Statistik Wien zu EU-Vereinbarung mit Airbnb, Booking et al: Städte erhalten keine Buchungsdaten

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08 Mär 05:00 2020 von Redaktion Salzburg Print This Article

Daten-Meldepflichten sind eindeutig gesetzlich definiert: Sammeldaten erfüllen nicht die von Parlamenten definierten Kriterien für die Vollziehung der geltenden Gesetze

Die Statistik Wien (Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik) gibt in Abstimmung mit den im Magistrat der Stadt Wien vollziehenden Dienststellen im Bereich touristische Plattformen Folgendes bekannt:

Die gestern von der Europäischen Kommission und 4 touristischen Buchungsplattformen (Airbnb, Booking, Expedia, Tripadvisor) per Medieninformation verlautbarte vertragliche Regelung, dass diese 4 Plattformen sogenannte „Buchungsdaten“ liefern werden (für Zwecke der Aggregation und Aufbereitung durch EUROSTAT), entspricht nicht den Anforderungen, die der Gesetzgeber in zahlreichen EU-Staaten definiert hat. Aggregierte Daten über touristische Buchungen auf Plattformen sind für den administrativen Vollzug ohne Belang.

Aggregierte Daten sind allgemein gesprochen Sammeldaten, also im Segment Tourismus die Gesamtzahl von Übernachtungen oder die Anzahl von Gästen in einem bestimmten Zeitraum für einen definierten Ort. Mit aggregierten Daten kann etwa die Marktentwicklung abgebildet werden. Ohne Einzeldaten können u.a. folgende in Geltung befindliche Gesetzesregelungen in der EU nicht oder nur mangelhaft vollzogen werden: Regelungen im Abgabewesen (kommunale Ortstaxe), Regelungen im Bereich Tourismus-Statistik, Regelungen im Bereich Bauregulierung, Regelungen im Bereich Raumordnung, Regelungen im Bereich Meldewesen, Regelungen im Bereich der normierten Unterlassung der Kurzfristvermietung im sozialen Wohnbau.

Beispiel Ortstaxe: Im Sinne der ordnungsgemäßen und vollständigen Einhebung der Ortstaxe besteht nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz (WTFG) eine Meldepflicht (Anzeigeplicht) für UnterkunftgeberInnen selbst. § 15 (2) WTFG definiert zusätzlich, dass Plattformen (Diensteanbieter) Indentifikationsdaten der bei ihnen registrierten UnterkunftgeberInnen (Bezeichnung, Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Rechtsform) sowie sämtliche Adressen der bei Ihnen registrierten Unterkünfte im Gebiet der Stadt Wien bekanntgeben müssen. Die auf Basis dieser Anzeigen erfassten personenbezogenen Daten sind laut Gesetz ausschließlich für die Besorgung des Vollzugs zu verwenden und „sind unverzüglich zu löschen, wenn sie für die angeführten Zwecke nicht mehr benötigt werden“. Aggregierte Daten erfüllen diese Anforderungen nicht. 11 Plattformen und die Plattform Homeaway im Wege einer Vereinbarung nach dem WTFG erfüllen derzeit problemlos und verwaltungseffizient die Anforderungen dieses Gesetzes. Die EU-Kommission hat darüber hinaus bestätigt, dass die getroffene Regelung in Übereinstimmung mit europäischem Datenschutzrecht steht.

Beispiel Statistik: Nach der Tourismusstatistik-Verordnung 2002 des Bundes erfasst die Stadt Wien monatlich die Zahl der Übernachtungen in Wien bzw. besteht für UnterkunftgeberInnen (Beherbergungsbetriebe und Privatzimmervermieter) eine entsprechende Meldepflicht gegenüber der Statistik Wien. Darüber hinaus ist eine jährliche Meldung der Bettenanzahl an die Stadt Wien normiert. Die avisierte Zugänglichkeit von aggregierten Statistikdaten leistet hier keinen Beitrag für einen vollständigen und ordnungsgemäßen Vollzug der genannten Statistik-Verordnung.

Das Anliegen von Städten, Gemeinden und Regionen in der EU ist dahingehend, dass die Gebietskörperschaften entsprechende für den konkreten Vollzug verwendbare, namentlich also tatsächliche Buchungsdaten in digitaler Form (automationsunterstützt) erhalten. Die Bekanntgabe von aggregierten Daten stellt keine wie auch immer geartete Überlassung von Buchungsdaten dar.

Im Rahmen der Erarbeitung einer Stellungnahme zur Plattformökonomie (Stellungnahme Florianschütz) hat der Europäische Ausschuss der Regionen am 5. Dezember 2019 die Forderung nach einem auf EU-Ebene garantierten Zugang zu Daten von Plattformen einstimmig und fraktionsübergreifend unterstützt. Die Stadt Wien hat in mehreren Gesprächen mit VertreterInnen der EU-Kommission auch die Haltung in Sachen Zugang zu Daten von Buchungsplattformen klar kommuniziert. An dieser Form der vertraulichen Kommunikation mit der EU-Kommission wird Wien im Sinne des Zusammenwirkens der unterschiedlichen Vollzugsebenen in der Europäischen Union bzw. im Geltungsbereich des EU-Binnenmarktes festhalten.

Die Stadt Wien wird sich in einem Offenen Brief, allenfalls gemeinsam mit anderen Städten und Regionen in Europa, an Kommissar Thierry Breton (Binnenmarkt) und Kommissar Paolo Gentiloni (Wirtschaft) wenden, um faktenbasierte Darstellungen gegenüber der EU-Kommission als Hüterin der Verträge sicherzustellen. Darüber hinaus wird die Kommission ersucht, im in Vorbereitung befindlichen Digital Services Act (Gesetz über Digitale Dienste) der EU (Vorlage geplant für das 4. Quartal 2020) der Frage der Vollziehbarkeit der von Parlamenten definierten Gesetzesaufträge höchste Priorität einzuräumen. Im Zuge der Beratungen über die neue gesetzliche Grundlage u.a. für Plattformen müssen entsprechend veraltete Bestimmungen im Bereich der E-Commerce-Richtlinie angepasst werden.

Für die Statistik Wien: Klemens Himpele, Abteilungsleitung, Stadt Wien


Quelle: Stadt Wien



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