Wien: EU-Abwasserrichtlinie – Czernohorszky: Wiens Abwasser-Sektor ist fit für die Zukunft

Slide background
Wien

13 Apr 08:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

Stadt erfüllt jetzt schon zahlreiche Forderungen der überarbeiteten EU-Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser

„Das Kanalnetz und die Kläranlage sind ein unverzichtbarer Teil der kritischen Infrastruktur einer Stadt, ihr optimales Funktionieren schafft erst die Grundlage für ein gesundes und gutes Leben. Wien arbeitet ständig an der Verbesserung seiner Abwasserentsorgung und -behandlung, durch die Leistungen der Wiener Abwasserprofis liegt die Stadt im internationalen Vergleich ganz weit vorne“, betont der Wiener Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky anlässlich des Beschlusses der neuen „Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser“ im Europäischen Parlament am vergangenen Mittwoch.

„Die Richtlinie enthält wichtige Regeln für einen verbesserten Gewässerschutz, stärkt die Kreislaufwirtschaft und legt einen besonderen Fokus auf den Klimaschutz“, lobt Czernohorszky, und ergänzt: „Wien erfüllt schon jetzt zahlreiche Forderungen, die in der neuen Richtlinie enthalten sind, unser Abwasser-Sektor ist fit für die Zukunft. So ist etwa die von der ebswien betriebenen Kläranlage der Stadt ein Vorzeigebeispiel für die gelungene Energiewende: Am Standort in Simmering entstehen Öko-Strom und Öko-Wärme, die nicht nur den Eigenbedarf der Anlage decken, sondern ganz erheblich zur Verbesserung von Wiens Klimabilanz beitragen.“

Czernohorszky: „Erweiterte Herstellerverantwortung darf nicht verwässert werden“

Nach der Abstimmung im Europäischen Parlament durchläuft die „Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser“ noch weitere Schritte im EU-Gesetzgebungsverfahren. Mit einem Inkrafttreten wird im Herbst 2024 gerechnet. Danach haben die EU-Mitgliedsstaaten zweieinhalb Jahre lang Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Czernohorszky: „Bei Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist mir insbesondere eines wichtig: Das hohe Niveau der Abwasserentsorgung und -behandlung in Wien muss für die Städte und Gemeinden auch leistbar bleiben. Daher begrüße ich die in der Richtlinie vorgesehene erweiterte Herstellerverantwortung ausdrücklich.“

Die erweiterte Herstellerverantwortung sieht vor, dass die Industrie mindestens 80 % der Kosten für Bau und Betrieb der sogenannten „4. Reinigungsstufe“ zur Entfernung von Mikroschadstoffen, zum Beispiel bestimmte im Abwasser enthaltene Rückstände von Kosmetika und Medikamenten, zu tragen hat. Czernohorszky: „Dieses Prinzip darf bei der Umsetzung in österreichisches Recht nicht verwässert werden. Für Wien rechnen wir allein für die Errichtung der 4. Reinigungsstufe mit einem dreistelligen Millionenbetrag. Diese Kosten dürfen keinesfalls auf die Gebührenzahler*innen allein abgewälzt werden.“

Strengerer Gewässerschutz: Wien dank vorausschauender Planung gut aufgestellt

Die EU-Richtlinie sieht außerdem strengere Anforderungen an den Gewässerschutz und die Bewirtschaftung des Kanalnetzes vor. „Wien ist dank einer vorausschauenden Planung in diesem Bereich sehr gut aufgestellt“, erklärt Czernohorszky: „Wir haben erst kürzlich die Verlängerung den Wiental-Kanals präsentiert, der bis 2027 fertiggestellt werden wird. Der neue Kanal, in den die Stadt rund 270 Millionen Euro investiert, ist ein ganz wesentlicher Beitrag zum Gewässerschutz.“ Dadurch und mit den ohnehin bereits geplanten weiteren Maßnahmen zur Schaffung von Speicherkapazitäten und zur Ertüchtigung des Kanalnetzes könne die Stadt Wien „relativ gelassen“ auf die neue EU-Abwasserrichtlinie blicken, so der Klimastadtrat.

Wien übererfüllt Vorgaben zur „Energieneutralität“

Eine weitere Vorgabe ist die „Energieneutralität“: Gestaffelt bis Ende 2045 müssen laut Richtline alle Kläranlagen ihren Energiebedarf zu 100 % aus erneuerbaren Quellen decken.

„Wiens Kläranlage ist schon jetzt ein Vorreiter bei der Energiewende und beim Klimaschutz“, betont Klimastadtrat Czernohorszky, „seit 2020 erzeugt die Anlage aus Klärgas mehr Öko-Energie, als sie zur Abwasserreinigung benötigt.“ Der Eigendeckungsgrad betrug im Jahr 2023 bei Strom 116 % und bei Wärme 177 %. Czernohorszky: „Darüber hinaus nutzt Wien auch die im gereinigten Abwasser enthaltene Energie optimal aus, eine Wasserkraftschnecke und eine Kaplanturbine im Kläranlagen-Ablauf erzeugen Öko-Strom, die Großwärmepumpenanlage der Wien Energie nutzt das Abwasser zur Erzeugung von Öko-Wärme.“ Derzeit können 56.000 Wiener Haushalte mit grüner Wärme versorgt werden, ab 2027 wird sich diese Zahl auf 112.000 Haushalte verdoppeln.

Dritte Reinigungsstufe: Entfernung von Nährstoffen (Stickstoff, Phosphor)

Bis Ende 2039 müssen Kläranlagen größer als 150.000 Einwohnerwerte (EW), zu denen die Wiener Kläranlage mit einer Auslegung auf vier Millionen EW zählt, die gänzliche „Drittbehandlung“ (Tertiärbehandlung) des Abwassers umsetzen, worunter die Entfernung der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor fällt: Die Wiener Kläranlage hat ihre 3. Reinigungsstufe bereits im Jahr 2005 in Betrieb genommen, die in der EU-Richtlinie geforderten Entfernungsraten von Stickstoff (> 80 %) und Phosphor (> 90 %) werden schon seit damals erreicht.

Vierte Reinigungsstufe und „erweiterte Herstellerverantwortung“

Weiters ist die gestaffelte Einführung der „Viertbehandlung“ (Quartäre Behandlung) des Abwassers vorgesehen, um bestimmte Mikroschadstoffe zu entfernen. Artikel 9 regelt die „erweiterte Herstellerverantwortung“, wonach die Hersteller, die Mikroschadstoffe in Verkehr bringen, mindestens 80 % der Investitionen und der laufenden Betriebskosten für die 4. Reinigungsstufe tragen müssen, über die Verteilung der Gelder wird eine „Organisation für Herstellerverantwortung“ entscheiden.

Die ebswien als Betreiberin der städtischen Kläranlage beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit diesem Thema, wovon die gemeinsam mit Partnern durchgeführten Forschungsprojekte KomOzon (Entfernung der Mikroschadstoffe mittels Ozonierung; 2008-2011) und KomOzAk I (Entfernung der Mikroschadstoffe mittels einer Kombination aus Ozonierung und Aktivkohle; 2013-2015) zeugen. Klimastadtrat Czernohorszky: „Ich bin froh, dass nun weitestgehend Klarheit herrscht, welche Substanzen künftig bis zu welchem Grad aus dem Abwasser entfernt werden müssen. Das ermöglicht es der ebswien, konkrete Pläne für eine optimale Lösung zu erarbeiten.“

„Bei den Rahmenbedingungen für die künftige ,Organisation für Herstellerverantwortung‘ ist mir eines besonders wichtig“, so Klimastadtrat Czernohorszky: „Es muss sichergestellt sein, dass auch Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, insbesondere die Betreiber von Kläranlagen in diesem Gremium vertreten sind. Es kann nicht sein, dass die Industrie dort alleine die Regeln macht und das Geld verteilt.“

Die Wiener Abwasser-Profis

Mit einer Leitungslänge von mehr als 2.500 Kilometer ist Wien Kanal Österreichs größter Kanalnetzbetreiber. Rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür, dass täglich etwa eine halbe Milliarde Liter Abwasser von zwei Millionen Menschen und 170.000 Gebäuden sicher und umweltgerecht nach Simmering transportiert wird.

Die ebswien kläranlage & tierservice Ges.m.b.H., eine 100%ige Tochter der Stadt Wien, reinigt dort in der zentralen Kläranlage nach dem Vorbild der Natur alle Abwässer der Wienerinnen und Wiener: rund 6.000 Liter pro Sekunde, 200 Millionen Kubikmeter jährlich. Rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen in einer mechanischen Reinigungsstufe und zwei biologischen Reinigungsstufen dafür, dass die Donau „blau“ bleibt: Sie verlässt Wien im gleichen Zustand, in dem sie in die Stadt gekommen ist. Die Kläranlage ist zudem ein echtes „Öko-Kraftwerk“: Sie erzeugt aus erneuerbaren Quellen mehr Energie, als sie für die Abwasserreinigung benötigt. (Schluss) wög

Information

www.wien.gv.at/umwelt/kanal/

www.ebswien.at


Quelle: Stadt Wien



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Redaktion Salzburg

Redaktion Tennengau

Weitere Artikel von Redaktion Salzburg