Salzburg Stadt: Immer mehr parken unberechtigt auf Behindertenparkplätzen

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Foto: Stadt Salzburg / Johannes Killer
05 Jul 07:46 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Stadt startet Aktion "Eh nur kurz ist schon zu lang" gegen Unsitte

Die aktuellen Zahlen über unberechtigtes Parken auf Behindertenparkplätzen und die Beschwerden im Büro der Behindertenbeauftragten sowie bei Mitgliedern des Behindertenbeirats häufen sich. Das war heute Montag, 3. Juli 2017, Anlass für einen Medientermin, bei dem es nicht nur um Parksünden, sondern um eine grobe Missachtung von Menschenrechten geht. Darauf wiesen Sozial-Vizebürgermeisterin Mag.a Anja Hagenauer und die städtische Behindertenbeauftragte Sabine Neusüß hin. Mit Foldern und einer Plakataktion von 3. bis 17. Juli unter dem Motto „Eh nur kurz ist schon zu lang!“ sollen die Notwendigkeiten, Rechte und auch die Ignoranz zum Thema gemacht und Bewusstsein für diese Problematik in der Stadt Salzburg geschaffen werden.

Menschen, die dauernd stark gehbeeinträchtigt sind – so auch die Formulierung im Antrag – sind zur Bewältigung des Alltags häufig auf ihr Auto angewiesen. Eine wesentliche Hilfestellung bietet dazu der blaue, EU-weit gültige §29b-Ausweis, der unter ganz bestimmten Voraussetzungen vom Sozialministerium Service ausgegeben wird. Nur mit diesem Ausweis darf das Fahrzeug auf eigens gekennzeichneten Parkplätzen abgestellt werden. In der Stadt Salzburg stehen den derzeit ca. 6.000 Ausweis-Inhaber*innen aus der Stadt rund 285 (Jahr 2012 waren es 255) Behindertenparkplätze zur Verfügung. Und auch Gäste mit Parkberechtigung aus ganz Europa dürfen diese benützen. Wichtig: Der Ausweis muss gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegen!

Ressortchefin Vizebürgermeisterin Mag.a Anja Hagenauer weiß, dass nicht nur diese vergleichsweise kleine Gruppe, sondern zahlreiche Verkehrsteilnehmer*innen ohne Behindertenausweis die ideal liegenden Parkplätze für ihre „eh nur kurzen“ Erledigungen nützen. „Allein in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres gab es von Polizei und ÖWD in unserem Stadtgebiet insgesamt 695 (im Jahr 2012: 454) Organstrafen bzw. Anzeigen und sogar Abschleppungen. Schon diese offizielle Zahl zeigt mehr als deutlich, dass hier vielen Menschen das Bewusstsein fehlt, warum es diese speziellen Parkmöglichkeiten gibt“, so Hagenauer. „Was da an Antworten und Ausreden kommt, spottet jeder Beschreibung und ist für die Betroffenen diskriminierend und beleidigend. Um die Sensibilität zu erhöhen, haben die Behindertenbeauftragte und der Behindertenbeirat gemeinsam einen Info-Folder erarbeitet, der derzeit auf Parkplätzen in der Stadt Salzburg hinter die Scheibenwischer gesteckt wird. Zudem gibt es eine Plakat-Aktion, die wachrütteln sollte“, so Hagenauer weiter – sie ist auch Vorsitzende des Salzburger Behindertenbeirats.

Ein Parkplatz mit Idealmaß

Laut ÖNORM B 1600 hat ein Parkplatz für Menschen mit Gehbehinderungen mehrere Anforderungen zu erfüllen. Personen, die auf den Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, müssen beim Ein- und Aussteigen die Autotüre zur Gänze öffnen, um mit dem Hilfsmittel seitlich neben das Auto fahren zu können. Deshalb ist für Behindertenparkplätze eine Breite von 3,50 m notwendig und vorgeschrieben. Auch in der Länge muss für das Aus- und Einladen des Rollstuhls vom Kofferraum mittels einer Rampe etwas mehr Platz eingerechnet werden.

Behindertenparkplätze müssen stets im Nahbereich des Eingangs situiert sein, da Menschen mit dauernd starker Gehbehinderung nur kurze Wegstrecken zurücklegen können. „Tatsache ist, dass diese Verkehrsteilnehmer*innen ohne geeignete Parkmöglichkeit in unmittelbarer Nähe ihres Zieles unter Umständen wieder unverrichteter Dinge nach Hause fahren müssen. Ich appelliere an alle Autofahrer*innen, diese ausgewiesenen Parkflächen freizuhalten! Ganz wichtig sind hier auch die Gewerbetreibenden, die dafür sorgen sollten, dass diese Parkplätze wirklich den berechtigten Personen zur Verfügung stehen – was sie zum Teil auch bereits engagiert tun“, unterstreicht Sabine Neusüß, Behindertenbeauftragte der Stadt Salzburg.

Für Parkflächen, Einstellplätze oder Garagen mit mehr als fünf Stellplätzen muss laut ÖNORM ein Stellplatz für Menschen mit Gehbehinderungen eingerichtet werden. Ab 50 und für alle weiteren „angefangenen“ 50 Stellplätze ist ein zusätzlicher Behindertenparkplatz notwendig. Beispiel: Bei 51 Stellplätzen sind zwei Parkplätze für Menschen mit Behinderung gefordert, bei 101 Plätzen sind es drei.

„Immer wieder ist es aber so, dass beispielsweise zwei Behindertenparkplätze mit drei Autos verparkt sind. Beim Zurückkommen stehen dann neben meinem Auto meist zwei ohne Berechtigung. Da höre ich dann ´Ist ja eh genug Platz`. Für mich bedeutet das aber, dass ich nicht mehr in mein Auto einsteigen kann und ich auf den Lenker oder die Lenkerin warten muss. Bei hintereinander liegenden Parkplätzen entlang von Straßen klebt das nächste Fahrzeug häufig so an der Stoßstange, dass ich keine Chance mehr habe, den Rolli im Kofferraum zu verstauen. Die Bodenmarkierung wird schlichtweg ignoriert. Und wieder heißt es: Bitte warten!“, berichtet Franz Hufnagl, Mitglied des Behindertenbeirats, von seinen Erfahrungen.

Teure fünf Minuten

„Ich brauch nur fünf Minuten!“, „Der Platz war ja frei!“, „Ich hab eh einen Blick auf den Parkplatz gehabt!“, „Mir tun meine Beine auch weh!“, „Mein Hund hält es in der Tiefgarage nicht aus!“, „Ich bin Arzt!“… Die Argumente der Parksünder*innen sind durchaus glaubhaft. Für Parkplatzsuchende mit körperlicher Behinderung und gültiger Parkberechtigung stellen sie dennoch eine grobe Missachtung ihrer Rechte und Bedürfnisse dar.

„Wenn ich Menschen darauf anspreche, dass sie auf einem Behindertenparkplatz parken, reagieren sie häufig ungehalten. Ich ernte dann böse Blicke oder unflätige Bemerkungen. Andere wiederum tun so, als hätte ich nichts gesagt. Sie ignorieren mich einfach. Das ist schmerzhaft und beschämend“, so Franz Hufnagl weiter.

Der § 29b-Ausweis

Salzburger*innen mit Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg, die eine dauernd starke Gehbehinderung haben, können im Sozialministerium Service (Auerspergstraße 67a,
Tel. 0 662/059988) persönlich oder auch mittels Formular (www.sozialministeriumservice.at ) den „Parkausweis für Behinderte“ beantragen. Bei Wegfall der dauernd starken Gehbehinderung muss der Ausweis unverzüglich der ausstellenden Behörde zurückgegeben werden. Der § 29b-Ausweis ist an die Person mit Gehbehinderung gebunden und nicht übertragbar. Die Gültigkeit erlischt mit dem Tod.

Der Strafrahmen für unberechtigtes Parken geht von 25 Euro (Organstrafe) über 50 Euro für eine Anzeige bis zu 230 Euro bei Abschleppung. „Was aber viele nicht wissen: Wer rechtswidrig den §29b-Ausweis etwa der Gattin oder des verstorbenen Großvaters benutzt, hat mit ganz anderen Strafen zu rechnen. Denn hierbei handelt es sich laut Straßenverkehrs-ordnung nicht nur um ein Verwaltungsvergehen, sondern um einen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bzw. eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagsätzen können hier die Folge sein“, informiert Behindertenbeauftragte Neusüß.

Wo ist Halten & Parken erlaubt?

Inhaber*innen eines §29b-Ausweises, welche selbst ein Kfz lenken bzw. in einem Kfz befördert werden, dürfen mit dem Fahrzeug an Straßenstellen, für die sonst „Halten und Parken verboten“ gilt, in zweiter Spur halten: zum Ein- bzw. Aussteigen sowie zum Ein- bzw. Ausladen der für die gehbehinderte Person nötigen Behelfe (beispielsweise Rollstuhl), sofern nicht andere Verkehrsteilnehmer*innen am Vorbei- oder Wegfahren gehindert werden.

Parken dürfen sie auch
• im Bereich des Straßenverkehrszeichens "Parken verboten"
• in Kurzparkzonen ohne zeitliche Beschränkung
• in Fußgängerzonen während der Zeit, in der Ladetätigkeit allgemein erlaubt ist
• auf Behindertenparkplätzen (außer sie sind mit Zusatztafel einem bestimmten Fahrzeug vorbehalten)

In der Stadt Salzburg entfällt in Kurzparkzonen auch die Parkgebührenpflicht.
Der sogenannte Euro-Key, mit dem schon bisher Schranken z.B. beim Schloss Hellbrunn, aber auch Türen öffentlicher WC-Anlagen (europaweit) geöffnet werden können, ermöglicht in Salzburg auch die Absenkung des Pollers am Rudolfskai Richtung Mozartplatz und beim Festspielhaus – und damit die Einfahrt in den Innenstadtbereich zu den dort befindlichen Parkplätzen für Menschen mit Behinderungen.

Tipps am Rande

Die österreichischen Ausweise können auch im Ausland verwendet werden, insbesondere im EU-Raum, jedenfalls in folgenden Staaten: Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Großbritannien sowie in Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen. Für andere Länder empfiehlt es sich, bei einem der Autofahrerclubs (ÖAMTC oder ARBÖ) oder bei der jeweiligen Botschaft (Konsulat) genauere Informationen einzuholen.


Quelle: Stadt Salzburg



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