Neue Studie zur Rückkehr des Wolfs in den Alpenraum

Slide background
Foto: Wolf / Symbolbild
08 Okt 18:54 2019 von Redaktion Salzburg Print This Article

Wildtierbiologe spricht sich für Management aus / Herabstufung des Status in der FFH Richtlinie angestrebt

(LK) Durchziehende Wölfe in Salzburg, Rudel in anderen Bundesländern und zahlreiche Risse von Nutztieren in den vergangenen Jahren sorgen für Verunsicherung, vor allem in der Almwirtschaft, sowie für emotionale Diskussionen quer durch alle Gesellschaftsschichten. Auf Initiative von Landesrat Josef Schwaiger hat Klaus Hackländer von der Universität für Bodenkultur ein Gutachten über die Auswirkungen der Rückkehr dieses Beutegreifers erstellt. Darin spricht sich der Wildtierbiologe für ein Wolfs-Management aus.

Das Ziel ist für Landesrat Josef Schwaiger klar: „Die traditionelle, alpenländische Landwirtschaft muss auch künftig ohne aufwendige Begleitmaßnahmen möglich sein. Zudem muss die Artenvielfalt erhalten bleiben und übermäßige Wildschäden, vor allem in Schutzwäldern, verhindert werden. Dafür sind derzeit die Gesetzte der EU ungeeignet. Wie müssen uns daher um eine Änderung des Schutzstatus des Wolfs bemühen. Wenn sich diese in großer Zahl bei uns ansiedeln, wird sich das Gesicht unseres ganzen Landes ändern.“

Status in der Fauna-Flora-Habitat Richtlinie herabstufen

Wissenschaftler forderten bereits 2008 in einer Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, dass der günstige Erhaltungszustand des Wolfes nicht in Bezug auf die nationale, sondern die europäische Ebene zu betrachten ist, eine Position, die auch das aktuelle Hackländer-Gutachten vertritt. „Deshalb wird auf EU-Ebene weiter über den Schutzstatus verhandelt. Jedenfalls wird vom Land Salzburg eine Herabstufung des Status in der FFH Richtlinie angestrebt“, erläutert Schwaiger.

Problemwölfe entnehmen

„Grundsätzlich ist es aus Sicht des Artenschutzes wichtig, echte Problemwölfe zu entnehmen. Es ist zum Wohl jener Artgenossen, die sich so verhalten, wie wir es gerne hätten: Diese fressen hauptsächlich Wild und meiden die Nähe des Menschen“, so das Resümee von Klaus Hackländer vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur in seinem Gutachten. Der Universitätsprofessor weiter: „Der Wolf ist längst da! Die Frage ist vielmehr, wie wir mit ihm umgehen. Lassen wir ihm alle Freiheiten oder managen wir ihn - so wie wir übrigens seit jeher jedes andere Wildtier, etwa Rotwild, auch managen.“

Wolfs-Management und Klarstellung auf EU-Ebene

An einem Wolfs-Management führe kein Weg vorbei, so Hackländer: „Unsere Kulturlandschaft ist keine Wildnis. Es gibt Gebiete, wo es durchaus Platz gibt für Wolfsrudel, und Gebiete, wo wir nur Durchwanderer dulden können. Man muss sich also Obergrenzen überlegen. Alles was darüber hinausgeht, wird entnommen.“ Eine Voraussetzung für eine Entnahme sei jedenfalls das Erreichen des günstigen Erhaltungszustands einer Wolfspopulation, so der Experte, der weiter erklärt: Biologisch gesehen stellen alle Teilpopulationen der Wölfe in Europa eine Gesamtpopulation dar. „Anzustreben wäre deshalb in der FFH- Richtlinie eine Klarstellung, dass der günstige Erhaltungszustand nicht in Bezug auf die nationale, sondern die europäische Ebene zu betrachten ist.“

Zäune technisch oft nicht möglich

Das Gutachten hält auch fest, dass in den Alpen das Errichten von Zäunen vom Boden und der Topografie her technisch oft gar nicht möglich und das Hüten mit den Hunden in den Bergen zu mühsam sei. Die Almwirtschaft sei schon jetzt mehr oder weniger Liebhaberei. Die Förderungen seien gerade einmal kostendeckend.

Auch Westösterreich für Wolfsrudel attraktiv

Insgesamt sieht Wildtierbiologe Hackländer die Rückkehr des Beutegreifers für die Zukunft von Almwirtschaft und Kulturlandschaft kritisch: „Die ökologische Lebensraumtragfähigkeit in Österreich beträgt je nach Modellierung und Gewichtung der darin berücksichtigten Variablen von mehreren Hundert bis deutlich über 1.000 Wölfe. Österreich bietet großflächig attraktive Lebensräume und es ist anzunehmen, dass sich in naher Zukunft weitere Rudel auch in Westösterreich etablieren können.“

Das sagen Almbewirtschafter und Erholungssuchende

Für das neue Gutachten wurden 1.000 Personen zu ihrem Freizeitverhalten sowie 30 Almbewirtschafter befragt. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

Alle Befragten sehen eine permanente Wolfsanwesenheit in einem Gebiet kritisch, urbane Erholungssuchende weniger als die ländliche Bevölkerung. Alle Erholungssuchenden stufen Umwege aufgrund von Herdenschutzmaßnahmen als stark negativ ein.

Die höchste Zustimmung zu möglichen Wolf-Managementmaßnahmen gibt es dazu, dass der Bestand der Tiere regelmäßig durch Fachleute geprüft und bei Bedarf (Probleme, Verluste von Schafen und anderen Nutztieren) jeweils Ort und Anzahl der Wölfe für den Abschuss festgelegt werden sollen.

Es ist für fast alle Betriebe die Wirtschaftlichkeit entscheidend, wenn es darum geht, die Almbewirtschaftung fortzuführen.

Herdenschutzmaßnahmen werden von den meisten aufgrund ihrer betrieblichen Realität (z.B. Nebenerwerb) als unrealistisch abgelehnt.

Die Rückkehr der Wölfe als Grund die Almwirtschaft aufzugeben, spielt für Landwirte bis jetzt nur eine geringe. Nach Ansicht der meisten Befragten könnte diese aber in Zukunft entscheidend werden, insbesondere, wenn durch diese Beutegreifer bedeutender wirtschaftlicher Schaden oder durch notwendige Herdenschutzmaßnahmen hohe Mehrkosten und mehr Arbeitsaufwand entstehen.

Bewirtschaftung von Almgebieten in Gefahr

„Dieser Sommer war für einige Almbauern mit einem großen wirtschaftlichen Schaden verbunden. Da aus technischen Gründen in vielen Almregionen kein sinnvoller Schutz möglich ist, ist die Bewirtschaftung in Gebieten mit regelmäßiger Wolfspräsenz künftig in Gefahr“, bestätigt auch Silvester Gfrerer, Obmann des Alm- und Bergbauernvereins, der fordert: „Wenn die Schäden durch die Wolfsangriffe überhandnehmen, ist eine Zonierung notwendig, damit einzelne Problemtiere entnommen werden können.“


Quelle: Land Salzburg



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Redaktion Salzburg

Redaktion Tennengau

Weitere Artikel von Redaktion Salzburg