Die Gegenwart und Zukunft von "wallen" - was das Jugendwort auch nach der Pandemie für uns bedeuten könnte

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Foto: PublicDomainPictures / pixabay.com
03 Aug 16:38 2022 von Redaktion International Print This Article

Neben den großen Maskenbergen, die viele von uns in allen Ecken angehäuft haben, werden uns wohl auch einige Wörter bleiben. Vielleicht nicht für die Ewigkeit, doch eins davon hat es schon unter die Jugendwörter 2022 geschafft. Neben Fressefreiheit, relatable und anderen anglizistisch angehauchten Wörtern steht Walls zwar alphabetisch weiter unten auf der Liste, hat aber nichtsdestotrotz nachhallende Bedeutung. Dabei existiert das Wort sowohl als Verb („wallen“) also auch als Nomen („walls“).

Eine Konversation könnte also zum Beispiel so verlaufen:

„Ey, was geht bei dir?“ - „Nicht viel, nur walls.“

„Yo, was machst du gerade?“ - „Bin am wallen, man!“

Wer nun nicht unbedingt zur Teen-Generation gehört, der wird vielleicht über dieses Wort stolpern. Wall...was?! Hat das etwa mit Wasser zu tun? Mit in Wallungen gebrachtes Blut? Dieses sonst eher mit gehobenem Sprachgebrauch in Verbindung gebrachte Wort darf sich nun einer Bedeutungsergänzung erfreuen.

Laut Duden kommt das alte „wallen“ aus dem Mittelhochdeutschen oder dem Althochdeutschen („wallan”), was so viel wie drehen, winden, wälzen bedeutet. Daher stammt wohl auch unsere Walze. Wenden wir uns von der Etymologie ab und der Grammatik zu, ergibt sich Folgendes:

  • Ich walle
  • Du wallst
  • Er / Sie / Es wallt
  • Wir wallen
  • Ihr wallt
  • Sie wallen

Und für noch mehr Grammatikfreude hier nun die Vergangenheitsformen Perfekt und Präteritum:

  • Ich habe gewallt
  • Wir wallten

Was hat dies nun zu bedeuten? Das neue „wallen“ ist in einem Anglizismus begründet, und basiert auf dem englischen Wort „walls“ (Wände). Näheres zu Herkunft und Bedeutung gibt es in diesem Artikel . Kurz gesagt bezeichnet es das, was in den eigenen vier Wänden passiert. Und das war eher wenig als viel, wenn man bedenkt, dass das Wort erstmals in der Coronapandemie aufgetaucht ist. Zwar ist die Pandemie (fingers crossed!) größtenteils überstanden, oder zumindest ist die Panik aus den Köpfen und Körpern der meisten verschwunden. Die Nachwirkungen werden uns jedoch wohl noch einige Zeit begleiten.

Wie haben denn nun viele Menschen die Pandemie verbracht? Wie hat die Menschheit in dieser Krisensituation „gewallt“? Da der Ausdruck an sich ziemlich vage ist, wagen wir nun ein kleines Gedankenkunststück und kreieren fantastische Szenarien für erfolgreiche Pandemie-Bewältigungsstrategien:

Frustration. Eine kleine Familie hat sich monatelang auf eine wohl verdiente Auszeit gefreut. Der Alltag ist geprägt von Büro, Kinder zu ihren Hobbys kutschieren und bei Freund*innen abholen, hastigen Abendessen am Familientisch und flüchtigen Begegnungen. Nun kommt das Virus, und die Urlaubspläne platzen.

Doch die Eltern lassen sich jedoch nicht unterkriegen und tapezieren kurzerhand das Wohnzimmer mit einer auf Amazon bestellen Karibiktapete. Außerdem erinnert sich der Vater an die Sandsäcke im Keller, die sie eigentlich für den Bau eines Sandkastens benutzen wollten, und trägt die ins Bad. Fertig ist das Strandfeeling in den eigenen vier Wänden.

Langeweile. Das Rudertraining findet schon seit Wochen nicht statt. Videospiele mit Rudersimulation werden nach dem hundertsten Spielen langsam uninteressant und die Muskeln verlieren an Ausdauer.

Um Motivation und Praxis nicht zu verlieren, vergleicht er schnell ein paar Erfahrungsberichte und bestellt sich dann ein Besten Rudergerät für die eigenen vier Wände.

Einsamkeit. Vor der Pandemie hat sie sich regelmäßig mit Freundinnen im Park getroffen. Sie sind gemeinsam spazieren gegangen, haben Boule gespielt oder ihr Lieblingsdessert verspeist.

Um den Kontakt nicht zu verlieren, treffen sie sich nun mindestens ein Mal die Woche über Zoom. Ihren Bildschirmschoner zieren nun Bilder von Bäumen, und im Hintergrund läuft Zen-Musik mit Wassergeräuschen und Vogelgezwitscher.

So oder ähnlich könnten Berichte von Einzelpersonen lauten, die das Beste aus der Situation gemacht und die Pandemie mehr oder weniger erfolgreich überstanden haben. Jede*r von uns hat seine oder ihre eigene Geschichte. Laut statista führten Beschäftigungen wie

  • die Teilnahme an Onlineseminaren
  • Mediennutzung
  • Aufräumen
  • und vor allem gesteigerter Handykonsum

die Liste der beliebtesten Freizeitaktivitäten in der ersten Phase der Pandemie an. Gefolgt von

  • Kochen
  • Bücher lesen
  • und in der Natur sein.

Aber wie wird die Zukunft von „wallen“ aussehen?

Wenn wir dem Trend glauben dürfen, sind Videospiele, Filme oder Serien streamen und Onlineshopping weiterhin sehr beliebt. Auch das „wallen“ an sich, allgemein als Faulenzen bezeichnet, hat an Bedeutung gewonnen. Ebenso wie auf der anderen Seite das Spazieren gehen oder ein Hobby ausüben.

Ob es das Wort „chillen“ aus dem Sprachgebrauch verdrängt, wird sich noch zeigen. Werden wir in Zukunft auch außerhalb unserer vier Wände „wallen“ können, oder wird dem Wort seine Entstehungszeit immer anhaften? Eins ist sicher: wir werden auf jeden Fall wieder gemeinsam „wallen“ können.



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