Salzburgs ältester Wasserversorger mit bayerischen Wurzeln

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07 Sep 07:00 2017 von Redaktion Salzburg Print This Article

Das mehr als tausendjährige Multitalent Almkanal versorgt die Landeshauptstadt bis heute mit Energie und Wasser

Wem die Festspielhausbesucher schwitzfreie Aufführungen zu verdanken haben, wer ein Heißlaufen der Landes-Server verhindert, wer für duftendes Brot aus der Klosterbäckerei sorgt und wofür sogar eine Staatsgrenze um ein Eckchen verlegt wurde, verrät dieser "Salzburger Grenzfall" zum Almkanal.

Zu Zeiten der Grenzbalken passierten Salzburger Autofahrer auf dem Weg nach Berchtesgaden bei Hangendenstein ein kleines Stück Niemandsland zwischen den Kontrollstellen auf österreichischer und bayerischer Seite. Freilich war und ist jeder Zentimeter Staatsgebiet genau vermessen, doch macht die Staatsgrenze an der Stelle, wo die aus Bayern kommende Berchtesgadener Ache auf Salzburger Seite zur Königsseeache wird, einen erstaunlichen Knick. Grund dafür ist ein eigener Vertrag mit Deutschland aus dem Jahr 1851, der die Einleitung des Achenwassers in den Almkanal auf österreichischem Gebiet sichert. Früher ging man lieber auf Nummer sicher, schließlich ist der Almkanal seit Jahrhunderten eine Lebensader der Landeshauptstadt.

Begehbarer Wasserstollen unter der Festung

Schon seit dem 8. Jahrhundert leitete man das kostbare Nass aus dem vom Untersbergwasser gespeisten Leopoldskroner Moor in die Stadt. 1137 bis 1143 ließen das Salzburger Domkapitel und das Stift St. Peter einen rund 400 Meter langen Stollen durch den Mönchsberg graben und schufen damit das älteste mittelalterliche Stollensystem Mitteleuropas. Der Stiftarmstollen ist mehr als 860 Jahre zur Wasserversorgung der Stadt in Betrieb und wird alljährlich im September für Revisionsarbeiten trockengelegt. Während dieser "Almabkehr" gelangen Neugierige trockenen Fußes durch den knapp einen Meter breiten und zwei Meter hohen Stollen unter dem Festungsberg hindurch vom Nonntal in die Salzburger Altstadt. Dort fächert sich der Kanal in mehrere Arme, die über kurz oder lang allesamt in der Salzach enden, auf.

Energielieferant und Bio-Klimaanlage

Seit dem 13. Jahrhundert besteht die Verbindung zur Königsseeache, zu der Einheimische auch Alm sagen. Neben der Wasserversorgung dient die Alm mit einem Höhenunterschied von 46 Metern zwischen Hangendenstein und Mülln, die etwa 5,5 Kubikmeter Wasser je Sekunde führt, bis heute als Energielieferant. Zur Blütezeit Ende des 19. Jahrhunderts waren es 63 Werke mit mehr als 100 Wasserrädern und einer Gesamtleistung von nahezu 2.000 PS. Heute sind davon noch 17 Kraftwerke geblieben, darunter die Eichetmühle in Grödig als ältestes Laufkraftwerk Salzburgs, das noch im Betrieb ist.

Das Alm-Wasser aus Bayern wird etwa als Betrieb der Stiftsbäckerei von St. Peter genutzt, kühlt als Aircondition das Festspielhaus, klimatisiert weiters die Universitätsaula, das Haus der Natur oder die EDV-Anlagen der Landesverwaltung am Mozartplatz und liefert über ein Notstromaggregat zusätzlichen Strom für Krankenpflegeschule und Landeskrankenhaus.

Weiden mit Köpfen und Surfen auf der Alm

Als wäre das noch nicht genug an Nutzen, ist der Almkanal auch noch Biotop und Freizeitoase. Am Kanalufer – und nur dort – stehen seit Jahrhunderten in Österreich und Bayern einmalige Kopfweiden. Alle zwei Jahre greift der Baumpfleger zur Schere, damit die 450 Bäume am Kanalrand ihre typische knorrige Form behalten. Sie sind seit 2015 Teil eines Natura-2000-Schutzgebiets für seltene Käferarten, die das Holz der Weiden als Zuhause schätzen. Und Wassersportfreunde surfen in Gneis seit 2010 auf der ersten stehenden Welle in Österreich. Diese rund einen halben Meter hohe Almwelle wird durch eine Rampe im Almkanal erzeugt.

Kurioses über Grenzen hinweg

Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann im Webshop des Landes um 6,90 Euro bestellt werden, digitale Versionen aller vier Bände stehen dort zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.


Quelle: Land Salzburg



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