Roboterassistierte Chirurgie – präzise und schonend operieren mit dem DaVinci®-System

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Foto: SALK / Wildbild
04 Dez 13:48 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

So sieht es aus, wenn Science-Fiction in der Gegenwart angekommen ist: Seit kurzem operiert man an der Urologie am Uniklinikum Salzburg mithilfe des so genannten DaVinci®-Systems. Ab Jänner wird auch die Universitätsklinik für Chirurgie diese Technologie für Kolon-, Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen- und Gallen-Eingriffe anwenden. Bei der roboterassistierten Chirurgie mit dem DaVinci®-System steht der Chirurg nicht direkt am Patienten, sondern schaut in die Optik einer Konsole. Über zwei Bedienelemente für Daumen- und Mittelfinger der rechten und der linken Hand steuert er die Instrumente, die sich an speziellen Roboterarmen im Körper des Patienten befinden. Dabei erlaubt die eingesetzte Technologie ein Höchstmaß an Präzision der dank HD-TV bis zu 40-fachen Vergrößerung des OP-Feldes, sodass der Operateur sämtliche Gewebsschichten und Strukturen detailgenau beurteilen kann. Sie schafft zudem eine höhere Beweglichkeit als die Hand, weil sich das Instrument mit seinen sieben Freiheitsgraden um 540 Grad um die eigene Achse drehen lässt.

Gesundheits- und Spitalsreferent Landeshauptmann-Stv. Dr. Christian Stöckl betont: „Ein Ziel meiner Gesundheitspolitik ist es, die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen möglichst lange zu erhalten. Von der Reparaturmedizin hin zu einem echten Gesundheitssystem. In Salzburg haben wir mit der Umsetzung bereits begonnen und lenken den Fokus verstärkt auf die Vorsorge. Wenn man aber trotzdem erkrankt, dann sollten die Salzburger Patienten die beste Behandlung bekommen können. Das Uniklinikum Salzburg bietet seinen Patienten mit dem computerassistierten und roboterassistierten Operationssystem – dem DaVinci®-System – das derzeit modernste chirurgische Verfahren an.“

Viele Vorteile für urologische- und viszeralchirurgische Eingriffe

Die am Uniklinikum durchgeführten Roboter-assistierten Operationen stellen urologische und viszeralchirurgische Eingriffe dar, bei denen die Vorzüge des Systems besonders zum Tragen kommen. Prinzipiell sind dies Operationen, bei denen die optimierte Darstellung des Situs durch das vergrößerte 3D-Bild des Roboters optimale Bedingungen zur Präparation und Schonung wichtiger anatomischer Strukturen ermöglicht. Wie im Rahmen einer Prostatektomie, bei der Präparation der Nerven bei Rektumresektion und der Lymphadenektomie inklusive Schonung des Nervus recurrens bei der Ösophagusresektion.

Sehr vorteilhaft ist der Einsatz des OP-­Roboters außerdem beim intrakorporalen Nähen. Die vermehrten Freiheitsgrade der robotischen Endowrist-Instrumente erleichtern das Nähen von Anastomosen signifikant, was bei der Rekonstruktion nach Prostatektomien, Ösophagus- oder Pankreasresektion genutzt werden soll.

Hochsensibles Operationsgebiet im Körper

Knapp über 8.000 Männer erkranken in Österreich jährlich neu an Prostatakrebs. Der Vorsteherdrüsentumor umfasst beinahe 30 % aller Krebserkrankungen des Mannes und rangiert somit vor Lungen- und Darmkrebs an erster Stelle der männlichen Tumorerkrankungen. Die Universitätsklinik für Urologie in Salzburg setzt nun das so genannte DaVinci®-System der neuesten Generation für sämtliche Entfernungen der Vorsteherdrüse ein. Primar Univ.-Prof. Dr. Lukas Lusuardi, Vorstand der Abteilung für Urologie in Salzburg, erklärt: „Diese roboterunterstützte Operationstechnik hat aufgrund ihrer hohen Präzision und Sicherheit in den USA die konventionelle offene Prostataentfernung nahezu vollständig und die laparoskopische Operation bereits weitgehend verdrängt.“

Die roboterassistierte Prostataentfernung bringt für den Patienten viele Vorteile mit sich: kürzerer Krankenhausaufenthalt, weniger Schmerzen, reduziertes Infektionsrisiko, weniger Blutverlust und geringere Narbenbildung. Außerdem können die im Zuge der Operation gesetzten Harnkatheter schneller wieder entfernt werden, und das Risiko einer erektilen Dysfunktion sowie für eine Inkontinenz kann gesenkt werden. Der schnellere Heilungsprozess ermöglicht zudem eine zügigere Wiederaufnahme sämtlicher körperlicher Aktivitäten und einen rascheren Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess.

Paradigmenwechsel in der Chirurgie

Chirurgie Primar Univ.-Prof. Dr. Klaus Emmanuel betont: „Besonders hervorzuhebende Positivmerkmale des Roboters sind die exzellenten, dem menschlichen Organismus überlegenen Freiheitsgrade der Instrumente (die menschlichen Gelenke haben zumeist zwei bis drei Freiheitsgrade, die Roboter-Instrumente weisen dagegen sieben Freiheitsgrade auf), die optimierte Einsicht in den Situs (3D-Kamerasystem mit bis zu zehnfacher optischer und bis zu 40-facher digitaler Vergrößerung), der Ausgleich des natürlichen Tremors des Operateurs und

die ergonomischen Vorteile für den Chirurgen.

Präzise und schonend

Prostatakrebspatienten, deren Vorsteherdrüse aus medizinischen Gründen vollständig entfernt werden muss (= radikale Prostatektomie), wurden bisher entweder laparoskopisch behandelt, das heißt mittels Schlüssellochchirurgie oder mit einer offenen Operation, die große chirurgische Schnitte erfordert. Letztere birgt allerdings nicht unwesentliche Risiken für großen Blutverlust, starke Schmerzen, ungewollten Harnabgang sowie erektile Dysfunktion – bedingt durch die mögliche Gefahr der Verletzung des empfindlichen Nervengewebes der Prostata

Bei dieser neuen Operationstechnik steht der Chirurg nicht mehr am Operationstisch, sondern er sitzt vor einer Konsole, von der aus er mittels Handbewegungen und Fußpedalen den Eingriff steuert. Unterstützt wird er dabei von einem Roboter, dessen vier Arme jeweils über einen Zentimeter große Einschnitte in den Körper des Patienten eingebracht werden. Die Arme sind mit zwei kleinen, hochauflösenden Kameras sowie Instrumenten ausgestattet, die dreidimensional beweglich sind. Die mikrofeinen Instrumente können somit wie menschliche Handgelenke bewegt werden und ermöglichen dadurch äußerst präzise Bewegungsabläufe. An der Konsole lässt sich das Operationsgebiet dank HD-TV bis zu 40-fach vergrößern, sodass der Operateur sämtliche Gewebsschichten und Strukturen detailgenau beurteilen kann. Bewegungen, die der Chirurg an der Konsole durchführt, werden zum Roboter übertragen, der diese, wiederum in Echtzeit, im Körper des Patienten durchführt. Operationen können somit noch exakter durchgeführt werden, da das DaVinci®-System die bei jedem Menschen gegebenen feinen Zitterbewegungen der Hände vollständig ausgleicht. Die Instrumente des Roboters sind dreidimensional und somit viel beweglicher als die menschliche Hand. Das natürliche Zittern der Hand wird komplett ausgeglichen.

  • Radikale Prostatektomie: Diese vollständige chirurgische Entfernung der Vorsteherdrüse wird meist in einem frühen Tumorstadium durchgeführt, bevor der Krebs auch andere Körperregionen befällt.
  • Prostata: Die Vorsteherdrüse zählt ebenso wie Hoden und Penis zu den Geschlechtsorganen des Mannes. In Größe und Form ähnelt sie einer Kastanie, sie wird von einer Kapsel umschlossen, die ebenfalls aus Bindegewebe besteht. Die Prostata liegt unterhalb der Harnblase und umgibt die Samenleiter bzw. die Harnröhre.

Entwickelt wurde DaVinci® vom US-Unternehmen Intuitive Surgical®, das sich auf Operationsroboter spezialisiert hat. Die ersten Modelle wurden von der US-Armee während des Zweiten Golfkrieges (1990) eingesetzt. Um auch komplexe Verletzungen von Soldaten operieren zu können, wurden die Mediziner vor Ort von Kollegen in den USA unterstützt, welche die Operation quasi von der Heimat aus durchführten. Fernoperationen lösten schon immer einen gewissen Wow-Effekt aus, doch dass eine „Maschine“ einen Menschen ganz alleine operiert – das ist Science-Fiction. Jede Operation wird vom Chirurgen selbst und vor Ort durchgeführt. Bei Problemen mit dem System wird durch ständige Verbindung mit der Intuitive Surgical®-Zentrale sofort reagiert und gegebenenfalls eingeschritten. Bei Stromausfall schaltet das System automatisch auf Batteriebetrieb um. Die Datenmenge, die DaVinci® zu verarbeiten hat, ist jedenfalls gewaltig, denn abgesehen von den hochauflösenden 3D-Bildern können auch Röntgenaufnahmen, Ultraschallbilder und CT- sowie Magnetresonanzbilder in das System eingespielt werden.


Quelle: SALK



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