Verantwortung in Zeiten von „Produsage“ und neuen Medien

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Foto: FH St. Pölten / Alice Thörisch
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15 Mär 18:00 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Das zweite Symposium „Medienethik“ widmete sich diesen Montag unter dem Titel „Produsage: Wo bleibt die medienethische Verantwortung der UserInnen“ einem Phänomen, das die Medienwirtschaft und -praxis immer stärker berührt: Nicht nur Journalistinnen und Journalisten sowie professionelle Medienproduzentinnen und -produzenten erstellen Inhalte und Medien, sondern auch Rezipientinnen und -rezipienten sind vermehrt (durch Blogs, Social Media, als Bürgerjournalistinnen und -journalisten) in der Medienproduktion tätig: Wir sind „ProduserInnen“. Das Symposium Medienethik thematisierte Verantwortung und ethische Fragen rund um diese Entwicklung.

Neben der Möglichkeit für immer mehr Menschen, am medialen Produktionsprozess teilzunehmen und damit gesellschaftliche Veränderungen mitzugestalten und zu kommentieren, hat „Produsage“ auch ethische Implikationen. Nicht nur ist der traditionelle Journalismus dadurch verstärkt herausgefordert, sondern es fehlen auch generelle Vorstellungen oder gar Regelungen über die ethische Legitimität des produzierten Content.

Es ergibt sich somit auch eine neue Art von Verantwortung für den Einzelnen / die Einzelne: Hate-Speech, Filter-Bubble, Echos, Privacy-Verletzungen und Gewaltverherrlichung sind hier einige der Probleme, die ethischer Analyse bedürfen, ebenso wie womöglich zu geringe Qualitätsstandards wenn der traditionell-professionalisierte Journalismus an Bedeutung verliert. Das zweite praxisnahe Forschungs- und Lehrsymposium Medienethik am 13. März 2017 an der FH St. Pölten erörterte medienethische Fragen rund um diese Entwicklung.

Medienbildung für das Verarbeiten von Informationen

Laut Nina Köberer, Referentin für Medienethik und politische Bildung am Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung sowie Lehrbeauftragte für Ethik und Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Medienethik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, wirken sich neue Formen digitaler Beteiligung auf die gesellschaftsrelevante Frage nach dem Generieren und Steuern von Öffentlichkeit aus, die heute eine Form „vernetzter Öffentlichkeit der Beteiligung“ darstelle. Verantwortung übernehmen müssten alle beteiligten Akteurinnen und Akteure – einzelne Personen sowie Institutionen.

„Wichtig ist hierbei, bereits in der Ausbildung – sowohl bei professionellen Medienmachern als auch in der schulischen Medienbildung – anzusetzen, um einen verantwortungsvollen Umgang mit neuen Formen unprofessioneller bzw. semi-professioneller Berichterstattung und Informationsbereitstellung zu erlernen: Informationen sollten einerseits sachgerecht verbreitet werden können, andererseits sollten der Realitätsgehalt und die Relevanz von Informationen auch beurteilt werden können“, sagt Köberer.

Verschwimmende Grenzen zwischen Rollen, Akteurinnen und Akteuren

„Die Grenzen zwischen Userinnen und Usern sowie Produzentinnen und Produzenten verschwimmen – nicht nur im Hinblick auf die Rollen, sondern auch im Hinblick auf Akteurinnen und Akteure, die häufig nicht mehr Menschen sondern Künstliche Intelligenz (Chatbots, Socialbots) oder Algorithmen sind“, erklärt Matthias Karmasin, Leiter des Instituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

„War es vor Jahren ein Ideal (jede/jeder ein Sender, jede/jeder ein Empfänger), so stellen wir heute fest, dass nicht die goldene Zeit der Mediendemokratie anbricht, sondern, dass Empörungsbewirtschaftung und Ressentiment neue Plattformen gegeben werden. Dies wirft für die Frage nach der Verortung und Durchsetzung von Verantwortung neue Fragen auf, die für Ethik und Recht gleichermaßen herausfordernd sind“, sagt Karmasin.

Weitere Referenten beim Symposium Medienethik waren Alfred J. Noll, Rechtsanwalt, Kulturpublizist, Rechtsphilosoph und Professor für Öffentliches Recht und Rechtslehre, Helmut Brandstätter, Chefredakteur und Herausgeber der Tageszeitung „Kurier“, Stefan Ullrich von der Gesellschaft für Informatik Berlin und Georg Mahr, Community Manager von „derStandard.at“.

Forschung und Hochschulausbildung in Medienethik

Die Fachhochschule St. Pölten integriert Themen der Medienethik in ihre Forschung und Lehre am Department Medien und Wirtschaft und kooperiert unter anderem mit dem Interdisciplinary Media Ethics Center (IMEC), einem am Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Alpen Adria Universität Klagenfurt angesiedelten Projekt/Netzwerk. Michael Litschka, Leiter des Studiengangs Media Management an der FH St. Pölten und Organisator des Symposiums Medienethik, ist zweiter Sprecher des IMEC.

„Das Symposium sowie aktuelle Entwicklungen rund um Fake-News und Hass-Postings zeigen, wie wichtig Medienethik auch heute noch ist. Die Fachhochschule St. Pölten wir dem gerecht, indem wir medienethische Themen in unsere medienwirtschaftliche Ausbildung integrieren und auf dem Gebiet forschen“, sagt Litschka.


Quelle: FH St. Pölten



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Chefredakteur von Regionews Vorarlberg

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