Mit Fakten gegen Mythen: Wohnen in der Stadt Salzburg

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Foto: Stadt Salzburg / K. Schupfer
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17 Mär 04:00 2018 von Redaktion Salzburg Print This Article

Vbgm. Anja Hagenauer: Aktuelle SIR-Studie räumt mit vielen Vorurteilen auf

Salzburg ist die Hauptstadt der Wohnungsnot. Massenhaft stehen Leute hier auf der Straße. Es werden nämlich viel zu wenige Wohnungen gebaut. Und Alte, deren Kinder längst weg sind, kann man ganz leicht in kleinere Wohnungen umsiedeln…

„Das sind nur einige der Mythen, mit denen wir schleunigst aufräumen müssen“, sagt die ressortzuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer bei einem Medientermin am Freitag, 16. März 2018, zu solchen, oft geäußerten Meinungen. Gemeinsam mit Expertin Inge Straßl vom Salzburger Institut für Raumordnung & Wohnen und der neuen Leiterin des Wohnungsamtes, Dagmar Steiner, präsentierte Hagenauer die aktuelle SIR-Studie „Mietwohnbau in der Stadt Salzburg. Entwicklung und Status“.

Ziel Neubau von 300 Mietwohnungen pro Jahr erfüllt

Hagenauer: „Ich will, dass wir uns politisch ausschließlich auf der Grundlage von hard facts mit dem Thema Wohnen auseinandersetzen. Mit der SIR-Studie haben wir nun endlich die wissenschaftliche Basis dafür. Sie verdeutlicht die Wirklichkeit. Tatsächlich wurden die langjährigen politischen Vorgaben – rund 300 neue, geförderte Mietwohnungen pro Jahr – eingehalten. Womit wir freilich konfrontiert sind, ist eine ‚Versingelung‘ ungeahnten Ausmaßes. Wir haben kaum echte Wohnungslose aber einen hohen Verbesserungsbedarf. Und zudem 25.000 Zweitwohnsitze, die wir lieber früher als später als Hauptwohnsitze gewinnen sollten. Außerdem müssen wir innovativ Nachverdichten, Vielfalt beim Wohnen forcieren sowie einen Ausgleich zwischen dem Norden und dem Süden der Stadt beim Mietwohnungsneubau schaffen.“

Bevölkerung wächst seit dem Jahr 2000 wieder

Laut Studie (Details siehe Beilage) ist die Bevölkerungszahl der Stadt – nach einem 10-Jahres-Stillstand – von 2000 bis 2017 um 7,4 % auf 153.766 Einwohner gewachsen. Wobei die Jungen (0 – 9 Jahre) um 3,2 % abnahmen, während die Altersgruppe der 60 bis 69-Jährigen um fast 31 % mehr wurde. Die über 70-Jährigen nahmen um 23 % zu.

Bereits 46,4 Prozent Single-Haushalte

Verglichen mit anderen Städten sind die Salzburger*innen wahre „Umzugsmuffel“. Inge Straßl: „Sie wechseln selten den Wohnsitz. Geförderte Mietwohnungen werden nicht als Zwischenlösung, sondern als langfristige Wohnoption angesehen.“ Die Größe der Haushalte habe in den letzten Jahrzehnten freilich sukzessive abgenommen. 2015 waren in der Stadt Salzburg bereits 46,4 % der Privathaushalte nur mehr 1-Personen-Haushalte. Die Wohnfläche pro Person stieg hingegen österreichweit von 32,7 qm (1990) auf 44,7 qm (2014).

Aufgrund ihrer hohen Attraktivität bei kleiner Fläche hat die Stadt mit einer Verknappung der Baulandressourcen und entsprechenden Preissteigerungen zu kämpfen. Auf den geförderten Mietwohnungsbau wirkt sich das insofern aus, als der Erwerb von Grundstücken im Rahmen des geförderten Wohnbaus oft gar nicht mehr möglich ist.

Stadt hat Vergaberechte für 8.600 Wohnungen

Der Stadt selbst gehören aktuell 1.802 Wohnungen. Diese werden von der KgL (Kommunale gswb Liegenschaftsverwaltung GmbH) verwaltet und vom Wohnungsamt vergeben. Die KgL ist eine Tochterfirma von Stadt (80 %) und gswb (20 %). Die Stadt-Wohnungen unterliegen dem Mietrechtsgesetz (MRG). Der Großteil der weiteren 15.715 geförderten Mietwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen dagegen dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Insgesamt stieg die Zahl der geförderten Mietwohnungen seit 2013 von 13.459 um 4.058 Wohnungen auf nunmehr insgesamt 17.517. Dank entsprechender Vereinbarungen mit den Wohnbauträgern hatte das Wohnungsamt der Stadt 2017 Vergaberechte für rund 8.600 Wohnungen.

Kaum Wohnungslose aber hoher Verbesserungsbedarf

„Im langjährigen Schnitt konnten wir rund 460 bis 600 Wohnungen zuweisen. Das hängt immer von der Bautätigkeit ab“, sagt Dagmar Steiner, die neue Leiterin des Wohnungsamtes. Aktuell liegen im Wohnungsamt 3.008 Anträge um Zuerkennung einer Wohnung auf (Stichtag: 1. Mai 2017). Tatsache sei freilich, dass „die wenigsten der Wohnungssuchenden tatsächlich wohnungslos sind“, so Steiner. „Zumeist besteht aber ein dringender Verbesserungsbedarf, etwa aufgrund geänderter Familienverhältnisse (Kind/er) oder wegen des Zustands der Wohnung.“ Die Akutfälle würden mehr. Vermeintliche „Klassiker“ – wie das junge Paar, das derzeit noch bei den Eltern wohnt, und ausziehen möchte –immer weniger. Aber auch diese können um eine geförderte Mietwohnung im Wohnungsamt ansuchen

Trotz Not: je rund 300 Verzichte in letzten zwei Jahren

Trotz tatsächlicher bzw. vermeintlicher Wohnungsnot würden aber auch die Verzichte massiv zunehmen. 2016 war ein gutes Jahr mit insgesamt 883 Wohnungsvergaben (Bestand und Neubau), es gab jedoch 33 % Verzichte. 2017 waren es 699 Vergaben mit 46% Verzichten.

Steiner: „Kurz gesagt, 291 bzw. 321 von uns in den letzten beiden Jahren zur Verfügung gestellten Wohnungen wurden von den Menschen nicht angenommen.“ Teils hatte das Wohnungsamt unzureichende Angaben über die Wohnung (Stichworte: Barrierefreiheit, Bäder-Ausstattung), teils war aber auch die Anspruchshaltung der Antragsteller*innen hoch (Lage, Qualität, Balkon, Autoabstellplatz).

Neue Datenbank im Wohnungsamt

Mit einer neuen Software und einer modernen Datenbank will die Wohnungsamtsleiterin nun gegensteuern und eine größere Treffsicherheit bei der Vergabepraxis erzielen. Außerdem erheben KgL und SIG aktuell den Wohnungsbestand. „Frust, Ärger und hoher Aufwand auf Seiten des Wohnungsamtes und der Wohnungswerber sind vermeidbar. Außerdem muss klar sein: Wer ohne triftigen Grund eine angebotene Wohnung nicht annimmt, ist auf drei Jahre gesperrt!“, bekräftigt Steiner.

Auf Initiative von Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer werden zudem die Wohnungsvergaberichtlinien der Stadt überarbeitet. Derzeit laufen Gespräche mit internen und externen Expert*innen. Danach steht eine politische Runde auf dem Programm. Fertig gestellt werden die neuen Richtlinien laut Plan noch vor dem Sommer.

Verrücktheit im Rechtssystem

Hagenauer: „Das Wohnungsamt stellt sich derzeit ganz neu auf. Das ist gut so. Auch die Wohnungstauschbörse auf der Homepage der Stadt gibt’s bereits. Und weiter Angebote im Rahmen der Miet:Garantie. Was wir jedoch dringend darüber hinaus brauchen, sind Gesetzesänderungen: Es kann doch nicht sein, dass wenn ein älterer Mensch nach Auszug der Kinder in einer 100 oder 120 qm großen Mietwohnung sitzt und lieber in eine kleinere umziehen möchte, er bzw. sie das Doppelte an Miete dafür bezahlen muss! Das ist eine der Verrücktheiten im aktuellen Rechtssystem.“

Außerdem müsse man dringend mit den rund 25.000 Personen etwas tun, die in der Stadt einen Zweitwohnsitz haben. „Da gehen uns rund 25 Mio € an Steuergeldern durch die Lappen. Hier ist die Politik gefordert, Anreize zu schaffen. Das betrifft Studierende genauso wie pendelnde Arbeitnehmer*innen“, so Hagenauer abschließend.


Quelle: Stadt Salzburg



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