Portugal kämpft gegen Sog des Rettungsschirms

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26 Nov 23:01 2010 von Elisabeth Schwarzl Print This Article

In der europäischen Schuldenkrise stemmt sich nun auch Portugal verzweifelt gegen den Sog des Rettungsschirms

LISSABON. An den Finanzmärkten wächst die Erwartung, dass das Land nach Irland dort als nächstes Unterschlupf suchen muss. Die Regierung in Lissabon dementierte am Freitag zwar einen Zeitungsbericht, wonach andere Staaten auf einen Hilferuf dringen, um Ansteckungsgefahren zu unterbinden. Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos klagte aber, manche Euro-Partner versuchten, zur Stabilisierung des Euro die im Fokus stehenden Länder zu einem Hilfsgesuch zu nötigen.


 


Auch EU-Kommission und Bundesregierung wiesen den Bericht zurück. Zugleich allerdings mahnten sie Portugal am Tag der Parlamentsabstimmung über den Haushalt zu einem strikten Sparkurs. Investoren befürchten, dass das Land ohne EU-Hilfe auf Dauer seine Finanzierungskosten nicht in den Griff bekommt. Verschärft wird die Situation durch die anhaltende Debatte über eine Ausweitung des Rettungsschirms.


 


Das Hilfspaket für Irland ist noch nicht in trockenen Tüchern, da werden die nächsten Kandidaten ins Visier genommen. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" setzen die Mehrheit der Euro-Länder und die Europäische Zentralbank (EZB) Portugal unter Druck, von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) bereitgestellte Gelder in Anspruch zu nehmen. Ein Sprecher der Regierung in Lissabon nannte dies "vollkommen falsch". Diese Formulierung gebrauchte auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der früher Ministerpräsident des Landes war. Ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin unterstrich die Bedeutung der Sparbemühungen Portugals. "Die Bundesregierung drängt niemanden unter den Rettungsschirm", machte er zugleich deutlich. Ähnliches ließ die Regierung Spaniens verlauten.


 


"DIE MÄRKTE SUCHEN IHR NÄCHSTES OPFER"


Das Land gilt als weiterer Wackelkandidat im Euro-Raum. Der Zeitung zufolge wollen Euro-Länder durch ihren Druck auf die portugiesische Regierung Spanien vor einer Rettungsaktion bewahren. "Wenn Portugal den Schirm nutzen würde, wäre das für Spanien gut, weil das Land in Portugal stark engagiert ist", zitierte das Blatt aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums. Der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero schloss "absolut" aus, dass sein eigenes Land ein Rettungspaket benötigt. Die Investoren, die gegen Spanien wetteten, machten einen Fehler, sagte er dem Radiosender RAC1.


 


Gerade mit Blick auf das Eurozonen-Schwergewicht Spanien schlagen Wirtschaftsexperten eine Erhöhung des aktuellen Garantierahmens von EU und IWF auf bis zu 1,5 Billionen Euro von derzeit 750 Milliarden vor. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt dies vehement ab. "Es wird derzeit unheimlich viel spekuliert", sagte er "Bayern2". "Und da gewinnen auch ganz abseitige Äußerungen plötzlich eine Bedeutung und verunsichern die Märkte."


 


Auch Portugals Ministerpräsident Jose Socrates hat wiederholt betont, sein Land strebe keine Rettungsaktion an. Das Parlament beschloss am Freitag den Haushalt für das kommende Jahr, mit dem das Defizit durch Ausgabensenkungen deutlich gedrückt werden soll. "Im aktuellen Kontext der Finanzmärkte muss es unsere Priorität sein, die Finanzkanäle zu öffnen, die die Arbeit von Unternehmen, Familien und des Staates garantieren", sagte Finanzminister dos Santos.


 


Der Risikoaufschlag, den Investoren für den Kauf einer zehnjährigen portugiesischen Staatsanleihe im Vergleich zur deutschen verlangen, stieg auf 464 Basispunkte. Die Gefahrenzulage für die spanischen Bonds kletterte auf 266 Basispunkte und lag damit so hoch wie noch nie seit Einführung des Euro. "Der Markt konzentriert sich wirklich stärker auf Spanien als auf Portugal", sagte Zinsstratege Nick Stamenkovic von RIA Capital Markets. "Die meisten Leute halten eine Geldspritze für Portugal für unvermeidlich. Sie suchen nach dem nächsten Opfer." Der Euro verlor zum Dollar weiter an Wert.


 


Das geplante Hilfspaket für Irland über voraussichtlich 85 Milliarden Euro steht unterdessen kurz vor dem Abschluss. Schäuble geht davon aus, dass EU-Kommission, IWF und EZB zum Wochenbeginn die nötigen Entscheidungen treffen.


(Quelle.Reuters)



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