10 Jahre Opferschutzgruppen in den Wiener Krankenhäusern

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Wien

03 Dez 20:00 2018 von Redaktion Salzburg Print This Article

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und Frauenstadträtin Kathrin Gaal präsentieren Opferschutz-Report über Alltag und Herausforderungen von Opferschutzarbeit im Krankenhaus

Frauen, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erleben, suchen oft Hilfe im Gesundheitssystem: 27 Prozent der Österreicherinnen, die Opfer von Beziehungsgewalt wurden, gingen ins Krankenhaus oder in eine ärztliche Ordination, stellte eine Studie der Europäischen Grundrechteagentur 2014 (FRA) fest. Das Gesundheitspersonal nimmt bei der Früherkennung von Gewalt und bei der Vermittlung von psychosozialer Hilfe für Gewaltopfer eine zentrale Rolle ein.

Auf diese Tatsache hat Wien vor zehn Jahren als erstes österreichisches Bundesland mit gesetzlichen Maßnahmen reagiert: Seit 1. Jänner 2009 schreibt das Wiener Kur- und Krankenanstalten-Gesetz die verpflichtende Einrichtung von Opferschutzgruppen in Zentral- und Schwerpunktkrankenhäusern vor. Diese umfassen ärztliche Vertreterinnen und Vertreter der Frauenheilkunde, der Unfallmedizin und der Psychiatrie, des Pflegedienstes sowie der psychologischen oder psychotherapeutischen Versorgung. Ihre Aufgabe ist die Früherkennung von erwachsenen Opfern sexualisierter, psychischer und körperlicher Gewalt – vor allem von Frauen – sowie die Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrem Krankenhaus.

Peter Hacker, Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport, zollt den Opferschutzgruppen großen Dank: „Ich bedanke mich bei allen Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die gewaltbetroffenen Patientinnen mit Kompetenz, Respekt und Empathie begegnen. Für die Betroffenen kann die Unterstützung durch Krankenhauspersonal, das Beweismaterial sichert und über Opferschutzeinrichtungen informiert, den ersten Schritt zur Sekundärprävention bedeuten.“

Verständnisvolles Gesundheitspersonal kann wesentlich dazu beitragen, das Thema häusliche Gewalt zu enttabuisieren. Denn Betroffene haben oft Angst, dass ihr Leid von der Umgebung bagatellisiert oder auch verschwiegen wird. Frauenstadträtin Kathrin Gaal spricht den Krankenhäusern, die sich des Opferschutzes annehmen, ihre Anerkennung aus: „Gut geschultes und sensibilisiertes Gesundheitspersonal trägt dazu bei, dass Frauen, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben, das Krankenhaus als einen Ort sehen, an dem man ihnen mit Respekt und Einfühlungsvermögen begegnet. Krankenhausmitarbeiter leisten wertvolle Arbeit, um Frauen in Notsituationen zu helfen. Das Übernehmen von Verantwortung für den Opferschutz ist auch ein gesellschaftlich bedeutendes Signal.“

Opferschutz-Report: Die Betreuung eines Gewaltopfers abgesehen der medizinischen Behandlung nimmt 85 Minuten in AnspruchWie der gesetzliche Auftrag im Klinikalltag funktioniert sowie welche Rahmenbedingungen die Arbeit einer Opferschutzgruppe fördern, thematisiert der neue „Opferschutz-Report“. Denn der gesetzliche Auftrag birgt in der Praxis einige Herausforderungen: jenseits des kurativen Behandlungsauftrags sind unter anderem Schulungen zu organisieren, standardisierte Abläufe im Umgang mit gewaltbetroffenen Patientinnen und Patienten zu entwickeln, zeitaufwändige Gespräche zu führen.

Den Report erstellten das Wiener Programm für Frauengesundheit und der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien gemeinsam in Zusammenarbeit mit den Opferschutzgruppen von 10 Krankenhäusern. Darin sind die Ergebnisse einer Fokusgruppenbefragung sowie einer Erhebung unter den Opferschutzgruppen in neun Krankenhäusern zusammengefasst, weiters Praxisbeispiele aus den Wiener Spitälern sowie die wichtigsten Prinzipien, wie Opferschutz im Krankenhaus gelingt.

Die Arbeit der Opferschutzgruppen in Zahlen: 2017 dokumentierten die Opferschutzgruppen in Wien 799 Opferschutzfälle. Diese Zahl umfasst nicht alle in Wien behandelten Gewaltopfer, da nicht alle Abteilungen darüber Aufzeichnungen führen können. Am häufigsten sind Abteilungen für Gynäkologie, Unfall- und Notfallmedizin, Psychiatrie, Chirurgie, HNO und Dermatologie in Opferschutzfälle einbezogen. Wieviel Zeit kostet die Betreuung eines Gewaltopfers? Durchschnittlich werden 85 Minuten für die Betreuung gewaltbetroffener Patientinnen oder Patienten benötigt. So lange dauert es notwendige Gespräche, die Dokumentation von gerichtlich verwertbaren Beweisen und Telefonate mit Opferschutzeinrichtungen abzuwickeln.

Das Fazit des Reports ist, dass der gesetzliche Auftrag von Opferschutzgruppen die Krankenhäuser vor eine Herausforderung stellt. Denn es bedarf vor allem räumlicher und personeller Ressourcen sowie die Unterstützung durch die Leitung, um den Opferschutzgedanken nachhaltig im Krankenhaus zu verankern.

Der Report wird am 4. Dezember 2018 im Rahmen der Tagung „Sichtbar werden!“ im Wiener Rathaus vorgestellt. Programm zur Tagung: https://www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/frauen/frauengesundheit/schwerpunkte/gewalt/konferenz-opferschutz.htmlb



Quelle: Stadt Wien



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