Digitales Zeitalter verändert Politik und Gesellschaft

Slide background
Kein Bild vorhanden
18 Aug 14:01 2015 von Oswald Schwarzl Print This Article

Die Digitalisierung wird große Chancen für Wachstum, Beschäftigung und Demokratie bieten, aber auch große Herausforderungen für die Arbeitswelt, die Gesellschaft und die Politik mit sich bringen

LINZ. Der Bundesrat möchte mit dem Schwerpunkt „Digitaler Wandel und Politik“ vorausschauend die Auswirkungen der Innovationen aus der Perspektive der Gesetzgebung untersuchen.
 

In einem Online-Konsultationsverfahren (www.besserentscheiden.at) und in Veranstaltungen wird die Frage erörtert, welche politischen oder rechtlichen Änderungen erforderlich sind, damit wir den „Digitalen Wandel“ nutzen können. Die Ergebnisse dieser Diskussionen werden in einem Grünbuch zusammengefasst und dienen im November 2015 als Entscheidungsgrundlage für die parlamentarische Enquete „Digitaler Wandel und Politik“.


Im Zuge der Erarbeitung des Grünbuches lädt der Präsident des Bundesrates Gottfried Kneifel am Dienstag, 15.9., von 15 bis 18 Uhr zu einem Arbeits-Meeting in den Bundesratssitzungsaal des Parlaments ein.


Digitalen Wandel gemeinsam gestalten –


dazu hat der Bundesrat einen fraktionsübergreifend- einen Prozess eingeleitet: Offene Diskussion auf der Online-Plattform www.besserentscheiden.at bis 25.10.


Alle Stellungnahmen bilden das Grünbuch für die Beratungen bei der Enquete des Bundesrates „Digitaler Wandel und Politik“ am 18.11.


Am 3.12. kommt der EU-Kommissar für die Digitale Agenda, Günther Oettinger,    und diskutiert mit Mitgliedern des Bundesrates und des Europa-Parlaments


Anschließend werden in einem gemeinsamen Antrag an die Bundesregierung die Handlungsfelder zur digitalen Politik in Österreich definiert


 


Kneifel: „Machen Sie mit an diesem spannenden und demokratischen Prozess! Es geht um Wachstum, Beschäftigung und soziale Sicherheit – also um die Zukunft Österreichs!“


 


Digitale Wirtschaft braucht digitale Verwaltung


Bereits mehr als 70 Prozent der Bevölkerung nutzen E-Government. Der Elektronische Akt (ELAK – made by Fabasoft in OÖ) ist ein weltweit gerühmtes Erfolgsprodukt für Effizienz und Prozessbeschleunigung in der heimischen Verwaltung. In diese Richtung müssen wir weiter gemeinsam gehen. Eine effiziente, schlanke Verwaltung (zB. GISA – Gewerberegister neu – aus 14 Register wird eines, Personenstandsregister, Melderegister, usw.).


Warum sollen nicht einzelne Länder als Kompetenzcenter Verwaltungstätigkeiten für ganz Österreich übernehmen? Eine einheitliche elektronische Identität/Signatur (mehr als 500.000 nutzen bereits die Handy-Signatur.at) oder eine einheitliche elektronische Zustellung für alle (meinbrief.at / zustellung.gv.at) bedeuten Kosteneinsparungen auf Behörden- und Bürgerseite.


Pilot x-trans.eu zwischen Österreich und Bayern – Oberösterreich hat hier federführend gezeigt, dass bei grenzüberschreitenden Schwertransporten nur eine elektronische Plattform für Genehmigungen genügt und die Prozesse dahinter elektronisch ablaufen können. Jetzt muss die Politik dafür Sorge tragen, dass dies in ganz Europa möglich wird.


 


Kneifel: „Ziel muss es sein, eine einzige digitale Zugangskomponente für Bundes-, Landes- und Gemeindeanliegen zu schaffen. Das bringt dem Bürger wirklich einen Nutzen!“




Paul Rübig: „Die digitalen Mauern innerhalb Europas müssen endlich weg und es muss ein einheitlicher europäischer Binnenmarkt geschaffen werden!”


Im Jahr 2014 beschloss das Europäische Parlament mit Mehrheit, dass Roamingaufschläge ab Ende 2015 innerhalb der Europäischen Union abgeschafft werden sollen. Rübig kritisiert die EU-Mitgliedstaaten, da diese die vollständige Abschaffung der Roaminggebühren beim Telefonieren und mobilen Internetsurfen im EU-Ausland weiter verzögern wollen und es erst frühestens 2017 Fortschritte in diesem Bereich geben soll. Die ÖVP-Delegation fordert, dass die EU-Kommission einen neuen Vorschlag unterbreiten soll, wie der Digitale Binnenmarkt in Europa bis 2018 realisiert werden kann.


Dass der digitale Binnenmarkt kommen wird, ist für Rübig klar. Er wünscht sich, dass die europäischen Telekomanbieter und Mitgliedsstaaten konstruktive Vorschläge auf den Tisch legen, wie man Unterschiede in den einzelnen Staaten, was Infrastruktur und Netzausbau anbelangt, ausgleichen kann und bekräftigt: „Ein zerteilter Markt und Fleckerlteppich verhindert jegliche Innovation im digitalen Bereich und stärkt nur die finanzkräftigen und mächtigen Konzerne außerhalb Europas!“


Rübig warnt eindringlich: „Wenn die europäische Telekomindustrie nicht auf den digitalen Binnenmarkt reagiert, wird uns das viele Arbeitsplätze in Europa in dieser Branche kosten! Wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch ist das absolut nicht wünschenswert!“


Internationale Entwicklung.


Vorbild für den Ministerrat und die Regulierungsbehörden sollte die Entscheidung der Telekomregulierungsbehörden von Belgien und Luxemburg sein, die Roamingaufschläge zwischen den beiden Staaten nun abschaffen will. Auch Anbieter wie Hutchinson/Drei haben Roamingaufschläge innerhalb ihres Netzes abgeschafft.


Sollte Europa jedoch technische Entwicklungen verschlafen, werden bald internationale Konzerne die Richtung vorgeben. Es wird schon an einem eigenen Mobilfunkdienst gearbeitet, bei dem es keine eigenen Netze verwendet werden, sondern sich das Gerät automatisch ins beste Netz eines Partnerunternehmens einwählt. Neu ist, dass diese neuen Geräte sich bei Verfügbarkeit blitzschnell auch in freie WLAN-Netzwerke einwählen sollen, ohne dass dabei Gespräche abbrechen. Das ermöglicht eine möglichst breite Highspeed-Netzabdeckung.


Ein großes Problem sieht Rübig in der Tatsache, dass die technische Entwicklung rasanter fortschreitet als die Gesetzgebung im Bereich Wettbewerbsrecht nachkommt. Um einen fairen Wettbewerb und Marktwirtschaft zu gewährleisten, müssten die Rahmenbedingungen den neuesten technologischen und globalen Entwicklungen entsprechen. Dies ist aktuell nicht mehr der Fall. Seit über 10 Jahren wird im Bereich der Telekommunikation versucht, einerseits Verbesserungen für Konsumentinnen und Konsumenten zu erreichen, andererseits den Entwicklungen der Branche Rechnung zu tragen.  Begrüßt wird die neue Digital-Strategie der EU-Kommission als erster Schritt in die richtige Richtung. Es braucht aber mehr mutige und rasche Schritte, um existierende Grenzen abzubauen und zukunftsfähige Infrastruktur zu schaffen.


Paul Rübig fordert insbesondere Anreize für Innovation und Infrastrukturausbau: "Die technischen Entwicklungen überholen oft die europäischen Anbieter und der internationale Wettbewerb ist schneller als der Gesetzgeber. Wer weiter auf Marktsegmentierung und Roaminggebühren setzt, wird vom technologischen Wandel abgehängt. Wenn Europa nicht handelt, werden uns außereuropäischer Konzerne im Digitalbereich abhängen.


Im Großhandelsbereich fordert Rübig für die europäischen Telekomunternehmen faire Wettbewerbsbedingungen. Hierzu müssten sogenannte Terminierungsentgelte, welche sich Telekoms für die Zustellung von Gesprächen  verrechnen europaweit auf ein ähnliches Niveau gebracht werden. Um dem rasant ansteigenden Datenvolumen Rechnung zu tragen sollte man jedoch noch einen Schritt weiter gehen.


Rübig: „Die Europäische Kommission sollte ein Konzept für eine Großhandelsbörse für Bits und Bytes ausarbeiten. Damit könnte man faire Bedingungen für große und kleine Anbieter schaffen. Zugänglich sollte diese Börse jedoch nur physisch am Markt vertretenen Teilnehmern sein um Spekulation zu unterbinden. Ein Teil der Transaktionsgebühren könnte wieder dem Infrastrukturausbau zu Gute kommen.”


Digital-Strategie der EU-Kommission


Die EU-Kommission hat Anfang Mai ihre Digitalstrategie vorgestellt. Erreicht werden soll ein europaweit einheitlicher Markt ohne Schranken - auch in der Digitalwirtschaft. Insgesamt 16 Initiativen sollen bis Ende 2016 initiiert. Der zuständige EU-Kommissar Oettinger sprach dabei von einer Aufholjagd gegenüber Staaten wie den USA, Südkorea, Indien, China, oder Japan, welche alle eine digitale Strategie für ihre Märkte verfolgen.


Unter die vorgeschlagenen Maßnahmen fallen vereinheitlichte Regeln für Verträge und Verbraucherschutz im Online-Handel, eine Anpassung der nationalen Urheberrechtssysteme und die Verringerung des Verwaltungsaufwandes bei unterschiedlichen Mehrwertsteuerregelungen für Unternehmen. Darüber hinaus zielt die Kommission auf eine Reform der Telekommunikationsvorschriften mit Blick auf die Frequenzzuteilung. Weiterhin soll es Initiativen zu Cybersicherheit, Cloudspeicherung von Daten und E-Government geben.


Vorgeschlagen wird unter anderem auch,  die Auktion bestimmter Frequenzbänder anstatt auf nationaler Ebene auf europäischer Ebene zu koordinieren und auszuschreiben. Die Erlöse könnten über die Europäische Investitionsbank in Wachstums – und Infrastrukturpakete fließen und verwendet werden, um private Investitionen in Technologie-Infrastruktur zu mobilisieren.


„Die rein nationalen Versteigerungen der Breitbandfrequenzen führen zu sehr unterschiedlichen Kosten für die Telekombetreiber, sodass ein gemeinsamer Markt nur schwer entstehen kann. Nur wenn die Nutzungskosten, die die Firmen haben, sich angleichen, werden sich auch die Verbrauchertarife immer mehr angleichen", erklärt Rübig.


E-Government.


Bürger wie Unternehmen erwarten sich heute von der Verwaltung eine zügige und effiziente Abwicklung von Anträgen, Verfahren und Behördengängen. Im digitalen Zeitalter können lange Wartezeiten und Bürokratie vermieden werden. Die E-Government Strategie sichert eine effiziente Umsetzung von elektronischen Behördendiensten. Im Juni präsentierte die Europäische Kommission ihren 12. „E-Government Benchmark Report”.


In diesem Report untersucht die Kommission zusammen mit Experten die Entwicklung und Umsetzung der E-Government Strategien in den einzelnen Mitgliedsstaaten und auf europäischer Ebene. Die Untersuchung basiert auf einer Analyse von mehr als 10.000 Websites aus EU-Staaten und fokusiert sich auf die Benutzerfreundlichkeit von Online-Dienstleistungen bei zum Beispiel Unternehmensgründung, Arbeitslosigkeit, Jobsuche und Studium.  Laut Report nimmt Europas digitale Entwicklung eine positive Richtung: Es sind mehr Informationen und Services online verfügbar und Online-Support, -Hilfefunktionen und Feedback-Kanäle wurden stetig optimiert. Aufholbedarf besteht laut Bericht bei der Personalisierung des Angebotes der Behörden an die Bürgerinnen und Bürger. Sehr viele Websites seien noch nicht mobilfähig was bedeutet, dass sie am Handy nicht optimal abrufbar oder darstellbar sind. Junge Mitgliedsstaaten wie zum Beispiel Estland sind absolute Vorreiter in der flächendeckenden Digitalisierung des Landes, der Verwaltung und der Politik.


„Ich danke Präsident Kneifel, dass er dieses wichtige Thema der Digitalisierung wieder in den Fokus rückt,” so Paul Rübig und erklärt: „Österreich ist im Bereich E-Government zwar schon gut aufgestellt, aber wir können und müssen noch besser werden!”



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien:
Oswald Schwarzl

CR

Chefredakteur in Ruhe

Weitere Artikel von Oswald Schwarzl