Schelling: Steuerreform ist ohne neue Steuern machbar

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17 Dez 01:29 2014 von Oswald Schwarzl Print This Article

Bei Gegenfinanzierung scheiden sich Geister

LINZ. „Die Steuerreform, die wir uns vorgenommen haben, ist sicher die schwierigste Herausforderung unter den gegebenen budgetären und konjunkturellen Bedingungen“, betonte Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling bei der Veranstaltung „Minister im Dialog“ am 15. Dezember 2014 im RaiffeisenForum der Raiffeisenlandesbank OÖ. Heute wird der Expertenbericht zur Steuerreform übergeben. Schon heute wird er auch auf der Homepage des Finanzministeriums zu lesen sein.

Und morgen treffen sich erstmals die Verhandlungsteams der Regierungsparteien, die sich auch mit dem Bericht der Steuerreformkommission auseinandersetzen werden. Den Vortrag des Finanzministers und die anschließende Diskussion mit Raiffeisenlandesbank OÖ-Generaldirektor Dr. Heinrich Schaller und Industriellenvereinigung OÖ-Präsident Dr. Axel Greiner verfolgten rund 1.400 interessierte Gäste.

Tarifsenkung, Investitionsklima, Familienleistung
Es müsste vernünftig investiert und vernünftige Maßnahmen müssten gesetzt werden, um diese Republik nach vorne zu bringen, meinte der Finanzminister. Bei der Steuerreform sollen laut seinem Modell von den zur Verfügung stehenden fünf Milliarden Euro 3,8 Milliarden in Tarifsenkungen gehen, 800 Millionen zur Ankurbelung der Wirtschaft und 400 Millionen für eine verbesserte Familienleistung verwendet werden.

Treffgenaue Maßnahmen
Die Tarifsenkungen müssten aber so treffgenau sein, dass sichergestellt ist, dass damit Wachstum und Beschäftigung angekurbelt werden. Schellings Steuerreformkonzept beinhaltet einen auf 25 Prozent sinkenden Eingangssteuersatz. Bei Jahreseinkommen von 11.000 bis 30.000 Euro sprach der Finanzminister von insgesamt zwei Milliarden Euro Entlastung, um den Konsum zu beleben und Wachstum zu generieren. Der Höchststeuersatz von 50 Prozent soll statt bei 60.000 Euro erst ab 100.000 Euro Jahreseinkommen greifen, was ebenfalls dem Investitionsverhalten helfen soll. Für die Wirtschaft sei ein positives Investitionsklima wichtig, sonst werde es kein nachhaltiges Wachstum geben.

Entlasten, vereinfachen, entrümpeln und entbürokratisieren
Die Reform soll darüber hinaus nicht nur entlasten, sie soll auch vereinfachen, entrümpeln und entbürokratisieren, etwa durch eine antraglose Familienbeihilfe oder einen automatischen Jahresausgleich.

Ausgabenproblem ohne neue Steuern lösen
„Bei der Frage der Gegenfinanzierung stehen zwei unterschiedliche Konzepte zur Diskussion “, skizzierte Schelling die Ausgangslage für die Verhandlungen. „Österreich hat ein Ausgabenproblem aber kein Einnahmenproblem. Wir haben in guten Jahren keinen Speck angesetzt, sondern nur Geld ausgegeben. Wir können nicht davon reden, dass wir zu wenig Geld hätten, wir geben es nur offensichtlich falsch aus.“ Schelling zeigte sich überzeugt, dass es möglich sei, ein Ausgabenproblem ohne neue Steuern zu lösen.

„Wer nicht beginnt, kommt nicht ans Ende“
Ziel müsse sein, die gesamte Steuer- und Abgabenquote zu senken. Dann sei der Standort Österreich wieder wettbewerbsfähig. Dazu brauche es jedoch Reformen. „Jeden Tag, an dem wir diese Reformen nicht starten, kostet das in Zukunft mehr Geld. Wer nicht beginnt, kommt auch nicht ans Ende. Wer nur über neue Steuern diskutiert, will damit nur kaschieren, dass er keine Reformen haben will.“

Zusätzliche Entlastung 2019 und 2020
So soll es möglich sein, in den Jahren 2019 und 2020 noch einmal je eine zusätzliche Milliarde Euro Entlastung zu schaffen. Voraussetzung ist laut Schelling, dass alle bereit seien, sich mit den Themen Pensionen, Verwaltung und Arbeitsmarktreform zu beschäftigen. „Wenn das gelingt, sollen die Bürgerinnen und Bürger etwas davon haben. Daher müssen wir diese Reformschritte dringend angehen.“     

Greiner: An den Standort denken
„Das Wichtige für die Zukunft ist, das zu tun, was gut und richtig für den Standort ist und nicht das, was gut für die Klientel und die Partei ist. Denn was wir heute in kurzfristigen Lösungen für die eigene Klientel investieren, rächt sich bitter in der Zukunft. Und ich glaube, man spürt schon, dass es jetzt in die richtige Richtung geht“, zeigte sich Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung OÖ, zufrieden mit dem Stil des neuen Finanzministers. Er warnte davor, Reformen noch weiter hinauszuzögern: „Wenn wir so weitermachen wie bisher, führt uns das finanziell in einen Abgrund, den wir uns einfach nicht leisten können. Und je später wir die Reformen angehen, desto härter werden auch die Einschnitte werden.“

Faktor Arbeit entlasten
Greiner forderte eine Entlastung der Einkommen und weniger Regularien: „Das, was bei den Unternehmen an Steueraufkommen ankommt, ist gewaltig. Wir ersticken in Regeln, die der Industrie das Leben schwer machen. Und es gibt Bagatellsteuern, Vorschriften und Pflichten, die nicht notwendig sind.“ Es brauche stabile Gesetze und dadurch auch Planungssicherheit für Unternehmen, damit auch künftig Investitionen getätigt werden können. „In der Vergangenheit wurden immer wieder Gesetze so abgeändert, dass den Unternehmen die Zukunftsplanung erschwert wurde. Es darf keine Anlassgesetzgebung geben, sodass der Planungshorizont für die Unternehmen immer kürzer wird, denn dann investiert auch niemand mehr.“

Schaller: Steuerreform muss Impulse bringen
An die Steuerreform hat Raiffeisenlandesbank OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller insbesondere zwei Erwartungen: „Wir müssen sowohl bei den Privatpersonen als auch bei den Unternehmen zu Entlastungen kommen. Wir brauchen dringend Impulse, durch die der private Konsum wieder angekurbelt wird und wir brauchen Maßnahmen, damit die Unternehmer wieder bereit sind, zu investieren.“ Schaller forderte darüber hinaus eine genaue und ehrliche Analyse der Ausgabenseite - vor allem, wenn es um die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten geht: „Gibt es Tätigkeiten, die auf verschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften doppelt gemacht werden? Wenn ja, muss das vereinfacht werden.“

Regulierungswut eindämmen
Ebenso wie Finanzminister Hans Jörg Schelling verurteilte Schaller die überbordenden Vorschriften: „Auf EU-Ebene hat sich eine Regulierungswut entwickelt, die scheinbar kaum mehr zu stoppen ist. Davon sind ja nicht nur die Banken, sondern vom Gastronomie- bis zum Industriebetrieb praktisch alle Branchen betroffen.“ Dieses „zu Tode regulieren“ koste eine Menge Geld, das aber für Investitionen gebraucht würde. So sei der Bilanzcheck und Stresstest für Banken ein enormer zeitlicher und finanzieller Aufwand, der nicht zu rechtfertigen sei.

Bankenabgabe abschaffen
Der Bankensektor sei darüber hinaus auch durch neue Steuern extrem belastet. „Die Bankenabgabe muss wieder abgeschafft werden. Oder man muss sich etwas einfallen lassen, wie man diese Steuer gegen andere Belastungen aufrechnen kann. Schließlich müssen wir ja nicht nur die Bankenabgabe stemmen, sondern künftig zusätzlich einen Einlagensicherungs- und einen Abwicklungstopf füllen. Es wird uns durch diese überhöhten Steuern und Eigenkapitalanforderungen ja schon jetzt erschwert, unserer Kernaufgabe als Bank nachzukommen – nämlich die Realwirtschaft zu unterstützen“, so Schaller.

Hiesl: Oberösterreich hat Vorsorge getroffen
„Die Steuerreform wird die Bundesländer und damit auch Oberösterreich betreffen. Aber wir haben Vorsorge getroffen, dass wir die Aufgaben bewältigen können“, so Landeshauptmann-Stv. Franz Hiesl. Basis sei hier vor allem der ausgeglichene Landeshaushalt, der Anfang Dezember beschlossen wurde. Oberösterreich stehe laut Hiesl gut da. „Wir haben uns mit der Spitalsreform und Maßnahmen in der Verwaltung um die Ausgabenseite gekümmert. Damit wir aber weiterhin mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1.200 Euro im Spitzenfeld unter den Bundesländern bleiben, müssen wir konsequent den eingeschlagenen Weg fortsetzen.“

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Chefredakteur in Ruhe

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