Salzburger "Arabella"

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23 Apr 05:40 2014 von Redaktion Kultur Print This Article

Brillanter Orchesterklang und gesangliche Glanzleistungen

SALZBURG. Dass Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen, war bereits im Vorjahr  zu erleben. Dass die lyrisch exzellente Hanna-Elisabeth Müller (Zdenka) und der hervorragende Tenor Daniel Behle (Matteo) als Publikumslieblinge gefeiert wurden, war eine erfrischende Überraschung bei den heurigen Osterfestspielen.


 


 „Arabella“ war die letzte Zusammenarbeit zwischen Richard Strauss und Librettist Hugo von Hofmannsthal. Strauss schrieb im September 1927 an Hofmannsthal: „ ... Hab nichts mehr zu arbeiten. Also bitte: dichten Sie! Es darf sogar ein zweiter Rosenkavalier sein ….“. Strauss und Hofmannsthal siedeln die lyrische Komödie in drei Aufzügen im Wien um 1860 an. Die Uraufführung am 1. Juli 1933 in der Dresdner Staatsoper erlebte Hofmannsthal nicht mehr. Arabella wird zu Unrecht „kleine Rosenkavalier-Schwester“ genannt, denn dieses Werk kann nur mit absoluten Spitzenkräften inszeniert werden, da es sowohl an Sänger und Orchester extrem hohe Ansprüche stellt.


 


Florentine Klepper zeigt in ihrer Inszenierung eine „Arabella“, die um 1900, im Fin de Siècle spielt und die Oberflächlichkeit der Wiener Gesellschaft zeigt. Die Suche nach dem Glück, die Geldgier, die scheinheilige Maskerade, … darin verstricken sich die Protagonisten zutiefst. Der Vater, Rittmeister Waldau, ist dem Glückspiel verfallen und verliert sein gesamtes Gut. Nun will er seine Tochter Arabella mit einem finanzkräftigen Mann verheiraten. Zum standesgemäßen Auftritt für die zweite Tochter, Zdenka, reicht sein Geld nicht, daher wird sie umgehend als Junge verkleidet. Zdenka wird das Frausein damit gänzlich entzogen – sie fügt sich widerstandslos in die von den Eltern auferlegte Rolle. Arabella, eine für die damalige Zeit selbstbewusste junge Frau, flirtet mit vielen Verehrern, sehnt sich jedoch nach dem „Richtigen“. Doch auch sie beugt sich dem Willen der Eltern, sich verheiraten zu lassen. Ihre Schönheit wird als Kapital genutzt, um den sozialen Abstieg der Familie zu retten. Daraus entstehen spannende Fragen, die nicht beantwortet werden.


 


Das  Bühnenbild von Martina Segna zeigt im ersten Teil vier nebeneinandergereihte türkisfarbige Hotelzimmer, die hin und her gefahren werden: spartanisch, ohne Bilder, nur ein großer, schon etwas desolater Kronleuchter erhellt die Zimmer. Dadurch entsteht ein intimer Rahmen, eine Art Kammerspiel-Atmosphäre. Schachtelförmig löst sich dieser Raum im 2. Teil auf und ein traumwelthaft, dunkler Ballsaal entsteht. Die Kostüme von Anna Sofie Tuma passen sich der Zeit entsprechend gut an.


 


Gesangliche Herausforderungen


In den Hauptrollen erstmals gemeinsam auf der Bühne Renée Fleming als Arabella und Thomas Hampson als Mandryka. Fleming braucht den ersten Akt, um sich frei zu singen. Doch im 2. Aufzug im Duett „Und du wirst mein Gebieter sein“ berührt sie mit solch einer verzaubernden Klangschönheit, dass man es gerne nochmals hören möchte. Ein weiterer Glanzpunkt ist das Duett der beiden Schwestern Arabella und Zdenka „Aber der Richtige“  eine nach slawischen Volksweisen ausgestaltete Passage. Die junge deutsche Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller feiert in Salzburg ihr erfolgreiches Debüt. Sie gibt eine mutige, facettenreiche Zdenka –  brilliert burschikos in der Hosenrolle und zartfühlend in der Verwandlung als liebendes Mädchen.


 


Thomas Hampson als Mandryka – eine noble, stattliche Erscheinung. Mit geschmeidigem Timbre sowie mit erstaunlich kräftiger Baritonstimme begeistert er das Publikum. Den unhöflichen Naturmenschen und Bärentöter aus einer halb-fremden Welt (Kroatien) verkörpert er im heruntergekommenen Wiener Grand Hotel, in der er die verarmte Familie Arabellas trifft,  jedoch nicht. Die Rolle des großzügigen Neffen – des verstorbenen Freundes von Arabellas Vater – der zu tiefen, sanften Gefühlen fähig ist liegt Hampson sehr wohl. Hat er sich doch in ein Bild von Arabella verliebt.


 


Erfreuliches Stimmvolumen auch in den Nebenrollen: Daniela Fally ist eine sprühende Fiakermilli mit sicheren Koloraturen. Sie trällert die „Gstanzeln“ mit heißblütigem Temperament. In Männerkleidung aufzutreten ist heutzutage kein Thema, 1871 war es nur mit polizeilicher Genehmigung möglich.


 


Um Arabellas Gunst ringen nicht nur Matteo (Zdenkas Angebeteter), sondern noch drei weitere Verehrer: Graf Elemer, Graf Dominik und Graf Lamoral, die mit Benjamin Bruns, Derek Welton und Steven Humes sehr gut besetzt sind. Souverän Gabriela Be?a?ková als Adelaide und Jane Henschel als Kartenaufschlägerin. Albert Dohmen gibt einen komödiantenhaften Rittmeister a. D. Gustav Waldau. Arabellas Vater ist in seiner Rolle polternd, aber mit wenig Wiener Schmäh zu erleben.


 


In Strauss’ Klangwelten schwelgen


Die anspruchsvolle Strauss’sche Musik wurde von Dirigent Christian Thielemann und „seiner“ Sächsischen Staatskapelle auf höchstem Niveau zum Strahlen gebracht. Zart schwelgende Töne der Streicher geben die wundersame wehmütig-süße Verhaltenheit der Frauenseele wieder. Dann wieder glühend leidenschaftliche und aufbegehrende Töne, die den Zuhörer gefangen nehmen. Und die betörenden instrumentalen Einzelleistungen lassen den Atem anhalten. Sein Dirigat ist feinsinnig, klar, präzise. Und den Sängern gibt er, soweit es im Großen Festspielhaus überhaupt möglich ist, Raum zur Entfaltung. Den “ Dresdnern“  liegt Richard Strauss‘ Musik seit „Jahrhunderten im Blut“ und Thielemann weiß die Höhen und Tiefen der Partitur auszukosten. Das Festspielpublikum goutiert die grandiosen Leistungen mit langem, euphorischem Beifall.



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