Fischotter-Tötungen: Niederösterreich im internationalen Fokus

Slide background
Foto: Fischotter / Symbolbild
24 Apr 04:00 2017 von Redaktion Salzburg Print This Article

Organisationen aus Italien, Slowenien, Tschechien, Deutschland, der Schweiz, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, den USA und Singapur formieren sich gegen Fischotter-Tötungen in Niederösterreich – WWF fordert akzeptablen Managementplan

Niederösterreich rückt in den europäischen Blickpunkt. Mit dem Bescheid, der den Abschuss von 40 Fischottern erlaubt, generiert die Niederösterreichische Landesregierung zusehends mehr Aufmerksamkeit aus den österreichischen Nachbarstaaten. „Die Tötung der Tiere ist definitiv keine Lösung und stellt keinen praktikablen Ansatz für den Artenschutz dar. Immer mehr Umweltorganisationen aus den Nachbarstaaten schließen sich unseren Forderungen an und fordern den Stopp der Tötungen“, so Christian Pichler, Artenschutzexperte beim WWF.

Der WWF bringt aktuell eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein. „Wir vertreten die Ansicht, dass der Bescheid zur Entnahme der Fischotter auf Grund der lückenhaften Datenlage niemals hätte ausgestellt werden dürfen“, so Pichler. Bestärkt wird der WWF in dieser Meinung auch durch Organisationen aus Tschechien, Deutschland, Italien, Slowenien, der Schweiz, Großbritannien und aus den USA und Singapur, die nun ein weiteres Signal in Richtung Niederösterreich senden. Der Fischotter kennt keine Landesgrenzen und Eingriffe in grenzüberschreitende Populationen können nachteilige Effekte für den Bestand und auch seine weitere Ausbreitung haben. Noch hat der Fischotter Teile Österreichs nicht besiedelt und auch in Ländern wie Italien und der Schweiz wartet man in einigen Regionen noch auf den Rückkehrer. Auch die Weltnaturschutzorganisation IUCN trägt die Forderungen der NGOs mit. „Die internationale Fachwelt tritt hier in einem starken Verbund geschlossen gegen die Entscheidungen der Niederösterreichischen Landesregierung auf“, so Pichler.

Für den WWF und die anderen Umweltorganisationen steht fest, dass ein guter und funktionierender Managementplan niemals mit der letzten Stufe – der Tötung der Tiere – beginnen darf. „Anstatt die Tiere mit Langwaffen niederzustrecken und kein einziges Problem damit zu lösen, braucht es einen akzeptablen Managementplan, der in Ruhe und unter Einbindung der relevanten Stakeholdern erarbeitet wird“, so Pichler, der darauf hinweist, „dass der Fischotter eine geschützte Art ist und der WWF in Allianz mit anderen Umweltorganisationen alle Mittel ausschöpfen wird, einen bestmöglichen Schutzschild für den Fischotter zu schaffen“.

„In der Tschechischen Republik hatte die Otterpopulation eine vergleichbare Erholungsentwicklung wie in Niederösterreich, deshalb mussten auch wir uns dieser Diskussion stellen. Und trotz der Tatsache, dass unsere Otterpopulation mittlerweile sogar um ein Vielfaches höher ist als in Niederösterreich, werden andere Maßnahmen ergriffen, um Konflikte zu verringern und um eine Lösung zu finden, die einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts auch wirklich entspricht. Die wissenschaftlichen Daten zeigen deutlich, dass die Tötung der Tiere nicht die Lösung ist“, sagt Katerina Polednikova von ALKA Wildlife.

Paul Yoxon vom Internationalen Otter Survival Fund betont: „Otter sind in Europa streng geschützt. Sie waren seit der Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend verschwunden, vor allem wegen der Umweltverschmutzung und der Jagd. Nun erholen sie sich, allerdings ist die Ausbreitung nicht so schnell wie erwartet. Viele Fischereien wurden zu einer Zeit gegründet, als es wenige Otter gab und so unternahm man keine Schritte, um Otter fernzuhalten. Jetzt müssen sie ermutigt werden, ihre Teiche zu schützen und dabei natürlich auch unterstützt werden. Otter und Fischerei können koexistieren und die Tötungen können sicher nicht die Lösung sein.“

„Als nichtstaatliche und teils auch öffentliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die sich um den Naturschutz in Slowenien kümmern, beobachten wir sorgfältig und mit großer Sorge, was in Niederösterreich geschieht. Das Töten von Ottern, also von einer Tierart, die von der europäischen Gesetzgebung geschützt ist, wäre eine unannehmbare Entscheidung, und zwar aus rechtlicher, ethischer und auch aus wissenschaftlicher Sicht. Das Töten der Tiere wird das Problem niemals lösen“, sagt Marjana Hönigsfeld Adami? von der LUTRA, Institut für Erhaltung des Naturerbes (Slowenien).

„Der Otter erholt sich nur langsam vom jahrhundertealten Rückgang in vielen europäischen Ländern - und die Schweiz sowie Mittel- und Norditalien sind immer noch fast ohne Otter. Otter wurden vor kurzem im italienischen Südtirol entdeckt und bestätigten Österreich als wichtigen Hotspot für die Otterrekolonisierung Norditaliens. Otter-Entnahmen in Niederösterreich würden diesen Prozess aber ganz ernsthaft bedrohen“, sagt Anna Loy (Italian Mammal Society).

„Die Erlaubnis, Otter in Niederösterreich zu töten, wird negative Auswirkungen auf die Otter in ganz Europa haben. Entnahmen sind ein falscher Ansatz, die Erfahrung bei der Arbeit mit Fischern in UK zeigt, dass der größte Anteil der Fischer die Entnahme von Fischottern nicht unterstützt. Was die Fischerei am meisten benötigt, ist Unterstützung bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und bei der Umsetzung dieser Maßnahmen“, sagt Dave Webb (UK Wild Otter Trust).

„Im Sacramento-Tal des US-Staates Kalifornien koexistieren Otter und Fischer friedlich nebeneinander, solange Otter von Teichen ferngehalten werden. Tötungen sind kein effektives Mittel, um diese Tiere zu kontrollieren und wir glauben fest, dass Österreichs Entscheidung, Tötungen zu erlauben, die angrenzenden Populationen stark beeinflussen wird. Wir Fischer sind stolz auf unsere Otter – sie sind das Zeichen eines sauberen und gesunden aquatischen Ökosystems, von dem Fische abhängig sind“, so Alana Chin (The Sacramento Valley Otter Project).

„Konflikte, die sich aus der Konkurrenz von Menschen und Wildtieren um biologische Ressourcen ergeben, sind so alt wie die Menschheit. Doch im 21. Jahrhundert sollten Wissenschaft und Politik versuchen, effektive und breit akzeptierte Lösungen anzubieten. Zahlreiche Projekte auf nationaler und internationaler Ebene haben gezeigt, dass entsprechende Richtlinien zu intelligenten Lösungen führen können. Solche Lösungen stehen bereits für den eurasischen Otter (Lutra lutra) zur Verfügung und funktionieren gut in verschiedenen Teilen seines Verbreitungsgebietes“, sagt Reinhard Klenke, ein unabhängiger Experte am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und Herausgeber des Buches „Mensch-Wildtier-Konflikte in Europa: Fischerei und Fischfresser Wirbeltiere als Modellfall“.



Quelle: WWF



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Redaktion Salzburg

Redaktion Tennengau

Weitere Artikel von Redaktion Salzburg