Schelling: HETA-Problem soll vom Tisch und Kärnten aus den Haftungen

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15 Okt 23:52 2015 von Oswald Schwarzl Print This Article

Vergleich mit Bayern, Angebot an Hypo-Gläubiger, Kärnten leistet Beitrag und bekommt Kredit vom Bund

Wien (PK). Der Nationalrat unterstützt Finanzminister Hans Jörg Schelling in seiner Absicht, die teuren Hypo-Gerichtsverfahren mit Bayern per Vergleich zu beenden und beschloss ein "Bundesgesetz aus Anlass des Generalvergleichs mit dem Freistaat Bayern", das Schelling ermächtigt, Zahlungen an Bayern zu leisten und wechselseitig auf Forderungen zu verzichten.

Um das Problem Hypo/HETA rasch vom Tisch zu bringen, ermöglicht das Gesetz dem Finanzminister zudem, Kärnten seitens des Bundes einen langfristigen, nieder verzinsen Kredit einzuräumen, um Hypo-Anleihen mit Kärntner Landeshaftungen zurückzukaufen und so "aus den Haftungen herauszukommen". Anleihen-Gläubiger der ehemaligen Hypo sollen "am Misserfolg der Bank beteiligt werden", indem der Rückkauf zu einem Preis erfolgt, der auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der HETA sowie Kärntens angemessen Bedacht nimmt. Akzeptiert eine qualifizierte Mehrheit von 66% der Gläubiger das Angebot, soll es für alle Gläubiger gelten. Die als schwierig eingeschätzten Verhandlungen mit den verschiedenen Gläubigergruppen wird der Bund laut Schelling professionell managen. Unerlässliche Voraussetzung für diese Vorgangsweise seien finanzielle Beiträge Kärntens auf Basis einer Vermögensaufstellung hielt Minister Schelling dezidiert fest. Das mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP beschlossene Gesetz sieht überdies vor, die Abbaugesellschaft des Bundes (ABBAG) in eine schlank organisierte GmbH umzuwandeln, die alle Dienstleistungen erbringen kann, die für eine bestmögliche Vermögensverwertung erforderlich sind.

Bedenken bei der Opposition
Sprecher der Opposition würdigten den Einsatz des Finanzministers bei der Abwicklung der HETA und sein Bemühen, die politischen Beziehungen zum Nachbarn Bayern durch einen Rechtsfrieden zu entlasten. Abgeordnete von SPÖ und ÖVP, allen voran die Kärntner Gabriel Obernosterer (V) und Philip Kucher (S) unterstützten die Absicht, das Problem mit den Kärntner Haftungen rasch zu lösen und dem Land einen baldigen Neustart zu ermöglichen, insbesondere auch im Interesse der Jugend. Mangels ausreichender Informationen und angesichts der rechtlichen Risiken der vorgeschlagenen Vorgangsweise sahen sich Mandatare der Grünen und NEOS nicht in der Lage, dem Gesetz zuzustimmen. Die FPÖ bezweifelte einmal mehr die Rechtmäßigkeit der Kärntner Haftungen und riet dazu, die Ergebnisse des Hypo-Untersuchungsausschusses abzuwarten, weil sie noch die Chance sehen, Fehlverhalten der Bayern als Hypo-Eigentümer im Vorfeld der Verstaatlichung nachzuweisen. Der Generalvergleich sei ein riskanter Schnellschuss und abzulehnen.

Für die ÖVP trat Andreas Zakostelsky (V) in der Debatte dafür ein, die HETA so schonend wie möglich für den Steuerzahler abzuwickeln. Dem diene der Generalvergleich mit Bayern, der es erlaube, teure Rechtsstreitigkeiten zu beenden. Ein Verfahren werde auf Wunsch Bayerns aus rechtlichen Gründen, aber ohne finanzielles Risiko für Österreich weitergeführt, teilte Zakostelsky mit und appellierte an die Opposition, den Bundesminister darin zu unterstützen, das Hypo/HETA-Problem mit einem großen Wurf zu lösen.

Grüne loben und kritisieren Schelling
Lob für Schellings Handlungsfähigkeit beim Zahlungsmoratorium und in dessen Bemühen um Rechtsfrieden mit Bayern zollte Werner Kogler (G). Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Hypo-Probleme Folge schlechten Verhandelns früherer Regierungen seien. Das Geld, das Bayern in die bereits kaputte Hypo einbrachte, sei Eigenkapitalersatz gewesen und hätte nach der Verstaatlichung in der dann österreichischen Bank bleiben müssen. Skepsis zeigte Kogler bei der Gläubigerbeteiligung. Statt Verantwortung nach Kärnten zu verschieben, sollte man es auf einen Schuldenschnitt ankommen lassen. Die Kärntner Haftungen seien nichts wert, weil das Land niemals für 24 Mrd. € haften konnte. Kogler meinte, der Bund sollte die HETA abwickeln und die Kärntner Fragen gesondert behandeln.

Für Kai Jan Krainer (S) geht es bei der vorgeschlagenen Vorgangsweise darum, einen Konkurs Kärntens zu verhindern und die zentrale Frage der Haftungen zu lösen. Daher wird der Finanzminister ermächtigt, Kärnten Geld zu borgen, um die behafteten Anleihen zurückzukaufen. Als Voraussetzung wird Kärnten einbringen müssen, was es am Verkauf der Hypo verdient hat und es wird seine Vermögenslage klar darzustellen haben. Zugleich werde dafür gesorgt, dass Kärnten seine öffentlichen Aufgaben erfüllen kann. Für skandalös hält Krainer das Verhalten der FPÖ, die gegen die Lösung der Problemen stimme und jetzt versuche, politisches Kapital herauszuschlagen, statt mitzuhelfen, die Trümmer wegzuräumen, für die sie selbst verantwortlich ist.

Diesen Vorwurf Krainers wies für die FPÖ Gernot Darmann zurück. Er erinnerte an die Verantwortung von SPÖ- und FPÖ-Politikern für die Umwandlung der Hypo in eine AG und an einstimmige Beschlüsse des Kärntner Landtags für Hypo-Haftungen. Darmann erinnerte weiters an den "Blindflug" der Bundesregierung bei der Verstaatlichung der Hypo im Jahr 2009, eine Fehlentscheidung wie nun der Generalvergleich mit Bayern. Darmann riet dazu, die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abzuwarten, um den Schaden für Kärnten und die Republik zu minimieren, sagten die FPÖ-Abgeordneten Gernot Darmann und Erwin Angerer unisono.

Für eine Zustimmung zur vorliegenden Entscheidung, für die er Sympathie empfinde, vermisste Rainer Hable (N) wesentliche Informationen, etwa das Griss-Gutachten. An inhaltlichen Bedenken führte Hable gegen den Bayernvergleich an, dass der Eigenkapital-Prozess für ihn nicht ohne Risiko für Österreich sei. Dazu kommen verfassungsrechtliche Bedenken sowie die Frage, ob nicht möglicherweise der Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Privateigentum verletzt werden. Es sei fraglich, ob es sinnvoll sei, das Unvermeidliche, ein Insolvenzverfahren, vermeiden zu wollen.

Schelling: Beenden wir das Chaos und sorgen wir für Rechtssicherheit
Finanzminister Hans Jörg Schelling forderte die Opposition auf, die Faktenlage zur Kenntnis zu nehmen, die der Griss-Bericht, der gegenständliche Rechnungshofbericht und die Ergebnisse des Kärntner Untersuchungsauschusses bieten - der Hypo-Untersuchungsausschuss könne die Faktenlage nicht umkehren, so Schelling.

Zweifel am Versuch, Kärnten aus den Haftungen zu bringen hielt der Minister für verständlich und warb für seinen Weg, den der Verfassungsgerichtshof vorgezeichnet habe. Er wolle das Chaos beenden und Rechtssicherheit gewinnen. Die Arbeit sei extrem schwierig und die Zeit dränge, denn wenn es nicht gelinge, bis 30. Mai 2016 eine Lösung zu finden, sei ein Konkurs Kärntens nicht auszuschließen. Das vorliegende Gesetz werde nicht zur Anwendung kommen, wenn Kärnten nicht die notwendigen Beschlüsse im Landtag fasst, oder wenn es nicht gelingt, eine Zustimmung von 66 % der Gläubiger zum Rückkaufangebot für behaftete Anleihen zu erreichen, hielt Schelling in Übereinstimmung mit ÖVP-Abgeordnetem Werner Groiß (V) fest. Alle Investor hätten sehen müssen, dass ein Land mit einem Budget von 2 Mrd. € nicht mehr als 20 Mrd. € an Haftungen bedienen kann. Die 66 %-Klausel entspreche internationalen Standards und werde in vielen Verträgen auf dem Kapitalmarkt angewendet, informierte der Finanzminister.

Neustart für Kärnten
Gabriel Obernosterer (V) zeigte sich froh über die Möglichkeit, dass Kärnten aufgrund eines Bundesgesetzes aus der haftungsproblematik herauszukomme. Für ungeheuerlich empfand es Obernosterer, das eine Partei dieses Gesetz ablehne, die zur Zeit der Haftungsbeschlüsse den Landeshauptmann und den Finanzreferenten stellte. Obernosterer dankte dem Finanzminister für sein Bemühen, einen Schlussstrich zu ziehen und den Kärntnern die Möglichkeit zu geben, wieder an die Zukunft zu denken. Kärnten soll seine Zukunft wieder selbst gestalten können. Er sei enttäuscht, dass das Herz der FPÖ stärker für die Partei als für Kärnten schlage, schloss Obernosterer.

Auch er sehne einen Neustart für Kärnten herbei, sehe diesen aber nicht, sagte Bruno Rossmann (G). Der geplante Anleihenrückkauf durch Kärnten lasse Unsicherheiten und Risiken erkennen. Unklare Vorbedingungen für Kärnten, wie das strukturschwache Land ohne eigene Einnahmen bis zu 8,2 Mrd. € an Schulden tragen solle, lauteten die Fragen, die Rossmann als offen bezeichnete.

Robert Lugar (T) wiederum machte darauf aufmerksam, dass Wolfgang Schüssel die Verstaatlichung der Hypo im Untersuchungsausschuss als nicht notwendig bezeichnet hatte, weil der Bund keine Verantwortung für die Kärntner Haftungen hatte. Richtig wäre es gewesen, die Hypo in Konkurs gehen zu lassen. Das hätte zur Folge gehabt, dass sich andere Länder nicht mehr so einfach verschulden hätten können. Bei einem Konkurs wären die Gläubiger weitgehend leer ausgegangen, was es für die anderen Länder notwendig gemacht hätte, sich beim Bund zu verschulden, der die Kontrolle der Länder übernommen hätte - das wollte man 2009 verhindern. Zudem lag die Notverstaatlichung im Interesse Bayerns, sagte Lugar, der es für problematisch hielt, dass Bayern mehr bekomme als ein Pensionsfonds, der Hypoanleihen gezeichnet habe, der aber - anders als die Bayern - keine Verantwortung für die Verluste der Hypo trage.

Philip Kucher (S) begrüßte die Chance, die leidige Causa Hypo für Kärnten und Österreich zu beenden und verlangte, aus den Erfahrungen die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Die neue Reformkoalition in Kärnten habe zukunftsweisende Schritte gesetzt, sie kämpfe für Arbeitsplätze und schaffe Perspektiven für junge Menschen. Daher braucht das Land wirtschaftlich sinnvolle Lösungen im Interesse der jungen Menschen.

Gabriele Tamandl (V) lobte den Finanzminister dafür, in seiner noch kurzen Amtszeit viele große Baustellen bewältigt zu haben. Sie interstützte den Generalvergleich mit Bayern nachdrücklich, weil es sinnvoll sei Rechtsfrieden herbeizuführen, dem dienen die Ermächtigungen des vorliegenden Gesetzesvorschlags. So werden Prozesskosten vermieden und das politische Klima mit dem Nachbarland entlastet. Dass sei ein guter Schritt in Richtung Bereinigung einer unangenehmen Causa, für die Landeshauptmanns Haider verantwortlich sei.

Die EU-Bankenunion nimmt Gestalt an
Auf dem Weg zur Europäischen Bankenunion wird für die Abwicklung maroder Banken ein einheitlicher Fonds (Single Resolution Fund, SRF) eingerichtet, dessen Dotierung, Vergemeinschaftung und Nutzung mit einem Übereinkommen geregelt wird, dem der Nationalrat mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS zustimmte. Die Übertragung des jährlich zu leistenden Beitrags von jeweils 198 Mio. € startet am 30. Juni 2016. Vorwegbeiträge werden bis 31.1.2016 vorläufig an nationale Kammern übertragen. In der Folge sinken die Kosten dieser Kammern von 100% im ersten Jahr auf 60% im zweiten und auf 40% im dritten Jahr sowie in den verbleibenden Jahren jeweils um 6,66 Prozentpunkte.

Im Hinblick auf die Dotierung des Gemeinschaftlichen Abwicklungsfonds erinnerte Hubert Fuchs (F) die Regierung an ihr Versprechen, die Fondsbeiträge der Kreditinstitute auf die Bankenabgabe anzurechnen. Dies sei notwendig, um Wettbewerbsnachteile der österreichischen Banken abzumildern und die Kreditbedingungen für die heimische Wirtschaft, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu verbessern. Besonders gravierend sei der Wettbewerbsnachteil österreichischer Banken gegenüber Deutschland, führte Fuchs aus. "Die Senkung der Arbeitslosigkeit durch Steigerung des Wachstums setzt einen besseren Zugang der KMU zu Bankkrediten voraus, daher ist der Beitrag zum einheitlichen Abwicklungsfonds zu 100 % auf die Bankenabgabe anzurechnen", forderte Fuchs. Andreas Zakostelsky (V) begrüßte den Fonds, der es erlauben werde, marode Banken abzuwickeln ohne den Steuerzahler zu belasten und stimmte Fuchs darin zu, dass es wichtig sei, die heimischen Banken nicht doppelt zu belasten. "Die Bankenabgabe ist obsolet geworden", sagte Zakostelsky.

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Oswald Schwarzl

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