Türkischer Doppelstaatsbürger: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hebt Bescheid über den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft auf

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09 Sep 09:30 2018 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Die Oberösterreichische Landesregierung als zuständige Behörde nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz sprach im Rahmen eines Prüfverfahrens über das Bestehen bzw. den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft aus, dass eine türkischstämmige Person die im Jahr 1995 erworbene österreichische Staatsbürgerschaft im Jahr 2017 wieder verloren habe, weil zwischenzeitlich die türkische Staatsangehörigkeit erneut erworben worden sei. Der Betroffene habe am Verfahren nur mangelhaft mitgewirkt, insbesondere habe er keinen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister („Nüfus kayit örnegi“) beigebracht. Der Name der türkischstämmigen Person finde sich außerdem auf einer Liste mit Personendaten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit als eine türkische Wählerevidenzliste zu qualifizieren sei.

Gegen diesen Feststellungsbescheid erhob die türkischstämmige Person Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und beantragte dessen ersatzlose Aufhebung. Im Wesentlichen wurde darin vorgebracht, dass kein Antrag und keine Erklärung zum Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft abgegeben worden sei sowie die Richtigkeit und Authentizität der „Liste“ bestritten werde.
Das Landesverwaltungsgericht kam auf Basis der gegenständlichen Verfahrensunterlagen und der öffentlichen mündlichen Verhandlung, in der die Verfahrensparteien ihren Standpunkt umfassend darstellen konnten, zum Ergebnis, dass der Beschwerde stattzugeben war.

Nach Prüfung der Sachlage stellte das Landesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung fest, dass die betroffene türkischstämmige Person keinen Antrag auf Wiederaufnahme in den türkischen Staatsverband gestellt habe. Auch konnte im gegenständlichen Verfahren keine Einladung in das türkische Konsulat nach Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft festgestellt werden, wie das in vergleichbaren Fällen oftmals der Fall war. Der Betroffene – ein gebürtiger Kurde - hat ausreichend am Verfahren mitgewirkt, zumal er glaubhaft vergeblich versucht hatte, einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister zu erhalten, zum Nachweis der nicht mehr bestehenden türkischen Staatsbürgerschaft. Auch wurde ihm von den türkischen Behörden keine sogenannte „MAVI-Karte“ ausgestellt, welche etwa in anderen Verfahren stets vorgezeigt wurde, sofern sie vorhanden war. Gestützt wurde dieser Befund durch die Tatsache, dass der türkischstämmige Mann für Besuche in der Türkei jeweils kostenpflichtige Visa für seinen österreichischen Reisepass erwarb.

Soweit sich die Staatsbürgerschaftsbehörde auf eine „Liste“ mit einer großen Menge an Daten über Personen mit türkischen Wurzeln stützt, war festzuhalten, dass der Ursprung dieser „Liste“ und der darin enthaltenen Daten sowie deren Unveränderlichkeit nicht feststellbar ist. Auch weist die „Liste“ – im Gegensatz zu Listen, die in vergleichbaren Verfahren in anderen Bundesländern vorgelegt wurden – keine eindeutig einer behördlichen Quelle zuordenbaren Identifikationsmerkmale auf. Der Charakter einer türkischen Wählerevidenz war somit nicht feststellbar.
Aus diesen Gründen war der Beschwerde daher stattzugeben und der Feststellungsbescheid, mit welchem der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgesprochen wurde, aufzuheben.

Hinweis:
Im Zusammenhang mit Feststellungsverfahren hinsichtlich des Bestandes bzw. Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft türkischstämmiger Personen wurden vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Jahr 2018 nunmehr bislang 7 Verfahren entschieden; dabei wurden die Beschwerden der Betroffenen in 5 Fällen als unbegründet abgewiesen1); in zwei Fällen wurde den Beschwerden stattgeben und der Feststellungsbescheid behoben.


Quelle: LVwG Oberösterreich



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