Salzburg: „Nannerl“ – eine Frau zwischen zwei Epochen

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Neue Forschungsarbeit des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde zu Mozarts Schwester erschienen, im Bild: Autorinnen Christina Grandl, LR Andrea Klambauer, Ulrike Kammerhofer-Aggermann und Verena Maria Höller
Foto: Land Salzburg
26 Okt 12:00 2020 von Redaktion Salzburg Print This Article

Neue Forschungsarbeit des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde zu Mozarts Schwester erschienen / 191 Todestag am 29 Oktober 2020

(LK) Ein Likör oder auch Schokokugeln sind nach ihr benannt, doch wie so oft, blieb sie nur die „kleine“ Schwester ihres „großen“ Bruders Wolfgang Amadeus Mozart: Maria Anna (1759 bis 1829), besser bekannt als „Nannerl“. Ihr ist nun ein eben erschienener wissenschaftlicher Band des Salzburger Landesinstitutes für Volkskunde gewidmet, der Einblick in ihr Leben gibt und mit so manchem Vorurteil aufräumt.

„Gerade mit dieser Forschungsarbeit zeigt sich, wie wichtig es ist, sich mit dem Gestern zu beschäftigen, um Bilder, die wir von der Vergangenheit haben, zu hinterfragen und nicht alles als gegeben hinzunehmen. Den Autorinnen ist es durch akribische Arbeit gelungen, das Rollenbild einer bürgerlichen Frau im 18. Jahrhundert in Salzburg neu zu beleuchten“, so Landesrätin Andrea Klambauer, die sich bei den Autorinnen Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Verena Maria Höller, Christina Grandl, Eva Neumayr und Anna-Magdalena Samardzic für ihr Engagement bedankte.

Ein Leben ohne finanzielle Sorgen

Nannerl reiste in ihrer Jugend gemeinsam mit ihrem Bruder als Pianistin durch Europa. Später musste sie auf ihre Karriere verzichten und wurde vom Vater einfach verehelicht. „Doch die Dokumente ihres Ehemannes ergeben ein anderes Bild. Ihre Ehe ermöglichte ihr ein Leben frei von finanziellen Sorgen in einer turbulenten Zeit, in welcher Musikerinnen oft Existenzsorgen plagten“, so Ulrike Kammerhofer-Aggermann, ehemalige Leiterin des Landesinstitutes für Volkskunde und Herausgeberin des Bandes.

Wider die Klischees

Maria Anna war mit Reichsfreiherr Johann Baptist von Berchtold zu Sonnenburg (1736-1801) verheiratet, er war einer der erzbischöflichen Gebietsverwalter (Pfleger) und lebte in St. Gilgen. Die gemeinsamen Jahre waren von Umbrüchen am Ende des Fürsterzbistums Salzburg geprägt, denn sie führten vom feudalen Rokoko zum aufgeklärten Absolutismus. Nannerl blieb auch während ihrer Ehe Klavierlehrerin und war zeitlebens stolz auf ihren Bruder. Aus den hier veröffentlichten Dokumenten geht ihre Sonderstellung zwischen den damaligen Lebensbildern von Frauen hervor.

Ehefrau und Künstlerin zugleich

Trotz intellektueller und künstlerischer Freiheiten musste sie sich dennoch weitgehend in das gängige Frauenbild als Tochter und Ehefrau einordnen. „Die Aufzeichnungen zu ihrer Ehe setzen vielen Klischees von einer bedauernswerten Nannerl, verzichtenden Schwester und zwangsverheirateten Tochter ein Ende und zeigen eine Frau am Übergang zwischen zwei Epochen“, so Verena Maria Höller. Nannerl starb mit 78 Jahren, finanziell abgesichert als Freifrau Maria Anna von Berchtold zu Sonnenburg. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof St. Peter in Salzburg.

Dokumente und Archive akribisch durchforstet

Der vorliegende Band ist eine eigenständige Forschungsarbeit des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde (SLIVK), der zwischen 2006 und 2020 mit freien Mitarbeiterinnen erstellt wurde. Die Grundlage der Arbeit bilden nachgelassene Dokumente, die sich in den Archiven der Internationalen Stiftung Mozarteum, dem Salzburger Landesarchiv und dem Stadtarchiv Salzburg befinden. Die Dokumente wurden erstmalig wissenschaftlich bearbeitet.

Das Buch

„… meiner lieben Frau Ehegattin Maria Anna geborene Mozart ...“. Ehekontrakt, Testament und Nachlassinventar ihres Ehemannes. Ulrike Kammerhofer-Aggermann und Verena Maria Höller (Hg.), Salzburger Beiträge zur Volkskunde 28. Salzburg 2020. 480 Seiten.


Quelle: Land Salzburg



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