Wien: Wiener Integrationsrat - 5. Statement zu Geflüchteten und Migrant*innen am Arbeitsmarkt

vonRedaktion Salzburg
DEZEMBER 14, 2023

Wien

Mit Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Migrationsforscherin Judith Kohlenberger und Politikwissenschafterin Sieglinde Rosenberger

Der Wiener Integrationsrat (W.I.R.) präsentierte heute sein fünftes Statement zur Arbeitsmarktintegration von Migrant*innen und Geflüchteten. Aufgrund des demographischen Wandels nimmt der Arbeitskräftemangel stetig zu. Gleichzeitig gibt es Hürden, die den Zugang von Migrant*innen zum Arbeitsmarkt erschweren. Ein zentraler Punkt des Statements des unabhängigen Expert*innengremiums ist der Prozess zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Weiters wird auf die Anwerbung und Teilnahme von Migrant*innen am Arbeitsmarkt eingegangen sowie auf den Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete und Vertriebene. Die Teilnahme am Arbeitsleben spielt eine zentrale Rolle im Integrationsprozess.

Fachkräfte durch erleichterte Anerkennung

Der Integrationsmonitor der Stadt Wien zeigt, dass der Großteil der seit 2014 neu zugezogenen Wiener*innen entweder über einen Matura- (25 %) oder einen Hochschulabschluss (38 %) verfügt. Bereits jetzt ist es so, dass ein Großteil der Wiener Wirtschaftsleistung auf Arbeit von Menschen mit Migrationshintergrund beruht. So werden 47 % der in Wien geleisteten Arbeitszeit von Menschen mit Migrationshintergrund erbracht. Zugewanderte Erwerbstätige sind jedoch in hohem Maße von Dequalifizierung betroffen, bis zu 27 % beträgt hier der Anteil von Wiener*innen mit mittleren und höheren Bildungsabschlüssen in Hilfs- und Anlerntätigkeiten.

Laut dem Arbeitskräfteradar der Wirtschaftskammer ist der Großteil der österreichischen Unternehmen (82 %) von Fach- und Arbeitskräftemangel betroffen. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Komplizierte Verfahren, um im Ausland erworbene Qualifikationen und Ausbildungen anerkennen zu lassen (Nostrifizierung) erschweren den Kampf gegen den Fachkräftemangel.

„Wir müssen der Realität ins Auge sehen: Durch den demographischen Wandel wird der Fachkräftemangel auch weiterhin eine große Herausforderung bleiben. Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung und dafür auch eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte. Die Zahlen sprechen dabei eine klare Sprache: Wir sind bei der Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt nicht dort wo wir sein sollten. Neben dem Spracherwerb und dem Teilen der Grundwerte ist eine Teilnahme am Erwerbsleben unverzichtbarer Bestandteil eines gelungenen Integrationsprozesses“, sagt Christoph Wiederkehr, Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat, bei der Präsentation des Statements.

Das Statement hebt positiv hervor, dass es bereits vorhandene Wiener Angebote für die Nostrifizierung gibt:

WAFF: Der Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds erstattet unterschiedliche Gebühren und fördert berufliche Aus- und Weiterbildungen. Check In Plus: Das Beratungszentrum für Migrant*innen führt im Auftrag des Arbeitsmarktservice Wien das Projekt „Check in Plus!“ durch. Sie unterstützen und beraten Menschen während des Anerkennungsprozesses (Nostrifizierung) oder einer einschlägigen Weiterbildung. Anlaufstelle AST Wien: Seit Jänner 2013 gibt es diese Anlaufstelle, die mehrsprachige, kostenlose Anerkennungsberatung anbietet und beim Prozess unterstützt.

Die Nostrifizierung ist der Prozess der Anerkennung von ausländischer Qualifikation. Die Expert*innen des Statements empfehlen einen Ausbau des Personals bei gleichzeitigen Abbau der Bürokratie und die Einrichtung einer ganzheitlichen Anlaufstelle der Nostrifizierung in Wien.

Arbeitsmarktzugang und Asylmigration

Der Wiener Integrationsrat stellt fest, dass der Einstieg in die Erwerbstätigkeit für Menschen, die als Asylwerbende nach Österreich kommen, länger dauert als für reguläre Migrant*innen.

Im Sinne einer gelungenen Integration darf Asylwerber*innen, die arbeiten wollen, keine Steine in den Weg gelegt werden. „Statt einer Pflicht zur gemeinnützigen Tätigkeit wäre es zielführender, die vorhandenen bürokratischen Hürden beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerbende zu senken und damit die Erwerbsaufnahmen bereits während des Verfahrens zu unterstützen“, sagt Migrationsforscherin Judith Kohlenberger (Wiener Integrationsrat).

In Österreich gibt es eine strikte Trennung zwischen dem Asylrecht und dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht. Das führt dazu, dass eine Person, die in Österreich nach Einreise einen Asylantrag gestellt hat, keine Möglichkeit hat, einen anderen Aufenthaltstitel (z.B. Rot-Weiß-Rot-Karte) zu erlangen.

Der Ausgang des Asylverfahrens muss (teilweise jahrelang) abgewartet werden bevor eine Arbeitsmarktintegration möglich ist. Vor diesem Hintergrund regt Politikwissenschafterin Sieglinde Rosenberger, Mitglied des Wiener Integrationsrats „die Möglichkeit des Spurwechsels von der Asylschiene in einen regulären Aufenthaltstitel“ an. Asylwerbenden, die in Mangelberufen tätig sind, und ihren Arbeitgeber*innen biete das Rechtsicherheit und stelle gleichzeitig einen Beitrag gegen den Arbeitskräftemangel dar, so Kohlenberger.

Situation von Migrantinnen am Arbeitsmarkt

Nur rund die Hälfte (48 %) der Frauen, die Bildungsabschlüsse im Ausland erworben und aus einem Nicht-EU-Land kommen, sind erwerbstätig. Um den Anteil von erwerbstätigen Frauen zu erhöhen, setzt die Stadt Wien mit zielgruppenspezifischen Qualifizierungsprojekten an. „Wir werden gemeinsam mit Ausbildungsinstitutionen in Wien weiter an Programmen arbeiten, die den Einstieg in die Berufsausbildung und parallel dazu eine Verbesserung der Sprachkompetenzen in Deutsch ermöglichen“, kündigt Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr an.

Dazu wurde die Basisbildung ausgebaut und das Budget dafür um rund 60 Prozent erhöht. Die Basisbildung ermöglicht Erwachsenen und Jugendlichen die Absolvierung des kostenlosen Pflichtschulabschlusses sowie den Besuch weiterer Lernangebote mit dem Fokus auf Lernkompetenzen, Sprachkompetenzen (Deutsch und einer weiteren Sprache), sowie mathematische und digitale Kompetenzen. Im Jahr 2024 werden rund 726 mehr Teilnehmer*innen mehr als im Vorjahr einen Kurs besuchen können.

Die chancengleiche Teilhabe von Frauen an Erwerbsarbeit ist ein wichtiges Ziel der Wiener Integrationspolitik. Um die relativ niedrige Erwerbsbeteiligung von Frauen aus Drittstaaten anzuheben, sind unnötige Hürden beim Zugang wie die fehlende Anerkennung von Abschlüssen zu beseitigen. Weiters ist sicherzustellen, dass Anwerbeabkommen für Pflegekräfte keine Neuauflage der alten sog. Gastarbeiter*innenanwerbung werden und die Probleme der langen fehlenden sozialen Integration wiederholen.

Das vollständige Statement finden Sie unter: https://integrationsrat.wien.gv.at/wir

Quelle: Stadt Wien

Mehr Nachrichten aus

Wien