Karner: Sensibilisierung bei Geldwäsche zeigt Wirkung

vonRedaktion International
OKTOBER 05, 2023

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2022 wurden im Bundeskriminalamt rund 7.000 Akteneingänge zu Geldwäscheverdachtsmeldungen bearbeitet, ein Plus von 16 Prozent. Der Cyber-Betrug bleibt die häufigste Vortat.

Die Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamts verzeichnete 2022 insgesamt 6.903 Akteneingänge, was eine Steigerung von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet und den Trend der vergangenen Jahre fortsetzt (2021: 5.952). Eine zunehmende Sensibilisierung bei den meldepflichtigen Berufsgruppen trägt zu dieser Steigerung bei. Durch die enge Kooperation mit den verschiedenen Stakeholdern in der Wirtschaft wird das Dunkelfeld dadurch immer weiter verkleinert. Den größten Teil dieser Eingänge bildeten die Verdachtsmeldungen von meldeverpflichteten Berufsgruppen (6.053). 716 Anfragen liefen über internationale Kanäle an die Geldwäschemeldestelle. 4.594 Meldungen stammten von Banken, gefolgt von Virtual Currency Exchanger (VASP), die 22 Prozent mehr Verdachtsmeldungen erstatteten als im Jahr zuvor. 2,2 Millionen Euro wurden aufgrund von Verdachtsmeldungen in Österreich sichergestellt.

Cyber-Betrug im Spitzenfeld bei Vortaten

Geldwäsche ist ein sogenanntes Anschlussdelikt, was bedeutet, dass das zu waschende Vermögen aus bestimmten, schweren Straftaten stammen muss. Der Lagebericht Geldwäscherei 2022 beleuchtet erstmals auch das Feld dieser definierten Vortaten und beschreibt zudem jene Delikte sowie Tathandlungen, die die Geldwäschemeldestelle (A-FIU) im Berichtsjahr am häufigsten identifiziert beziehungsweise inhaltlich gefordert haben. Die Analyse zeigt, dass Geldwäsche ohne konkreter oder erkannter Vortat am häufigsten (34 Prozent) als Meldungsgrund angegeben wurde, an zweiter Stelle folgt Betrug, hier vor allem Cyber-Betrug (30 Prozent). Der Tochter-Sohn-Trick war am häufigsten Inhalt von Verdachtsmeldungen, gefolgt von Bestellbetrug, bei dem die Ware nicht geliefert wurde, Bestellbetrug mit fremdem Namen, Abbuchung mittels NFC-Funktion sowie Zechprellerei, Taxi-, Tank- und Mietbetrug.

Sicherstellungen und Verurteilungen

Kommt die A-FIU aufgrund ihrer Analysen zum Ergebnis, dass gegen die Geschäftsabwicklung oder der Transaktion Bedenken bestehen, so kann sie ein vorläufiges Transaktionsverbot aussprechen und mittels Anordnung der Staatsanwaltschaft die Vermögenswerte beschlagnahmen. 2022 konnten von der A-FIU in 69 Fällen Sicherstellungsanordnungen bei der Staatsanwaltschaft angeregt und dadurch 2,2 Millionen Euro beschlagnahmt und für die Opferentschädigung gesichert werden. Im Berichtsjahr wurden 81 rechtskräftige Urteile wegen Geldwäscherei verzeichnet, was ein Minus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.

Sanktionsumgehung durch Weißrussland

Im Februar 2022 konnte die A-FIU erhöhte Finanzströme von Weißrussland in den Euro-Raum und retour feststellen. Die Analysen zeigten, dass ein günstiger Wechselkurs genutzt wurde, um weißrussische Rubel in Euro und wieder zurückzuwechseln. Dabei erfolgten bei österreichischen Bankomaten mit weißrussischen Bankomatkarten zahlreiche Barabhebungen in Euro. Anschließend wurde das behobene Bargeld auf Eurokonten eingezahlt und in Weißrussland wiederum in Rubel abgehoben. Diese Vorgangsweise brachte den Beteiligten eine sehr hohe Rendite durch die Bereitschaft weißrussischer Banken, für einlangende Euro-Devisen derart günstige Wechselkurse anzubieten, dass sogar die Wechselgebühren im Euro-Raum kompensiert werden konnten. Dieses Vorgehen ist auf die geltenden EU-Sanktionen gegen Weißrussland zurückzuführen, denn neben einem Barverkehrsverbot mit weißrussischen Unternehmen besteht auch ein generelles Transaktionsverbot mit der weißrussischen Zentralbank oder von ihr kontrollierten Unternehmen. Die Sanktionen waren wohl ausschlaggebend für den hohen Bedarf an Devisen und dem daraus resultierenden attraktiven Wechselkurs. Nachdem die Geldwäschemeldestelle eine Warnmeldung zur möglichen Sanktionsumgehung aussprach, verschwand dieses Geschäftsmodell sofort wieder.

Über 600 Millionen Euro an Abgaben hinterzogen

Scheinfirmen-Konstrukte beschäftigten die Geldwäschemeldestelle auch 2022 wieder verstärkt: Der Trend zur Gründung von Scheinunternehmen hat sich besonders im Baugewerbe weiter fortgesetzt. Diese werden dazu eingesetzt, Sozialabgaben im großen Stil vorzuenthalten und Steuern zu hinterziehen. Die Aufdeckung und Bekämpfung von Scheinunternehmen ist ein gemeinsamer Schwerpunkt der A-FIU und des Amts für Betrugsbekämpfung. Durch die Veröffentlichung dieser Vorgehensweise im Jahr 2021 und die daraufhin erstatteten Verdachtsmeldungen durch die Banken wurden die enormen Dimensionen der vorenthaltenen Sozialleistungen und hinterzogenen Abgaben sichtbar: In den vergangenen zwei Jahren wurden über 600 Millionen Euro in bar von Scheinunternehmen behoben. Dieses Geld wird meist für die Bezahlung von Schwarzarbeitenden verwendet. Die Verdachtsmeldungen lassen jedoch auf eine hohe Dunkelziffer schließen.

Ausblick

2023 wird für die A-FIU wieder Herausforderungen bereithalten: Ein besonderer Fokus der Geldwäschemeldestelle liegt auf dem noch ausstehenden Geldwäschepaket der Europäischen Kommission, das die Harmonisierung des europäischen Geldwäscherechts vorsieht. Die neuen Grundlagen werden auch Veränderungen in der Arbeit der europäischen Geldwäschemeldestellen beinhalten. Weiters wird voraussichtlich 2024 die Überprüfung des österreichischen Systems der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die Financial Action Task Force, einem internationalen Gremium mit Sitz bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris, stattfinden. Da sich diese als sehr ressourcenintensiv gestalten wird und umfassende Vorbereitungen erforderlich sind, wird sich die A-FIU 2023 unter der Leitung des Bundesministeriums für Finanzen und in Kooperation mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst eingehend auf den Prüfprozess vorbereiten.

Geldwäschemeldestelle

Die Geldwäschemeldestelle ist die zentrale Stelle für die Entgegennahme und Analyse von Sachverhalten im Zusammenhang mit Geldwäscherei, ihren Vortaten oder mit Terrorismusfinanzierung. Sie bildet in ihrer Zentralstellenfunktion die einzige Ansprechstelle für meldepflichtige Berufsgruppen. Die Filtertätigkeit bildet ihre Kernfunktion. Aufgrund des hohen Informationsaufkommens der meldepflichtigen Berufsgruppen muss die Geldwäschemeldestelle aus den zahlreichen Verdachtsmeldungen jene herausfiltern, denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine strafbare Handlung zugrunde liegt. Dieses Analyseverfahren dient zur Entlastung der Strafverfolgungsbehörden. Es werden nur Sachverhalte übermittelt, die strafrechtlich zu verfolgen sind.

Zitate:

Bundesminister für Inneres Gerhard Karner:

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geldwäschemeldestelle und die Partner in der Wirtschaft und im Bankensektor leisten in diesen herausfordernden Zeiten einen essenziellen Beitrag und stellen die Speerspitze in der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung dar.“

Direktor des Bundeskriminalamts Andreas Holzer:

„Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der A-FIU für ihren Einsatz bedanken. Die Geldwäschemeldestelle bildet den Dreh- und Angelpunkt zwischen der Wirtschaft und den Strafverfolgungsbehörden und stellt somit die zentrale Basis im täglichen Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung dar.“


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