Wien - STR Ludwig zu privaten Mieten: Jede Überprüfung zahlt sich aus

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31 Mai 12:38 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Bei 4 von 5 inserierten Wohnungen im Altbau wird mehr als der gesetzlich zulässige Wert verlangt. Die Stadt bietet umfassende Unterstützungen und startet eine zusätzliche Info-Offensive

Jedes Jahr werden in Wien mehr als 25.000 neue Mietverträge am privaten Wohnungsmarkt abgeschlossen. Viele dieser Wohnungen wurden zuvor auf Immobilienplattformen angeboten. Doch was darf ein Vermieter tatsächlich verlangen, wie steht es um die gesetzlichen Regelungen und wie sieht schließlich die Preisgestaltung in der Praxis aus?
Aktuelle Ergebnisse dazu liefert ein Screening der Stadt Wien, das im Besonderen die Altbaumieten genauer untersucht hat. „Seit Oktober 2016 haben die Expertinnen und Experten der Mieterhilfe insgesamt rund 40.000 Inserate, inklusive Mehrfach-Inserate, von zehn unterschiedlichen Immobilienplattformen unter die Lupe genommen. Und die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Bei vier von fünf Angeboten wird deutlich mehr verlangt, als es das Richtwertmieten-Gesetz erlaubt. Durchschnittlich lagen die ausgewiesenen Angebote um 3,54 Euro pro Quadratmeter über den zulässigen Tarifen“, so Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei der heutigen Präsentation.
Ähnlich verhält es sich auch bei den bestehenden Mietverhältnissen, wie die Bilanz der behördlichen Überprüfungen über die Wiener Schlichtungsstelle zeigen. Bei insgesamt 2.700 Mietzinsüberprüfungen wurden die gesetzlich zulässigen Mietvorschreibungen durchschnittlich um immerhin 3,18 Euro pro Quadratmeter überschritten. „Das entspricht einem vermeintlichen Körberlgeld von 8,5 Millionen Euro pro Jahr, das den betroffenen Mietern am Ende wieder rückerstattet werden muss“, so Ludwig.
Neben seiner erneuten Forderung an den Bundesgesetzgeber nach einem fairen und transparenten Mietrechtsgesetz hob der Stadtrat die umfassenden Leistungsangebote der Stadt Wien hervor: „Von der kompetenten Beratung in der Mieterhilfe bis zur Einrichtung der Wiener Schlichtungsstelle steht den Wienerinnen und Wienern eine ganze Palette an kostenlosen Unterstützungsangeboten zur Verfügung. Zudem werden wir jetzt eine zielgerichtete Informations-Offensive starten.“

Inseraten-Screening zeigt Diskrepanz zwischen Gesetz und Wirklichkeit

Insgesamt sind in den vergangenen acht Monaten 40.000 Inserate durchforstet worden. Nach entsprechender Selektion von Mehrfachanzeigen und Angeboten, die nur in den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, wurden schließlich 4.000 inserierte Wohnungsangebote aus dem Altbaubestand genau überprüft. Neben den relevanten Kennzahlen wie Netto-Mietkosten, Betriebskosten, Kaution und Ablöse wurden auch Möbel- und sonstige Mieten erfasst. Und auch die jeweiligen Angaben zur Ausstattung wurden berücksichtigt. Das Ergebnis dieser Überprüfungen machte eine deutliche Diskrepanz zwischen dem gesetzlich vorgeschriebenen Richtwertmietzins und den verlangten Mieten deutlich. Im Durchschnitt waren rund 80 Prozent der angebotenen Wohnungen überteuert. Durchschnittlich wurde um 3,54 Euro pro Quadratmeter zu viel verlangt. „Die durchschnittliche Gesamtmiete, inklusive Betriebs- und Nebenkosten sowie Möbelmieten, beträgt laut der aktuellen Untersuchung 13 Euro pro Quadratmeter. Der Hauptmietzins schlägt dabei mit rund 10 Euro zu Buche“, informiert Christian Bartok, Leiter der Mieterhilfe.

Drei Viertel aller angebotenen Wohnungen als befristete Mietverhältnisse

Besonders markant ist auch die deutliche Entwicklung zu befristeten Mietverträgen. Die Anzahl jener Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt, die mit unbefristeten Verträgen angeboten wird, liegt derzeit bei nur noch bei 22 Prozent. Diese Entwicklung ist vor allem deshalb besorgniserregend, weil damit die Wohnsicherheit deutlich eingeschränkt wird, wie Ludwig und Bartok erklären. Außerdem werde nur in den wenigsten Fällen der vom Gesetzgeber festgeschriebene Abschlag von 25 Prozent auf den geltenden Richtwert zur Anwendung gebracht.

Steigende Tendenz bei Anzahl der behördlichen Mietzinsüberprüfungen

In diesem Zusammenhang überrascht es auch nicht, dass die behördlichen Mietzinsüberprüfungen in den letzten Jahren sukzessive ansteigen. Insgesamt 2.700 Mietzins-Überprüfungen wurden alleine im Jahr 2016 über die Wiener Schlichtungsstelle abgewickelt. Die Bilanz aus den Daten des Vorjahres belegen, dass die Differenz des Durchschnittes von Mietvertragsabschlüssen und Gutachten in den geprüften Fällen bei 3,18 Euro pro Quadratmeter. Das entspricht einer leichten Minderung gegenüber 2015, da waren es noch 3,30 Euro pro Quadratmeter.

MieterInnen ersparten sich alleine 2016 rund 8,5 Millionen Euro

Dass sich bei derartigen Mehrverrechnung eine behördliche Überprüfung und ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle in jedem Fall auszahlt, wird durch diese Jahresbilanz mehr als deutlich. Bei durchschnittlich 3,18 Euro pro Quadratmeter und einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 72 Quadratmetern ergibt dies im jeweiligen Einzelfall bereits rund 2.500 Euro vor Steuer und Verzugszinsen im Jahr. „In Summe kann gesagt werden, dass den MieterInnen aufgrund der Möglichkeit einer Mietzinsüberprüfung durch die Schlichtungsstelle im Jahr ca. 8,5 Millionen Euro erspart werden“, so Stadtrat Ludwig.

Zielgerichtete Informationsoffensive für Wiener MieterInnen

„Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse und unserer bisherigen Erfahrung gehen wir davon aus, dass viele Mieterinnen und Mieter in Altbauten deutlich mehr als den gesetzlich vorgegebenen Richtwertmietzins zahlen“, stellt der Wohnbaustadtrat fest. „Leider wird die überhöhte Miete viel zu oft hingenommen, teilweise aus Unwissenheit, aber natürlich auch aus Angst, dass der beispielsweise befristete Mietvertrag nicht verlängert wird“, ergänzt der Leiter der Mieterhilfe, Christian Bartok. Genau hier kann die Mieterhilfe mit Rat und Tat zur Seite stehen und bietet vor allem, im Gegensatz zu den gängigen privaten Portalen, kostenlose Hilfe an.

Die Mieterhilfe wird ab sofort alle MieterInnen von Gebäuden, die hier besonders auffällig wurden per Informationsschreiben auf die Unterstützungsangebote der Stadt Wien hinweisen. „Wir möchten die Bewohner in den betroffenen Objekten unterstützen und informieren daher über die Möglichkeit der kostenlosen Mietenüberprüfung. Entweder persönlich bei der Mieterhilfe oder online mit dem Wiener Mietenrechner unter www.mietenrechner.at rund um die Uhr kann die jeweilige Miete auf Zulässigkeit überprüfen werden“, erklärt Ludwig weiter. 2016 wurde dieses Service rund 103.500 Mal in Anspruch genommen.

Guter Rat ist nicht teuer. Alle Leistungen der Stadt Wien sind kostenlos

Neben dem Mietenrechner stehen auch eigene Berechnungstools für die Betriebskosten (www.betriebskostenrechner.wien.at) und auch für Ablösen (zu finden auf der Homepage der Mieterhilfe: www.mieterhilfe.at) zur Verfügung. Weiters sind auch alle Leistungen der Mieterhilfe der Stadt Wien vollkommen kostenlos. Die Mieterhilfe-ExpertInnen beraten kompetent in allen rechtlichen Fragen rund ums Thema Wohnen. 2016 hatten die BeraterInnen der Mieterhilfe insgesamt 28.000 KundInnenkontakte. Gemeinsam mit dem InfoCenter konnten in rund 40.000 KundInnenkontakten unterschiedlichste Wohn-Anliegen der WienerInnen erörtert werden. Mehr als 100 Anfragen pro Tag erfolgen telefonisch. In den persönlichen Gesprächen wurden dabei insgesamt 21.500 Fragen rund um das immer komplexer werdende Thema Wohnen geklärt. Die Mieterhilfe bietet zudem auch eigene Muster-Mietverträge für die unterschiedlichen Bereiche der Anwendung im Mietrechtsgesetz an. Zuletzt wurde zudem auch noch die mobile Mieterhilfe ausgebaut.

Sollten sich Mieten oder Betriebskosten tatsächlich als überhöht erweisen, bietet die Mieterhilfe Unterstützung, dass die Betroffenen auch zu ihrem Recht kommen. In der Regel wird sodann der Weg zur Wiener Schlichtungsstelle beschritten. Diese dem Gericht vorgelagerte, weisungsunabhängige Einrichtung entscheidet schließlich rechtsverbindlich. Das besondere an der Wiener Schlichtungsstelle: Es ist keine anwaltliche Vertretung notwendig, somit entstehen auch keine Kosten für die Betroffenen. Auch Verfahrenskosten sind keine zu tragen.

Faires, transparentes Mietrecht dringend notwendig

Abschließend stellt Wohnbaustadtrat Michael Ludwig erneut klar: „Die derzeitige Gesetzgebung – und insbesondere das System der Richtwert-Zuschläge – lässt jede Transparenz vermissen. Für die Konsumentinnen und Konsumenten sind Wohnungsangebote und Mietverträge weder vergleich- noch kontrollierbar. Das geltende österreichische Mietrecht ist unübersichtlich, zersplittert und auch für ausgewiesene Experten oft nicht eindeutig und klar.“ Ein neues Mietrechtsgesetz, das vom Bundesgesetzgeber zu verabschieden ist, sollte auch klare Mietzinsbegrenzungen, wie es sie im Bereich der Gemeindewohnungen und der geförderten Wohnungen bereits seit vielen Jahren gibt, sicherstellen. „Beim Zuschlagssystem der Richtwertmieten brauchen wir eine klare taxative Ausweisung der Zu- und Abschläge und eine Deckelung der Zuschläge. Es sollten alle Mietverhältnisse, die der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses dienen, erfasst und geschützt werden“, so Ludwig weiter. Zudem sei es auch dringend notwendig, dass klare Regelungen und Beschränkungen hinsichtlich der Befristungen gesetzlich beschlossen werden.

Appell an Wohnungssuchende und MieterInnen

Der Stadtrat appelliert zudem an die WienerInnen, die kostenlosen Serviceleistungen der Stadt Wien auch zu nutzen. „Nehmen Sie die Angebote in Anspruch. Die Überprüfung von Wohnungsangeboten und auch der eigenen Miete, kann sich in jedem Fall auszahlen. Es ist Ihr gutes Recht. Und wir unterstützen Sie, dass Sie Ihr Recht auch tatsächlich durchsetzen.“


Quelle: Stadt Wien



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Chefredakteur von Regionews Vorarlberg

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