Grenzkönig Werfen

Slide background
Foto: bergaufundbergab.at/Egger
Slide background
Foto:
Slide background
Foto: Stefan Winter
12 Nov 08:07 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Einzige Salzburger Gemeinde mit zwei Vierfachgrenzpunkten, zwei Bezirksgrenzen und einer Staatsgrenze

Warum man in Werfen gleich an zwei Punkten auf einem Bein in vier Gemeinden stehen kann, warum es Werfen gleich viermal gibt, warum der Ortsname nicht mit der gleichnamigen Tätigkeit zu tun hat, dank welcher Steuer das Gipfelhaus auf dem Hochkönig um ein paar Meter gewandert ist, warum die Berchtesgadener Alpen ihren Höhepunkt im Ausland haben und was den Hochkönig zu einem Promi unter den Alpengipfeln macht, verrät dieser Grenzfall.

An Grenzbesonderheiten hat Werfen fast alles zu bieten. Gleich an zwei Punkten der Gemeinde treffen drei weitere Nachbargemeinden mit Werfen zusammen: Golling, Pfarrwerfen und Scheffau im Nordosten und Maria Alm, Dienten und Mühlbach im Südwesten. Dies sind die einzigen Vier-Gemeinden-Punkte im gesamten Bundesland. Gleichzeitig grenzt Werfen sowohl an den Tennengau und an den Pinzgau und auf rund fünfeinhalb Kilometer Luftlinie im Hagengebirge an den Freistaat Bayern in Deutschland. Lediglich mit einer Bundesländergrenze kann die Pongauer Gemeinde nicht aufwarten.

Eine Woche lang rund um Werfen

1992 Jahren wurde von Mitgliedern des Alpenvereins Werfen aus Anlass des 750-Jahr-Jubiläums der Erhebung Werfens zum Markt die gesamte Gemeindegrenze abgegangen, wobei auch im alpinen Gelände nicht von der Grenzlinie abgewichen wurde. "Wir waren eine Woche lang unterwegs. Auch für erfahrene Bergsteiger war das Klettergelände bis zu Schwierigkeitsgrad V fordernd, insbesondere im Bereich der Mandlwände. Da war dann die grenzgetreue Floßfahrt auf der Salzach eine entspannende Abwechslung", berichtete Alpenvereinsobmann Franz Hoffmann von der Grenzbegehung in Berg und Tal. Auf der Route lag damals auch der vierfache Gemeindegrenzpunkt bei der Ofenrinne im Tennengebirge. Nur ganz Verwegene bezwingen die U-förmig wie ein Ofenrohr verlaufende Einkerbung zwischen dem Hochplateau und dem Salzachtal bei entsprechender Schneelage mit Skiern.

Viermal Werfen und ein Giftmörder im Bürgermeisteramt

Unten im Tal wirft die ehrfurchtgebietend über dem Fluss aufragende Burg Hohenwerfen die Frage nach der Namensherkunft auf. Der Name "Werfen" leitet sich vom Mittelhochdeutschen "werve" für Wirbel oder Strudel ab und bezeichnet die Stelle, wo die Salzach am Fuß der Burg "herumgewirbelt" wird. Hohenwerfen war Sitz der weltlichen Verwaltung, die Kirche hütete ihre Schäfchen verteilt auf die später eigenständigen Gemeinden Pfarrwerfen (mit Dorfwerfen als Zentrum) und Werfenweng, was ein wenig die Namensverwandtschaft erklären hilft.

Nebenbei bemerkt ist Werfen wohl die weltweit einzige Gemeinde, die einen später als Giftmörder verurteilten und hingerichteten Bürgermeister zu bieten hat. Der Lebzelter Johann Oberreiter war von 1843 bis 1848 Gemeindeoberhaupt und wurde später schuldig befunden, jedenfalls zwei seiner Töchter mit Arsen ins Jenseits befördert zu haben. Seine Hinrichtung war im 19. Jahrhundert die letzte in Salzburg.

Vierfach-Handschlag auf dem Kummetstein

Im Süden Werfens beherrscht der Hochkönig das Panorama. Auf seinem 2.941 Meter hohen Gipfel, durchschnitten von der Gemeindegrenze zu Mühlbach wurde 1898 ein Schutzhaus errichtet, das später nach seinem Retter Franz Eduard Matras benannt wurde. Er war bis zum Kaiser nach Wien gepilgert, um gegen die Anordnung des Thronfolgers Franz Ferdinand zu protestieren, der im nahegelegenen Schloss Blühnbach seinen Jagdsitz hatte und das Schutzhaus abtragen lassen wollte. 1982 brannte das Haus bis auf die Grundmauern nieder. "Bei der Neuerrichtung hatten die Werfener die Nase vorn, denn das 1985 eröffnete Haus steht nun vollständig auf Gemeindegebiet, was zu Zeiten der Getränkesteuer nicht unwichtig war", erzählte Hüttenwirt Roman Kurz, der bereits auf mehr als 20 Saisonen auf dem Gipfel zurückblickt.

In Sichtweite zum Gipfel ragt keine 700 Meter entfernt westwärts der 2.875 Meter hohe Kummetstein auf, über den der legendäre "Köngisjodler"-Klettersteig führt – mit 1.700 Metern der längste Salzburgs und einer der schwierigsten der Ostalpen. Hier könnten sich – Bergerfahrung vorausgesetzt – die vier Bürgermeister von Werfen, Maria Alm, Dienten und Mühlbach die Hand reichen, ohne ihr Gemeindegebiet zu verlassen. Die Skitourenabfahrt vom Hochkönig nach Werfen ist mit 16 Kilometern und rund 2.400 Metern Höhenunterschied die längste in den Ostalpen.

In Salzburg sind die Berchtesgadener Alpen am höchsten

Der Hochkönig ist auch in geografischer Sicht ein Grenzfall: Als höchster Gipfel der Berchtesgadener Alpen überragt er sein bayerisches Gegenüber, den markanten Watzmann, um 228 Meter. Der Hochkönig gilt als Vermessungspunkt erster Ordnung und ist – nach dem Mont Blanc, dem Großglockner, dem Finsteraarhorn in der Schweiz, der Tiroler Wildspitze, und der Schweizer Piz Bernina - der sechstprominenteste Berg der Alpen, was weniger mit seiner Berühmtheit als mit seiner Schartenhöhe zu tun hat. Diese ergibt sich aus der Differenz seiner Höhe und der höchstgelegenen Scharte, bis zu der man mindestens absteigen muss, um einen höheren Gipfel zu erreichen.

Kurioses über Grenzen hinweg

Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann im Webshop des Landes um 6,90 Euro bestellt werden, digitale Versionen aller vier Bände stehen dort zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.


Quelle: Land Salzburg



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Redaktion Vorarlberg

Redaktion Vorarlberg

Chefredakteur von Regionews Vorarlberg

Weitere Artikel von Redaktion Vorarlberg