Graz: Das digitale Spaltbeil "Soziale Medien"

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Peter Plaikner präsentierte seine Erkenntnisse der "Midterm Elections" im Vergleich zu Österreich. 
Foto: steiermark.at/Streibl
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Nutzerprofil der Konsumenten von Nachrichten aus Sozialen Medien.  
Foto: Peter Plaikner/Pew Research Center
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Diagramm zur politischen Verortung 
Foto: Peter Plaikner/ Reuters Institute of Journalism
22 Nov 17:04 2018 von Redaktion Salzburg Print This Article

Wie Facebook, Twitter, Youtube & Co. unsere Gesellschaft verändern

Gestern Abend (21.11.2018) präsentierte Medienexperte Peter Plaikner im voll besetzten Medienzentrum Steiermark auf Einladung der Landeskommunikation die Ergebnisse seiner Studienreise zu den "Midterm Elections" in den USA in Bezug auf die Nutzung der Sozialen Medien und verglich diese mit dem Nutzungsverhalten der Österreicherinnen und Österreicher. Plaikner spricht in diesem Zusammenhang von einer "vollkommenen Desillusionierung", denn "das System, das Donald Trump an die Spitze gebracht hat, funktioniert", so die ernüchternde Analyse. Weitaus schlimmer sei allerdings, dass das Hintergrundwissen der Nutzerinnen und Nutzer über die sozialen Medien verheerend gering ist, vor allem was die ökonomischen und gesellschaftspolitischen Grundlagen betrifft.

Betrachtet man die internationalen Zahlen, so lässt sich feststellen, dass die krisengebeutelte Plattform Facebook mit rund 2,2 Milliarden Nutzern weltweit noch immer die unangefochtene Nummer eins aller Plattformen darstellt. Überraschend auf Platz zwei landet Youtube mit 1,9 Milliarden weltweiten Nutzern, dicht gefolgt von der Facebook-Tochter Whatsapp mit 1,5 Milliarden Accounts. Eine weitere Tochterfirma des Spitzenreiters findet sich auf Platz 6, nämlich Instagram, während Twitter bei 336 Millionen Nutzern außerhalb der Top Ten international stagniert. Was die wirtschaftliche Nutzung 2018 betrifft, berichtet Plaikner, dass nahezu jedes "Fortune Top 500"-Unternehmen die Plattform LinkedIn nutzt. Auch Twitter wird als wirtschaftlich nicht zu unterschätzendes Tool von Unternehmen verwendet - mehr sogar als Facebook, welches "erstmalig seit dem 2. Quartal 2018 Rückgänge der Nutzerzahlen verzeichnet und diese auch selbst bestätigt". Vermehrt setzten große Unternehmen auch auf Youtube, Instagram und eigene Blogs.

"Auffällig und erschreckend" sei laut Peter Plaikner die voranschreitende Spaltung der beiden amerikanischen Großparteien, Demokraten und Republikaner. Gab es vor 20 Jahren noch große Werte-Überschneidungen von linken Demokraten und rechten Republikanern, so zerklüften diese heute ganze Familien. "Mehr denn je lehnen sich die Mitglieder der Parteien gegenseitig ab, vor allem die Demokraten die konservativen Republikaner. Social Media war der ausschlaggebende Hebel dazu", erläutert Plaikner. "Uns ist in Österreich noch immer nicht bewusst, wie mächtig und unkontrolliert die Sozialen Medien wirklich sind." Zwei Drittel der Amerikaner beziehen bereits ihre Nachrichten über Social Media, wobei davon 43 Prozent Facebook, 21 Prozent Youtube und 12 Prozent die Plattform Twitter als Infoquellen nutzen. Neu sei, laut dem Medienexperten, dass sogar Snapchat und die Dating-Plattform Tinder verstärkt im Wahlkampf genutzt werden. Dennoch hält sich laut Plaikner eine Haltung hartnäckig: "Gegen nichts kämpfen die Sozialen Medien so sehr wie gegen ihren Medienstatus, denn damit ginge die volle Verantwortung für ihren Inhalt einher."

Die Nutzerprofile all dieser Plattformen bedienen sich nach wie vor der typischen Klischees: Während Frauen die kommunikativen Aspekte der Sozialen Medien schätzen (Facebook, Instagram, Snapchat), bevorzugen Männer die contentlastigen Plattformen wie Youtube, Twitter und Reddit (letztes sogar mit einem Anteil von 72 Prozent!). Je bilderreicher eine Plattform, desto eher ist ihre Zielgruppe aus bildungsfernen Schichten, je elitärer die Nutzer, desto eher greifen sie auf textlastige Plattformen wie Twitter und LinkedIn zurück. Die Nicht-weiße amerikanische Gesellschaft ("Nonwhites") bezieht ihre Nachrichten vorwiegend von Instagram und Snapchat, während die weiße Bevölkerung deutlich eher auf Facebook, Twitter und LikedIn vertreten ist.

Die politische Verortung der Medien in Österreich zeigte der Medienexperte anhand eines Diagramms des "Reuters Institute for the Study of Journalism". "Als eher neutral werden der ORF und die Kleine Zeitung wahrgenommen, während Servus TV, die Kronen Zeitung und OE24 als stark rechtslastig empfunden werden. Im linken Wahrnehmungsspektrum befinden sich der Standard, Die Presse, der Kurier und NEWS." Allen Medien, ob TV, Print, Online oder Social Media, sei allerdings eine Sache gemein: Alle Medien leiden unter einem Vertrauensrückgang im Vergleich zu 2017, wobei der Printbereich am stärksten betroffen ist (von 50,9 Prozent Zustimmung 2017 auf 43,8 Prozent 2018). "Österreich gehört nach wie vor zu den am stärksten am Papier hängenden Staaten. Wir sprechen also von einem Schlaraffenland für Zeitungen. Dennoch ist das rückläufige Medienvertrauen als schlechtes Vorzeichen für die kommenden Jahre zu sehen", ist sich Plaikner sicher.

In puncto Soziale Medien gibt es große Unterschiede im Nutzerverhalten zwischen den Amerikanern und den Österreichern. Whatsapp ist laut dem Experten die Plattform, die von Österreichern am liebsten verwendet wird, geben doch 67,5 Prozent der Österreicher an, die Plattform kürzlich genutzt zu haben. Auch Youtube erfreut sich wachsender Beliebtheit (65,7 Prozent) und erst auf Platz drei finden wir Facebook mit 62,8 Prozent. Den größten Zuwachs an Nutzern verzeichnet aber eine andere Plattform: "Instagram ist mit Abstand das am dynamischsten wachsende Netzwerk. Waren es 2016 nur 11,3 Prozent, so gaben 2018 mehr als 20 Prozent der Befragten an, Instagram letzte Woche genutzt zu haben." Was die sozialen Medien als Bezugsquelle von Nachrichten betrifft, zeichnet sich ein ähnliches Bild: "Facebook ist als Bezugsquelle von Nachrichten rückläufig, während Youtube, Whatsapp und Instagram stark aufholen."



Quelle: Land Steiermark



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