Europas Weg

31 Mär 00:48 2014 von Oswald Schwarzl Print This Article

Der Versuch einer soziologischen Zukunftsschau  angesichts gesellschaftlicher und machtpolitischer Veränderungen

Genetisch ist das System der Evolution zur Anpassung von Leben an geänderte Umstände  genial einfach, aber aufwendig: Es wird eine ganze Palette von Mutationen erzeugt und die am Besten geeignete setzt sich durch, während die übrigen keine weitere Reproduktion erfahren. Das nicht geeignete stirbt aus, wird eliminiert. Tausende Reste solch früherer Arten  sind der Paläontologie bekannt.

 

Auch Sitten und Gebräuche richten sich letztlich danach, den besten Fortpflanzungserfolg der Art zu sichern, denn wenn dieser nicht mehr gegeben ist, eliminiert sich das Konservative bald selbst.

 

Die Entwicklung des Menschen fand immer in einer Gemeinschaft statt, da eine solche wirksamen Schutz und Hilfe bot. Wie bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich, den Schimpansen,  war wohl die kleinste Einheit ursprünglich die Horde, entsprechend einer Familiengruppe mit mehreren Frauen und einem dominierenden männlichen Oberhaupt.

Wenn dann die Entwicklung von der polygamen zur monogamen Familie ging, so muss diese Form  bei Sesshaftigkeit (Ackerbau) und Werkzeugverwendung den besseren, sichereren Aufzuchtserfolg ergeben haben.


Quelle: Stiftung Weltbevölkerung 2012

Sehen wir jetzt näher auf die Verhältnisse in Europas jüngerer Vergangenheit.

Bis ins 20. Jahrhundert bestimmte der Grundsatz der katholischen Kirche das gesellschaftliche Leben, dass jede Intimität zwischen Mann und Frau  außerhalb einer Ehe als Unmoral und Sünde zu verurteilen sei.

Die strenge Kirche ging sogar so weit, jeden Intimverkehr ohne Zeugungsabsicht als sündhaft zu verbieten. Entsprechend waren auch die  Mutter und das ledige Kind gesellschaftlich gebrandmarkt. Vielfach musste die ledige Mutter das Kind gleich nach der Geburt abgeben, um die „Schande“ möglichst zu begrenzen und genau so galt ein eheähnliches Zusammenleben von Mann und Frau ohne Ehe als unmoralisch. Auch die alleinig staatliche Eheschließung als weltlicher Rechtsakt  musste sich erst gegen Widerstand durchsetzen.

Trotz der Trennung von Kirche und Staat war Ehebruch auch bei uns bis vor wenigen Jahrzehnten auch ein Tatbestand des Strafrechts mit möglichen Sanktionen für den Störer.


Afrikaner am Weg nach Europa - epa
Mit der Verbreitung von Verhütungsmitteln und –Methoden wurde die Befriedigung des biologisch und emotionell so bedeutenden Lusterlebnisses Geschlechtsverkehr weitgehend ohne das Risiko einer Schwangerschaft möglich, womit sich der Anreiz zu einer mit gesetzlichen Zwängen verbundenen Bindung Ehe stark verminderte.

Eine fast sprungartige Veränderung kam mit Beginn unseres neuen Jahrtausends. Alle bisherigen gesellschaftlichen Zwänge scheinen gefallen. „Man“ lebt unbehelligt in einer formlosen Partnerschaft, auch eine gewollte oder ungewollte Schwangerschaft ist kein Grund mehr für eine Heirat. Ist nach einigen Jahren der Reiz des neuen bzw. der Hormonstau vorbei und der Partner zeigt seine Schattenseiten (das verflixte 7. Jahr!), geht man auseinander und verbindet man sich neu, so entsteht die Patchworkfamily. („Deine und meine Kinder streiten sich gerade mit unseren Kindern!“). In den Städten liegt die Scheidungsrate der noch erfolgenden Eheschließungen bei 50 Prozent.

Statistik Austria

Gleichzeitig hat sich das Bild der Frau stark geändert:

Nur Hausfrau und Mutter zu sein wurde zur Ausnahme,  da der finanzielle Beitrag der Frau zu den hohen Lebenshaltungskosten, insbesondere für Wohnen, dies notwendig machte. Mit dem eigenen Einkommen und   der Ausschaltung des Risikos der  ungewollten Schwangerschaft ist der Weg zur Gleichberechtigung frei und die Frau findet wie der Mann gefallen an beruflicher Leistung, Anerkennung außerhalb der Familie und an Unabhängigkeit.

Heute  ziehen es viele junge   Frauen vor, Single zu bleiben und auch im Alter verbindet man sich mit einem Mann nur für schöne Stunden oder Reisen. Die Rolle der lebenslang dienenden und pflegenden Hausfrau ist out.

Die nachwachsende Jugend wächst in der Regel materiell gut versorgt auf, oft zu verwöhnt, weil die Eltern glauben, dadurch ihren  Mangel an Zeit für Zuwendung an die Kinder zu kompensieren. Dadurch wird aber eine spätere Haltung der Heranwachsenden begünstigt, Forderungen ohne eigenen Anstrengung für berechtigt zu halten.

 

Die Folgen dieser Entwicklung sind demografisch schnell zu spüren: Die Geburtenrate geht weiter drastisch zurück wie auch die Zahl der Eheschließungen und am Beispiel der Stadt Linz zeigt sich, dass 50 Prozent  der Wohnungen nur  von einer Einzelperson bewohnt sind. Der berufliche Ehrgeiz der neu ins Erwerbsleben tretenden hält sich in Grenzen.

Ein populäres Buch zitiert einen für die neue Lebenseinstellung typischen Leserbrief einer 54jährigen Frau:

 

„Wir Frauen haben die Entwicklung gemacht, die die Männer früher verlangt haben: Werdet selbständiger, seid nicht so gefühlsbetont! Jetzt sind wir logisch, entschlussfreudig und rational; deswegen sagen wir nicht mehr so oft ja, und das ist den Männern auch nicht recht. Eine reife, selbstbewusste Frau muss den Mann sehr lieben, um mit den – angeblich nicht veränderbaren – männlichen Schwächen zurechtzukommen. Heute sind aber viele lebenserfahrene Frauen nicht mehr dazu bereit, weil es für sie häufig ein Stück eingeschränkter Lebensqualität bedeutet.“

Die Singlefrau im Alter über 40 möchte jedenfalls nicht mehr gerne die Rolle der Köchin und Pflegerin für den alternden Mann übernehmen, sondern sucht sich einen zeitweisen Partner für schöne Stunden, doch jeder bleibt in seiner Wohnung.

Ein Paradebeispiel für das Leben einer selbstzufriedenen Singlefrau bietet ein kürzlich erschienen Buch, das auch prompt in kurzer Zeit schon fünf   Auflagen erlebte.

Wer  trockene Reisebeschreibungen erwartet, wird vielmehr vorwiegend von den Schilderungen der  Befindlichkeiten einer fünfzigjährigen, liebenswürdigen und klugen Journalistin gefangen genommen, die eine intensive Betrachtung ihres Singlelebens einflechtet und die voll vernetzt im Internet -  anstatt eigener Familie -  glücklich zu sein scheint.

 

Jüngere Leser dieses Buches aus meinem Bekanntenkreis waren von Stil und Aussage  voll begeistert.

Eine ältere Leserin, obwohl mit dem Hausfrauendasein unzufrieden, brach das Lesen des Buches nach einigen Kapiteln aber ab, „da sie kein Interesse an den krampfhaften Rechtfertigungsversuchen der verfehlten Lebensplanung einer alternden Emanze“  hätte.

Psychologen wissen: Jeder Mensch neigt dazu, das zu sehen oder  sich zu merken, was sein eigenes Konzept bestätigt. Vielleicht konnte die unzufriedene Leserin - selbst im traditionellen Familienzwang lebend -  im Unterbewusstsein nicht ertragen, die – wenn vielleicht auch zweifelhafte – Freiheit der Autorin zu verdauen. Wahrscheinlich ist  aber auch an ihrer Sicht etwas dran, wenn in höherem Alter eigene Kinder und Enkel gegenüber meist schöngefärbten Cyberbekanntschaften  abzuwägen sind!

Sei es wie immer, richtig ist, dass unsere Gesellschaft in Richtung Auflösung der Familienbindungen  geht.


Auch die modische Vorzeigefrau von ORF 2, Nadja Bernhard, lebt in einer Partnerschaft mit einem Zeitungsherausgeber

Während die Bevölkerung Europas abnimmt, aber aufgrund des Vorsprungs in Technik und Bildung in relativem Wohlstand lebt, explodiert die Einwohnerzahl Afrikas unter  Massen-verarmung und gleicht einem Druckkessel.  Der Filter der nordafrikanischen  Islamstaaten wird wegen eigener Probleme immer durchlässiger und alle Bemühungen, afrikanische Staaten über Entwicklungshilfe zu einem Zustand lebenswerter Selbsterhaltung zu verhelfen, haben sich als wirkungslos erwiesen.

Schlussfolgerungen über  künftige  Auswirkungen auf Europa zu stellen, wäre hier vermessen und eigentlich möchte sie niemand hören.

 

Machen wir daher lieber gleich einen größeren Sprung nach vorne:

Das männliche Geschlechts-Chromosomenpaar 23, ( xy)  hat zum Unterschied zum weiblichen xx  (das im Prinzip gleiche Chromosom je von Vater und Mutter) zwei strukturell verschiedene Stränge und kann so Fehler in der Übersetzung bzw. negative Mutationen nicht ausbessern.[1]

Der angesehene Oxforder Genetikprofessor hält es daher für wahrscheinlich, dass das männliche Geschlecht über einen Zeitraum von 5000 Generationen (ca. 125 000 Jahre)  ausstirbt.

 

Das hieße nicht das Ende der Menschheit, denn Klonen bei Tieren ist heute schon gelungen und bis dahin ist auch  die künstliche Befruchtung eines Eies mit dem Zellkern eines anderen weiblichen Eies sicher möglich.

Nun sind der Fantasie über eine dann  rein weibliche  Welt keine Grenzen gesetzt.

 

Folgt in einer Welt nur mehr künstlich und planmäßig gezeugten Lebens  ewiger Frieden und Wohlstand, denn die männlichen, mit Streit gelösten  Revierkämpfe sind Vergangenheit? Und würde die Liebe   fehlen?

Womöglich  haben wir aber bis dahin unseren Planeten schon so geplündert und schlecht behandelt, dass wir uns selbst die Lebensgrundlagen entzogen haben.

 

Vielleicht sollten wir aber auch das Ganze und uns selbst doch nicht zu ernst nehmen, denn  wenn wir das Problem nicht global sonder universell betrachten, dann ist die Besiedlung des kleinen Planeten Erde mit Menschen unter den Milliarden steriler Sterne   ungefähr so bedeutend, wie global ein vergessener Kohlkopf auf dem Tullner Feld, auf dem es von Blattläusen wimmelt!



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