Der Antrieb des Mercedes-Benz SLS AMG E-CELL

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24 Mär 04:47 2012 von Peter Podznik Print This Article

Hightech - sichtbar gemacht

STUTTGART. Mit dem Elektrik-Antriebsstrang des SLS AMG E-CELL gibt die Mercedes-AMG GmbH einen weiteren Einblick in ihr aktuelles Entwicklungsprojekt.


 


Der Antriebsstrang wird seit 2010 als Ergebnis der Kooperation von Mercedes-AMG und „Mercedes AMG High Performance Powertrains“ in Brixworth gemeinsam entwickelt. Vier radnah angeordnete Synchron-Elektromotoren mit 392 kW Höchstleistung und einem Drehmoment von 880 Newtonmetern sorgen im SLS AMG E-CELL für faszinierende Fahrdynamik. Als Monocoque-Gehäuse für die Hochvoltbatterie dient ein Carbon-Mitteltunnel, der konstruktiv in die Aluminium-


Rohkarosserie integriert und fest mit ihr verklebt ist.


 


Die leichten Faserverbundstoffe haben ihren Ursprung unter anderem in der Formel 1. Eine Kleinserie des Mercedes-Benz SLS AMG E-CELL wird 2013 ihre Markteinführung erleben.


 


Der kraftvolle und lokal emissionsfreie Supersportwagen mit Elektroantrieb ist ein weiteres Synonym für die Innovationskraft und Entwicklungskompetenz der Performance-Marke AMG. Das wegweisende Antriebspaket des Technologieträgers überzeugt: Für kräftigen Vortrieb sorgen vier Synchron-Elektromotoren mit einer Höchstleistung von zusammen 392 kW und einem maximalen Drehmoment von 880 Newtonmetern. Die vier kompakten Elektromotoren erreichen eine Maximaldrehzahl von jeweils 12.000/min und sind radnah angeordnet; damit werden die ungefederten Massen gegenüber Radnabenmotoren erheblich reduziert. Ein Getriebe pro Achse stellt den Kraftschluss her. Beschleunigung von null auf 100 km/h in 4,0 Sekunden.


 


In puncto Dynamik setzt der elektrisch angetriebene SLS ein Statement:


Die Beschleunigung von null auf 100 km/h absolviert der Flügeltürer in


4,0 Sekunden und rangiert fast auf dem gleich hohen Niveau wie der


SLS AMG mit 420 kW (571 PS) starkem AMG 6,3-Liter-V8-Motor; dieser erreicht


Tempo 100 aus dem Stand in 3,8 Sekunden.




Für Begeisterung sorgen das agile Ansprechverhalten auf Fahrpedalbewegungen


und die lineare Leistungsabgabe: Anders als bei einem Verbrennungsmotor erfolgt der Momentenaufbau bei einem Elektromotor verzögerungsfrei – das maximale Drehmoment steht praktisch aus dem Stand parat. Der spontane Drehmomentaufbau und die druckvolle Kraftentfaltung ohne jegliche Zugkraftunterbrechung vereinen sich mit einem vibrationsfreien Motorlauf.


 


Die wichtigsten Daten im Überblick:


SLS AMG E-CELL


Höchstleistung 392 kW


Drehmoment 880 Nm


0-100 km/h 4,0 s


Energieinhalt 3 x 16 kWh = 48 kWh


Allradantrieb mit Torque Vectoring ermöglicht völlig neue Freiheiten


Vier Räder, vier Motoren – der intelligente und permanente Allradantrieb des


Elektro-SLS garantiert Fahrdynamik auf höchstem Niveau bei gleichzeitig


bestmöglicher aktiver Sicherheit. Damit ist bei sämtlichen Witterungsbedingungen


die bestmögliche Traktion sichergestellt. Unter dem Fachbegriff


„Torque Vectoring“ (engl.: torque – Drehmoment, vectoring – Verteilung)


verstehen die AMG Entwickler die individuelle Ansteuerung der E-Motoren, was


völlig neue Freiheiten ermöglicht. Torque Vectoring ist permanent aktiv und


ermöglicht eine selektive Kraftverteilung für jedes einzelne Rad.


 


Von der intelligenten Verteilung der Antriebsmomente profitieren Fahrdynamik,


Fahrverhalten, Fahrsicherheit und Fahrkomfort.




Jedes Rad kann separat und je nach Fahrsituation elektrisch angetrieben


und elektrisch gebremst werden, um


· das Einlenkverhalten des Fahrzeuges zu optimieren,


· die Unter-/Übersteuertendenz zu reduzieren,


· die Gierdämpfung des Grundfahrzeuges zu erhöhen,


· den Lenkaufwand und den Lenkwinkelbedarf zu reduzieren,


· die Traktion zu erhöhen,


· die Anzahl der ESP®-Eingriffe zu minimieren.


 


 Torque Vectoring bewirkt in jedem Fahrzustand eine optimale Ausnutzung


des Kraftschlusspotenzials zwischen Reifen und Fahrbahn und stellt somit


eine Erweiterung des fahrdynamischen Grenzbereiches dar.




Hightech aus der Formel 1: Lithium-Ionen Hochvoltbatterie


Der SLS AMG E-CELL verfügt über eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen


Hochvoltbatterie in Modulbauweise mit einem Energiegehalt von 48 Kilowattstunden.




Bei der Entwicklung kommt Hightech aus der Formel 1 zum Einsatz:


Die Batterie ist das erste Ergebnis der Kooperation zwischen der Mercedes-AMG


GmbH in Affalterbach und Mercedes AMG High Performance Powertrains


(früher: Mercedes-Benz High Performance Engines). Das in Brixworth/


Großbritannien ansässige Unternehmen arbeitet schon seit langem eng mit


AMG zusammen.


 


Dabei profitieren die F1-Motorexperten von ihrem großen Know-how mit KERS Hybrid, das in der Formel 1-Saison 2009 debütierte. Beim Großen Preis von Ungarn 2009 erzielte Lewis Hamilton mit dem Mercedes-Benz KER-System den historischen ersten Sieg eines Formel 1-Fahrzeugs mit KERS Hybrid.


 


Die Hochvoltbatterie besteht aus 12 Modulen à 72 Lithium-Ionen Polymerzellen


– vom optimierten Arrangement der insgesamt 864 Zellen profitiert nicht nur


die Bauraumausnutzung, sondern auch die Leistungsfähigkeit.


 


Die maximale elektrische Belastungsmöglichkeit der Hochvoltbatterie liegt bei 480 Kilowatt, ein absoluter Bestwert im Automobilsektor. Technische Voraussetzung für


diese beachtliche Leistungsfähigkeit ist auch die intelligente Parallelschaltung


der einzelnen Batteriemodule – sie maximiert zudem auch die Sicherheit,


Zuverlässigkeit und Lebensdauer des Stromspeichers. Wie in der Formel 1 wird die 400-Volt-Batterie mittels gezielter Rekuperation beim Bremsen im Fahrbetrieb aufgeladen.


 


Leistungsfähige Steuerung sowie effektive Kühlung aller Komponenten


Eine leistungsfähige elektronische Steuerung wandelt den Gleichstrom aus der


Hochvoltbatterie in den für die Synchronmotoren nötigen Drehstrom um und


regelt die Energieströme in jedem Betriebszustand. Zwei Niedertemperatur-


Kühlkreisläufe sorgen für ausgeglichene Betriebstemperaturen der vier


Elektromotoren und der Leistungselektronik. Ein separater Niedertemperatur-


Kreislauf ist für die Kühlung der Lithium-Ionen Hochvoltbatterie zuständig.




Bei niedrigen Außentemperaturen wird die Batterie mithilfe eines elektrischen


Heizelementes schnell auf Betriebstemperatur gebracht; hiervon profitiert die


Gesamtlebensdauer der Batterie. Bei extrem hohen Außentemperaturen kann


der Kühlkreislauf für die Batterie mithilfe der Klimaanlage zusätzlich gekühlt


werden.


 


Leichtbaustrategie „AMG Lightweight Performance“


Die zukunftsweisende Rohbaustruktur des SLS AMG E-CELL ist fester


Bestandteil der ambitionierten Leichtbaustrategie „AMG Lightweight


Performance“. Die Batterie findet ihren Platz in einem Carbon-Monocoque, das integrativer Bestandteil der Rohkarosserie und Rückgrat des Flügeltürers ist.


 


Auch die Faserverbundstoffe haben ihren Ursprung unter anderem in der


Formel 1. Für die Konstruktion des Monocoques nutzen die Ingenieure von


AMG die Vorteile von Carbon. Dazu zählen hohe Festigkeit, die extrem steife


Strukturen in Bezug auf Torsion und Biegung ermöglicht, exzellente Crash-


Performance sowie geringes Gewicht. Bei gleicher Stabilität sind CFK-Bauteile


bis zu 50 Prozent leichter als vergleichbare aus Stahl gefertigte Komponenten.




Gegenüber Aluminium beträgt die Gewichtseinsparung immer noch etwa


30 Prozent bei weitaus geringerer Materialstärke. Die Gewichtsvorteile durch


das Batterie-Carbon-Monocoque kommen der Agilität des SLS AMG E-CELL


zugute und ermöglichen in Kombination mit dem hochinnovativen,


radselektiven Vierradantrieb begeisternden Fahrspaß.




Das Batterie-Carbon-Monocoque ist überdies als „Zero Intrusion Cell“ für die


höchsten Anforderungen an die Crash-Sicherheit ausgelegt. Es schützt die


Batteriemodule im Inneren vor Verformungen und Beschädigungen im Falle


eines Crashs.




Basis für die CFK-Konstruktion sind feine Carbonfasern, zehnmal dünner als ein


menschliches Haar. Gespannt auf einer Strecke von hier bis zum Mond würde


die innovative Faser nur 25 Gramm wiegen. 1.000 bis 24.000 dieser Fasern


werden zu Einzelsträngen zusammengefasst. Web- und Nähmaschinen fertigen


daraus mehrlagige Fasermatten, die sich zu dreidimensionalen Gebilden formen


lassen. Wird flüssiges Kunstharz injiziert, härtet dies aus und verleiht der


gewünschten Struktur die endgültige Form und Stabilität.




Mercedes-Benz und AMG haben mit dem SLR, den AMG Black Series


Fahrzeugen und im Motorsport mehr als zehn Jahre Know-how im Umgang mit


Carbonfaser-Werkstoffen gesammelt. Aktuell fertigt AMG beispielsweise die


Kardanwelle des SLS AMG aus Carbon. Im SLS AMG Roadster ist die tragende


Struktur zur Aufnahme des Windschotts serienmäßig als Carbonsandwichstruktur


ausgeführt. Dieses Bauteil zeigt heute schon mit extrem kurzen


Zykluszeiten in einem industriell orientierten Fertigungsverfahren, was morgen


möglich sein wird.


 


Optimale Gewichtsverteilung und tiefer Schwerpunkt


Der rein elektrische Antrieb wurde bereits in der Konzeptphase des Flügeltürers


berücksichtigt. Das Packaging bietet optimale Voraussetzungen für die


Integration des leistungsfähigen und emissionsfreien Technologie-Pakets: So


können die vier Elektromotoren und die zwei Getriebe möglichst nah an den


vier Rädern und tief unten im Fahrzeug platziert werden.


 


Das Gleiche gilt für die Hochvoltbatterie in Modulbauweise. Die Vorteile dieser Lösung sind der tiefe Fahrzeugschwerpunkt und die ausgeglichene Gewichtsverteilung – ideale Bedingungen für ein optimales Handling, das der elektrisch angetriebene Flügeltürer mit seinem benzinbetriebenen Schwestermodell teilt.


 


Neue Vorderachskonstruktion mit Pushrod-Federbeinen


Der zusätzliche Antrieb der Vorderräder verlangt nach einer neu konstruierten


Vorderachse: Anders als im Serienfahrzeug mit AMG V8-Motor, das über


eine Doppelquerlenker-Achse verfügt, kommt beim SLS AMG E-CELL eine


Raumlenkerachse mit Pushrod-Federbeinen zum Einsatz. Der Grund: Die


beim Serien-SLS stehend angeordneten Federbeine müssen den zusätzlichen


Antriebswellen weichen. Wie bei zahlreichen Rennfahrzeugen üblich, kommen


nun liegende Federbeine zum Einsatz, die über separate Schubstangen


(englisch: push rods) und Umlenkhebel betätigt werden.




Dank der aufwendigen, Motorsporterprobten Vorderachskonstruktion befinden


sich Agilität und Fahrdynamik des SLS AMG E-CELL auf dem gleich hohen


Niveau wie bei der V8-Variante. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal


betrifft die Parameter-Servolenkung mit Zahnstangen-Lenkgetriebe: Die


Servounterstützung erfolgt elektrohydraulisch statt hydraulisch.




AMG Keramik-Verbundbremsanlage für perfekte Verzögerung


Der Technologieträger verzögert mithilfe der AMG Keramik-Hochleistungs-


Verbundbremsanlage; sie überzeugt durch kürzeste Bremswege, einen präzisen


Druckpunkt und höchste Standfestigkeit auch bei extremen Einsatzbedingungen.




Die üppig dimensionierten Scheiben – vorn 402 x 39 Millimeter,


hinten 360 x 32 Millimeter – bestehen aus mit Kohlefasern verstärkter


Keramik, sind rundum in Verbundbauweise konzipiert und schwimmend radial


mit einem Aluminiumtopf verbunden. Gegenüber den herkömmlichen


Graugussbremsscheiben sind die Keramikbremsscheiben um insgesamt 40


Prozent leichter. Die Reduzierung der ungefederten Massen steigert nicht nur


Fahrdynamik und Agilität, dadurch verbessern sich sowohl der Fahrkomfort als


auch der Grip. Die reduzierten rotierenden Massen an der Vorderachse sorgen


außerdem für ein direkteres Ansprechen der Lenkung, was sich vor allem in


schnell gefahrenen Autobahnkurven auswirkt. Antiblockiersystem und ESPÒ


sind auf das spezielle Einsatzspektrum des permanenten Allradantriebs


abgestimmt.


CPP.




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Claus-Peter Pozdnik

Claus Peter Pozdnik, Redakteur/Motormagazin

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