Salzburger Pfingstfestspiele

Slide background
Kein Bild vorhanden
26 Mai 22:00 2015 von Redaktion Kultur Print This Article

Gelungene Vergötterung: Glucks „Iphigénie en Tauride“ und Neumeiers Ballett „Ein Sommernachtstraum"

SALZBURG. Ausrangierte Stahlrohrbetten, graue Betonwände, ein verrostetes Tor und am Boden herumliegende Kleiderhaufen, wie Überreste aus einem Altkleidersammelcontainer. Inmitten dieser Tristesse die Königstochter Iphigénie und ihre Priesterinnen. Die Körper der aschfahlen, glanzlosen Gesichter stecken in grauen Arbeitskitteln, alten Pelzstiefeln und schäbig abgetragenen Westen (Kostüme Agostino Cavalca). Kein Vorhang erhebt sich, das Publikum wird jäh mit diesem bedrückenden Bühnenbild, einem neonbeleuchteten Flüchtlingslager oder doch Gefangenenlager (passend von Christian Fenouillat) und den Wehklagen der Griechin konfrontiert. Ergreifende Intensität von der ersten Sekunde an. Zugespielte donnernde Knaller von Maschinengewehren und explodierenden Bomben erklingen bereits zur Ouverture. Die Regisseure Moshe Leiser und Patrice Caurier konzentrieren sich in ihrer Inszenierung aufs Wesentliche. Weisen einfühlsam und zugleich entschlossen sowie klar ebenso auf das menschliche Leid der Gegenwart hin. Das berührt. Zutiefst.


 


Emotionale und stimmliche Ereignisse: Bartoli und Maltmann


Die erfolgreiche Intendantin der Salzburger Pfingstfestspiele, Mezzosopranistin Cecilia Bartoli, singt und spielt die Titelpartie der „Iphigénie“ derart überzeugend, ausdrucksstark und leidenschaftlich, dass einem zeitweise der Atem stockt. Bartoli interpretiert die innersten, quälenden Seelenstimmungen einer Frau, die seit 15 Jahren auf Befehl des Skythenkönigs Thoas, töten muss, emotional intensiv. Ausnahmslos alle Fremden, die das Land betreten, werden den Göttern geopfert. Einer davon ist ihr Bruder Orest, den Iphigénie anfänglich nicht erkennt. Der grandiose Bariton Christopher Maltmann scheut als Orest nicht davor zurück, über zehn Minuten seinen nackten, stählernen Körper zur Schau zu stellen.  Nicht nur darstellerisch (den Muttermörder holen die Furien in der Traumszene ein; Opferszene), sondern auch mit seiner Stimmgewalt zieht er das Publikum in seinen Bann. Das Team rund um Bartoli ergänzen großartig: Topi Lehtipuu als Pylade, der opferbereite, treue Freund von Orest; Michael Kraus gibt einen hervorragenden Thoas und Rebeca Olveras, als Diane ganz in Gold gehüllt. Grandios Leistung des Coro della Radiotelevisione Svizzera. Das Ensemble I Barroccisti musiziert famos unter der exzellenten, wie bestimmten musikalischen Leitung von Diego Fasolis. Hellste Begeisterung.


 


 


Ein choreographischer Balletttraum: John Neumeiers „Ein Sommernachtstraum“


Standing ovations für den eleganten US-amerikanischen Tänzer und Choreograf John Neumeier und sein Hamburg Ballett im Großen Festspielhaus am Pfingstsonntag. Die gefeierte Choreographie wurde seit 1977 mehrmals überarbeitet und gilt als eines der phantasiereichsten Meisterwerke Neumeiers.


 


Begeisterung für Cecilia Bartolis feinsinnige und geistreiche Programmgestaltung


Rund 12.650 Besucher aus 48 Nationen sind zu den diesjährigen Pfingstfestspielen nach Salzburg gekommen. Die Gesamtauslastung liegt demnach bei 93%. Nach den unveränderten Kernmärkten Österreich, Deutschland, Schweiz hat sich in diesem Jahr Spanien an Position 4 geschoben. Russland bleibt an Position 5 deutlich vor Frankreich. Als stärkste Übersee-Nation liegen die USA in der Besucherstatistik knapp hinter Frankreich.


Sehr erfreulich ist auch die Kontinuität der Gäste zu Pfingsten. So haben über 45% mindestens 2 der 4 Jahre Pfingstfestspiele unter der künstlerischen Leitung von Cecilia Bartoli besucht. 15% des Publikums waren in allen 4 Jahren dabei.



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Redaktion Kultur

Kunst und Kultur

Weitere Artikel von Redaktion Kultur