ArbeitnehmerInnen um ihren Lohn geprellt: AK Niederösterreich erkämpft 24 Mio. für Beschäftigte

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ArbeitnehmerInnen um ihren Lohn geprellt: AK Niederösterreich erkämpft 24 Mio. für Beschäftigte
Foto: AK Niederösterreich/Kromus
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ArbeitnehmerInnen um ihren Lohn geprellt: AK Niederösterreich erkämpft 24 Mio. für Beschäftigte
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30 Aug 09:39 2017 von OTS Print This Article

Präsident Markus Wieser: „Fristen, um ausstehendes Gehalt einzuklagen, sind zu kurz“

St. Pölten (OTS) - 78.000 ArbeitnehmerInnen hat die AK Niederösterreich in den ersten sechs Monaten des Jahres geholfen. „Wir haben für diese Mitglieder mehr als 24 Millionen Euro erkämpft“, sagt AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser. „Sehr häufig ging es um Leistungen, die die ArbeitnehmerInnen erbracht haben, die aber nicht bezahlt wurden.“

Diese Bilanz zeigt, wie hoch der Druck in der Arbeitswelt ist:
78.000 ArbeitnehmerInnen hat die AK Niederösterreich im ersten Halbjahr 2017 bei Problemen am Arbeitsplatz oder in sozialrechtlichen Fragen geholfen. „Wir haben mehr als 24 Millionen Euro für sie erkämpft“, so AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser. Tausende ArbeitnehmerInnen wandten sich heuer an die AK Niederösterreich, nachdem ihnen der Arbeitgeber zum Beispiel geleistete Überstunden nicht bezahlt hatte. In Extremfällen zahlten Arbeitgeber noch nicht mal den Grundlohn aus. 2.400 brauchten Unterstützung, nachdem ihre Firma in Insolvenz gegangen war. „Ohne unseren kostenlosen Rechtsschutz hätten viele Betroffene dieses Geld leider nicht bekommen“, sagt Wieser.

Abschaffung der Verfallsfristen gefordert

Häufig wenden sich ArbeitnehmerInnen an die AK-ExpertInnen, da ihnen monatelang, mitunter oft jahrelang, geleistete Arbeits- und Überstunden nicht ausbezahlt wurden. Aufgrund von Verfallsfristen können die Ansprüche aber nur über einen sehr kurzen Zeitraum eingefordert werden, im Gastgewerbe sind es etwa maximal vier Monate. Hat also der oder die DienstnehmerIn über zwei Jahre hinweg Überstunden nicht abgegolten bekommen, können per Gesetz dann nur vier Monate eingefordert werden. „Hier wird den ArbeitnehmerInnen mitunter sehr viel Geld vorenthalten. Daher sind Verfallsfristen komplett abzuschaffen“, fordert Wieser. Das würde ermöglichen, offene Lohn- und Gehaltsforderungen bis zu drei Jahre lang einklagen zu können, so wie das bei allen anderen offenen Forderungen auch der Fall ist.

„ArbeitnehmerInnen sind flexibel genug“

Die typischen Arbeitsrechtsverletzungen, mit denen die AK in ihrer Beratung konfrontiert ist, widerlegen die vermeintliche Notwendigkeit, die Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren: „Die ArbeitnehmerInnen leisten jederzeit zusätzliche Arbeitsstunden, wenn es erforderlich ist. Aber es geht um faire und vollständige Abgeltung. Flexibilisierung kann keine Einbahnstraße sein“, so Wieser.

„Holen jeden Euro Mitgliedsbeitrag direkt zurück“

Die AK-Mitgliedschaft zahlt sich für die ArbeitnehmerInnen aus. Das zeigt für Wieser die Halbjahresbilanz: „In den ersten sechs Monaten haben die ArbeitnehmerInnen durch unsere Dienstleistungen in Summe jeden Euro an Mitgliedsbeiträgen zurückerhalten, den sie gezahlt haben.“ Mit mehr als 24 Millionen Euro macht die Vertretung im Arbeits- und Sozialrecht den größten Brocken aus, gefolgt von den Steuersparwochen. Das Verhältnis Mitgliedsbeiträge zu hereingebrachtem Geld werde sich auch im zweiten Halbjahr nicht ändern. „Berücksichtigt man zusätzlich zu den direkt gesicherten Geldbeträgen alle weiteren Leistungen der AK, erhalten unsere Mitglieder ihre Beiträge sogar dreifach zurück“, so Wieser.

AK Niederösterreich-Direktor Preiß: „Akzeptanz für Beratung ist hoch“

Die Arbeitsrechtsberatung ist für die AK Niederösterreich das Herzstück ihrer Dienstleistungen für die Mitglieder, sagt AK Niederösterreich-Direktor Mag. Joachim Preiß: „Eine Befragung von unique research zeigt, dass 89 Prozent der ArbeitnehmerInnen diese Leistung für wichtig halten. Auch die Zufriedenheit ist enorm hoch. Jeweils zwischen 85 und 90 Prozent bescheinigen unseren ExpertInnen Freundlichkeit und Kompetenz und geben an, dass die Beratung verständlich ist.“ Einziger Kritikpunkt aus seiner Sicht, wenn überhaupt: „Bei der Zufriedenheit mit den Wartezeiten wollen wir uns verbessern, mit einer elektronischen Terminvereinbarung und anderen Maßnahmen werden wir unseren Mitgliedern die Wartezeiten verkürzen.“

Personalüberlasser ersparte sich 130.000 Euro zulasten der Beschäftigten

In der Beratungspraxis sehe man, dass viele Firmen ihren Beschäftigten oft nur kleine Beträge vorenthalten, das dafür systematisch, sagt AK Niederösterreich-Arbeitsrechtsexperte Thomas Kaindl. Er koordiniert die Arbeit der 23 AK-Service- und Bezirksstellen in Niederösterreich. Das zeigt der Fall eines Personalüberlassers aus dem Zentralraum. Das Unternehmen hatte Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Bezahlung im Urlaub und Krankenstand für viele Beschäftigte falsch berechnen lassen. „Der Kollektivvertrag sieht vor, dass diese Zahlungen nach dem Durchschnittslohn bzw. -gehalt der vergangenen Monate berechnet werden“, sagt Kaindl. Überstunden, Zuschläge etwa für Montage oder körperlich schwere Tätigkeiten und Stückprämien der vergangenen Monate müssen berücksichtigt werden. „Das ist nicht passiert. Vieles wurde nicht miteingerechnet. Die Beschäftigten haben oft über Jahre zu wenig bezahlt bekommen.“ Die MitarbeiterInnen hätten das nicht mitbekommen, sagt Kaindl: „Urlaubs- und Weihnachtsgeld an sich wurde ja bezahlt. Dass es meist zu wenig war, konnte man nur bemerken, wenn man sich mit Lohnverrechnung auskennt.“

Das änderte sich, als ein Arbeitnehmer nach seiner Kündigung von den AK Niederösterreich-ExpertInnen die Endabrechnung kontrollieren ließ. „Wir haben bemerkt, dass einiges nicht stimmt. Dann haben sich Ex-KollegInnen des Mannes an uns gewandt und so konnten wir genau und systematisch prüfen.“ Über einen Zeitraum von drei Jahren hatte der Arbeitskräfteüberlasser 30 MitarbeiterInnen um insgesamt 130.000 Euro zu wenig bezahlt. „Je nach Einkommen und Beschäftigungsdauer waren das 1.200 bis 16.000 Euro pro ArbeitnehmerIn“, schildert Kaindl.

Der Unternehmer hat die ausständigen Beträge mittlerweile nachgezahlt und sich verpflichtet, die Berechnungen ab sofort korrekt durchzuführen. Ob im konkreten Fall Absicht dahinter gewesen ist oder Schlamperei, sei nicht festzustellen, sagt Kaindl. „Tatsache ist aber, die Firma hat sich eine Menge Geld zulasten der Beschäftigten erspart.“


Quelle: OTS



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