Als Salzburg in die Luft ging

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Foto: Stadtarchiv Salzburg, Fotosammlung
09 Jän 22:00 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Von weiblichen Ballonpionieren, Rekordfahrten zum Ärmelkanal und den Anfängen des Flughafen-Terminals in Wohnzimmergröße

Wer als erster Mensch über Salzburg flog, welcher Pinzgauer ein Luftschiff erfand, was die Salzburger 1928 auf die Altstadtdächer brachte und was die Römer auf der Landebahn des Salzburger Flughafen hinterließen, dem geht dieser luftige Salzburger Grenzfall aus der gleichnamigen Serie nach.

Es dauerte keine zwei Jahre, dass die Luftfahrt-Euphorie nach der ersten bemannten Ballonfahrt der französischen Gebrüder Montgolfier im Jahr 1783 auch Salzburg erreichte. Der groß angekündigte erste Ballonaufstieg in Salzburg war allerdings unbemannt und "der Ballon blieb sitzen, der vermutlich nur mit Luft aufgeblasen dastand, um die Leute anzulocken", wie Leopold Mozart als Augenzeuge skeptisch bemerkte. Der Historiker Harald Witzbauer hält als Premiere der bemannten Luftfahrt in Salzburg einen Ballonaufstieg am 4. September 1811, pilotiert von einer Frau, fest. Madame Bittdorf stieg mit dem rund 18 Meter hohen Luftballon vom Schloss Mirabell aus einen knappen Kilometer über die Dächer der Stadt und schwenkte die – damals gültige – bayerische Fahne. Beim Eintreiben des Zuschauergeldes musste die Polizei behilflich sein.

Ballonfahren blieb ein kostspieliger Luxussport, der sich in Österreich vor allem dank hochadeliger Begeisterung weiter entwickelte. Mit dem Ballon "Salzburg" stellte Erzherzog Joseph Ferdinand 1909 einen Weltrekord auf, als er die 984 Kilometer lange Strecke von Salzburg nach Dieppe an der französischen Ärmelkanalküste in damals unglaublichen 16 Stunden in der Luft zurücklegte.

Salzburger Flugpioniere

Gleich mehrere Flugpioniere sind mit Salzburg verbunden, im Stadtteil Taxham erinnern einige Straßen an sie. Igo Etrich, Pilot und Flugzeugkonstrukteur unter anderem der Etrich-Taube in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, verbrachte seinen Lebensabend in Salzburg und ist auf dem Kommunalfriedhof begraben. Der wirtschaftlich glücklose Hans Guritzer baute in der Riedenburg 1927 das erste Salzburger Motorflugzeug. Trotz erzbischöflichen Segens blieb seine Konstruktion nur drei Monate in der Luft, bei einer Bruchlandung wurde aus dem Flugzeug Schrott. Mit dem Nachfolger-Eigenbau verunglückte Guritzer 1932 bei Vöcklabruck tödlich. Noch ohne Ehrung durch einen Salzburger Straßennamen ist der am Fuß des Gaisbergs geborene Ballon-Pionier Franz Hinterstoisser, dem der erste Alpenüberflug gelang. Auf ihn gehen die Gründung des ersten Aero-Clubs und das erste österreichische Flugfeld in Wiener Neustadt zurück. Seine Frau Josefine wurde exakt 100 Jahre nach dem ersten Salzburger Aufstieg ebenfalls Ballonführerin. Drei Jahre zuvor schaffte es der Taxenbacher Uhrmeister Hermann Schützinger, einen von ihm gebauten "Aeroplan" eine halbe Stunde lang einige hundert Meter aufsteigen zu lassen. Der von der Presse "Salzburger Zeppelin" getaufte Flugapparat stürzte allerdings beim Jungfernflug ab und verbrannte.

Beschauliche Flughafen-Anfänge

Der erste Weltkrieg unterbrach die zivilen Luftfahrt-Versuche, die Friedensverträge untersagten danach bis 1922 den Bau und Betrieb von Motorflugzeugen. Nichtsdestotrotz vollführten ehemalige Feldpiloten während dieser Zeit tollkühne Schauflüge, sogar unter dem Makartsteg hindurch. 1919 gibt es bei einer dieser illegalen Flugvorführungen den ersten Flugtoten zu beklagen, der Treibstoffmangel tat sein Übriges, dass für einige Jahre Ruhe auf dem Flughimmel über Salzburg eintrat. Doch der Ausbau der Zivilluftfahrt bei den Nachbarn – 1925 wurden in Bad Reichenhall und Innsbruck Flugplätze eröffnet und zwischen Wien, Linz und Graz existierten bereits Linenflugverbindungen – brachte Salzburg unter Zugzwang, schildert Kurt Leininger im Buch 90 Jahre "Salzburg Airport W.A. Mozart". Die Stadtväter kauften dem Militär das Exerzierfeld in Maxglan ab und forderten bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg weise vorausblickend die Verlängerung der "Gelben Elektrischen" zum künftigen Flugplatz. Ab August 1926 hatte die Mozartstadt einen bei seiner Eröffnung als "vielleicht schönsten in ganz Europa" gepriesenen Flughafen. Die Dimensionen waren freilich bescheiden: Die Landefläche auf der rund 500 mal 500 Meter großen Flugplatz-Wiese wurde mit einem 20 Meter großen Kreis gekennzeichnet, im Abfertigungsgebäude mussten das Flughafenbüro, der Warteraum, ein Pass- und Zollamt sowie eine Telefonstelle auf weniger als 22 Quadratmetern Platz finden. Tatsächlich handelte es sich beim ersten Terminal um die zurückgelassene Werkzeugbaracke der Baufirma, deren widerrechtliche Verwendung für die Stadt sogar ein gerichtliches und finanzielles Nachspiel hatte. Im "Tanklager" wurden die Benzin- und Ölfässer unter freiem Himmel aufbewahrt. Anfangs beeinträchtigten Düngerhaufen die Piloten beim Landen. WC gab es in den ersten Flughafenjahren gar keines, sehr wohl jedoch eine Gaststättenhütte.

Zeppelin bringt Salzburg aus dem Häuschen

Die nächste große Luftfahrtaufregung fand im September 1928 statt, als ein mehr als 230 Meter langes Zeppelin-Luftschiff die Stadt an der Salzach überflog und von der Festung mit Kanonenschüssen begrüßt wurde. Die Stadtsalzburger stürmten die Türme und Dächer der Altstadt, ein Waghalsiger erkletterte sogar die Kuppel der Kollegienkirche und auf dem Dachfirst des Kapuzinerklosters saß rittlings ein Mönch, um sich den "Sonnengesang" des stolzen Zeppelin anzuhören, wie die Zeitungen damals zu berichten wussten.

Die Venus im Rollfeld

Der Flugverkehr blieb den Wohlhabenden vorbehalten, ein Flug von Salzburg nach Wien kostete anno 1927 einen Facharbeiter-Wochenlohn. Kräftige Dämpfer versetzten dem rasch erblühenden Salzburg Fluggeschäft ab 1933 die von Hitler-Deutschland verhängte 1000-Mark-Sperre und der gleichzeitige Flugplatzbau im nahegelegenen bayerischen Ainring, das der "Führer" als Ankunftsort für seine Aufenthalte am Obersalzburg bevorzugte. Dieser wirtschaftliche Knick bei den Verkehrszahlen kam den Ausgrabungen auf dem Salzburger Flugplatz entgegen, bei denen Teile einer römischen Venus-Statue entdeckt wurden. Gleichzeitig erlebte der Segelflugsport mit dem Gaisberg als idealer Abschussrampe in Stadtnähe einen markanten Aufschwung.

Ausrutscher eines Präsidenten

Salzburgs Flughafen wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg gemächlich, Anrainer vor allem aus dem angrenzenden Freilassing formierten sich gegen den Fluglärm. Der Frage einer Verlegung in den nördlichen Flachgau wurde 1967 eine endgültige Absage erteilt. Die bedeutendste Kuriosität der 1970er Jahre war nur ein Flug über sehr kurze Distanz – und dies abwärts. Als US-Präsident Gerald Ford im strömenden Regen am 31. Mai 1975 der Air Force One in Salzburg entstieg, legte er stolpernd einen unfreiwilligen Kniefall vor der Mozartstadt und deren hochkarätigem Begrüßungskomitee hin. "Das war das erste Mal, dass wir jemanden auf solche Weise aus einem Flugzeug aussteigen sahen, der keinen Fallschirm benützte", kommentierte US-Generalmajor Thomas Tarpley danach die ungewöhnliche Art, Salzburger Boden zu betreten.

Kurioses über Grenzen hinweg

Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits drei Bücher erschienen sind. Die Bücher sind vergriffen, digitale Versionen stehen im Webshop des Landes zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.


Quelle: Land Salzburg



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Chefredakteur von Regionews Vorarlberg

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