Quelle: Land Tirol



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