Steiermark: Tierquälerei im Fokus

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Die Zweite Landtagspräsidentin Gabriele Kolar (r.) überreichte der scheidenden Tierschutzombudsfrau Barbara Fiala-Köck (l.) ein Abschiedspräsent und gratulierte zur Fachtagung am Steiermarkhof. 
Foto: Land Steiermark
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Die steirische Tierschutzombudsfrau mit den Referentinnen und Referenten der Fachtagung am Steiermarkhof: Martin Huth, Thomas Mühlbacher, Kathrin Jarz, Barbara Fiala-Köck, Birgit Stetina und Claudia Tatzl (v.l.). 
Foto: Land Steiermark
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Großes Interesse: Die Fachtagung der Tierschutzombudsstelle fand am Steiermarkhof in Graz statt. 
Foto: Land Steiermark
26 Sep 20:00 2023 von Redaktion Salzburg Print This Article

Die Fachtagung der Tierschutzombudsstelle Steiermark warf einen umfassenden Blick auf das Thema Gewalt gegenüber Tieren – und thematisierte den Zusammenhang mit Gewalt gegen Menschen.

Graz (26. September 2023).- Die diesjährige Fachtagung der Tierschutzombudsstelle Steiermark fand am Montag (25.09.2023) am Steiermarkhof in Graz statt. Unter dem Titel „Tierquälerei – (k)ein Kavaliersdelikt“ wurde dabei ein umfassender Blick auf das Thema Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem geworfen. Für Tierschutzombudsfrau Barbara Fiala-Köck, die mit Ende September in den Ruhestand tritt, war es die letzte große Veranstaltung in ihrer Funktion. Neben vielen interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnte Fiala-Köck die Zweite Landtagspräsidentin Gabriele Kolar (SPÖ) und die Landtagsabgeordneten Maria Skarzel (ÖVP) und Georg Schwarzl (Grüne) als Ehrengäste begrüßen. Kolar gratulierte der Tierschutzombudsfrau und ihrem Team zur spannenden Tagung mit hochkarätigen Vortragenden und fundierten Inhalten. „Tierschutz ist ein Thema von globaler Bedeutung, das nicht nur unsere moralische Verantwortung sondern unsere Gesellschaft und Umwelt als Gesamtes betrifft. Mehr als 13 Jahre hat sich Barbara Fiala-Köck als Ombudsfrau mit ihrem Team mit großem Herzblut für das Wohlergehen und den Schutz der uns anvertrauten Tiere eingesetzt. Im Namen aller Steirerinnen und Steirer darf ich meine Wertschätzung und Dankbarkeit für die erbrachten Leistungen und die prägende Arbeit von Barbara Fiala-Köck zum Ausdruck bringen“, betonte die Zweite Landtagspräsidentin.

Ziel der Fachtagung war es, Tierquälerei als gesamtgesellschaftliches Problem begreifbar zu machen und einen interdisziplinären Wissens- und Erfahrungsaustausch über aktuelle Tierschutzfragen anzuregen. Dazu standen Vorträge von Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Tierschutzbildung, Gewaltprävention, Ethik und Mensch-Tier-Beziehung am Tagungsprogramm.

Martin Huth (Universität Innsbruck) referierte über Verletzbarkeit und ethischen Anspruch. Er kommt zum Schluss, dass eine gewaltfreie Welt als Zielvorstellung gar nicht in jeder Hinsicht dienlich sein kann. Vielmehr scheint ihm ein Bewusstsein für die Unausweichlichkeit der Gewalt angesichts konkurrierender Vulnerabilitäten eher dafür geeignet, einen reflektierten Umgang damit zu finden und die Gewalt zu minimieren – und vor allem die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit unterschiedlicher Formen von Gewalt wahrzunehmen.

Birgit Stetina (Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien) ging in ihrem Vortrag auf die humanpsychologischen Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung ein. Zusammenfassend führt sie aus, dass Gewaltprävention gesamtgesellschaftlich eine der aktuell vielschichtigen Herausforderungen ist, mit der wir konfrontiert sind. Neben der Schulung von Pädagoginnen und Pädagogen, Psychologinnen und Psychologen, Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Veterinärinnen und Veterinären und Personen der Exekutive und Legislative brauche es konkrete Pläne zur Umsetzung. Diese müssten darauf aufbauen, dass anerkannt wird, dass die Ausgestaltung der Mensch-Tier-Beziehung eine große Bedeutung für unsere Gestaltung auf zwischenmenschliche Beziehungen hat und sogar als Symptom im differentialdiagnostischen Prozess einen bisher vernachlässigten Wert hat. Gewaltprävention erfordert eine kollektive Anstrengung, bei der Bildung, Sozialisation und zwischenmenschliche Fähigkeiten ineinandergreifen, um eine friedlichere und harmonischere Gesellschaft zu gestalten.

Thomas Mühlbacher (Staatsanwaltschaft Leoben) skizzierte in seinem Beitrag auf die Entwicklung des § 222 StGB ein und forderte eine differenzierte Bestimmung gegen Tierquälerei, die den unterschiedlichen Begehungsformen auch in der Strafdrohung vernünftig Rechnung trägt und damit eine tat- und tätergerechte Reaktion im Einzelfall ermöglicht, die weder als überschießend noch als bagatellisierend wahrgenommen wird. Abschließend zitierte Mühlbacher Christian Broda, den prägenden Justizminister der Republik in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit: „Das Strafgesetz soll vernünftig sein. Wir wollen alle Erkenntnisse ausschöpfen, die uns der Stand der wissenschaftlichen Forschung unserer Zeit an die Hand gibt. Das Strafgesetz soll menschlich sein, weil Menschlichkeit unteilbar ist. Unser Strafgesetz soll wirksam sein, weil wir fest daran glauben, dass nur das wirksam ist, was vernünftig ist und was menschlich ist.“

Kathrin Jarz (Verein Frauenhäuser Steiermark) wies in ihrem Beitrag auf den systemischen Ansatz der Gewaltprävention hin und gab einen Einblick in die umfassende Tätigkeit des Frauenhauses. „Der Zusammenhang zwischen Tierquälerei und häuslicher Gewalt ist vielleicht nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Wenn man sich näher mit der Thematik befasst, wird deutlich, dass Gewalt gegen Tiere und Gewalt gegen Menschen bzw. häusliche Gewalt auf unterschiedlichen Ebenen Berührungspunkte aufweisen. In zahlreichen Studien konnte der Zusammenhang zwischen Gewalt an Tieren und Gewalt am Menschen nachgewiesen werden. Tierquälerei und Tiertötung wurden wissenschaftlich als eindeutige Indikatoren für die Gewaltbereitschaft im innerfamiliären Bereich identifiziert", so Jarz. Ziel müsse es sein, Gewaltpräventionsprogramme zu entwickeln, welche die Risikofaktoren minimieren und Schutzfaktoren im Sinne der Resilienz aktivieren.

Für den Verein „Tierschutz macht Schule“ stellte Claudia Tatzl die Aktivitäten seitens des Vereins zur Gewaltprävention vor. Für ein gutes Zusammenleben und Miteinander von Mensch und Tier brauche es Respekt, Toleranz und entsprechendes Wissen, das die Bedürfnisse der Tiere klar vermittelt und eine tiergerechte Haltung ermöglicht. Mit Tierschutzbildung bereits für Kinder und Jugendliche kann notwendiges Wissen zielgerichtet weitergegeben werden, um Tierleid und damit verbundene Folgekosten für die öffentliche Hand nicht nur präventiv, sondern auch nachhaltig zu verhindern. Tierschutzbildung kann somit auch als gewaltpräventive Maßnahme bei Kindern und Jugendlichen gesehen werden.

Tierschutzombudsfrau Fiala-Köck dankte den vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern: „Tierquälerei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Gewalt gegenüber Tieren ist niemals zu akzeptieren. Daher war es uns wichtig, bei der Fachtagung Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Disziplinen ein Forum zu bieten und damit einen nachhaltigen Beitrag zu einer tierfreundlicheren und damit menschengerechteren Gesellschaft zu leisten.“


Quelle: Land Steiermark



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