Salzburg: Grenzenlos wie auf Schienen radeln

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Foto: Land Salzburg/Wolfgang Neumaier
19 Okt 06:00 2017 von Redaktion Salzburg Print This Article

Pedalritter gelangen künftig auf der alten Ischlerbahntrasse über die Scharflinger Höhe von Oberösterreich nach Salzburg

Warum man in Zukunft unterirdisch zu den oberösterreichischen Nachbarn radeln kann, welche Bundesstraße über ein Tunnelportal führt, warum ein kleiner See im Salzkammergut eine Direktverbindung zur Donau haben soll und welcher ehemalige Bahntunnel Explosives beherbergte, verrät dieser Grenzfall.

Die Ortschaft Scharfling liegt zweifellos am steilen Westufer des Mondsees in Oberösterreich, über die dahinter ansteigende Scharflinger Höhe jedoch verläuft die Grenze zu Salzburg. In einigen großzügig geschwungenen Kurven führt die Mondsee Straße über den 604 Meter hohen Sattel nach St. Gilgen. Vor ziemlich genau sechs Jahrzehnten schnaufte letztmalig die Ischlerbahn über den Sattel. Genau genommen nicht ganz, denn die Trasse der "Salzkammergut Lokalbahn", so der offizielle Name, musste allzu steile Steigungen vermeiden, damit den dampfbetriebenen Lokomotiven nicht die Puste ausging.

Radweg mit Bahntunneln

Diese noch erhaltene Trasse machen sich die Radwegebauer von heute zunutze und haben das allerletzte Teilstück einer durchgehenden Radverbindung zwischen Salzburg und dem ehemaligen Endbahnhof in Bad Ischl mehr oder weniger durchgehend auf der noch erhaltenen Trasse geplant. Der besondere Clou daran: Zwei ehemalige Bahntunnel werden Teil des Radwegs, allzu steile Passagen brauchen daher nicht per Drahtesel überwunden werden.

Festungsanlage und Munitionsdepot als Altlast

In Oberösterreich wird für den rund zwei Kilometer langen, neuen Radweg mit Kosten von 800.000 Euro gerechnet. Im 100 Meter langen Brandlbergtunnel befinden sich noch meterdicke Betonwände und am Tunneleingang ein Fundament für ein Flugabwehrkanonen-Geschütz. Das Bundesheer nutzte den Tunnel nach der Stilllegung der Bahn als Munitionsdepot und in den 1970er Jahren als Festungsanlage im damals gültigen Raumverteidigungskonzept. Auch eine Brücke mit größerer Spannweite muss neu gebaut werden.

Vor verschlossenem Tor

Auf Salzburger Seite werden 1,8 Millionen Euro eingesetzt. Nicht nur die beiden Länder finanzieren den neuen Radweg, auch die EU und die Anrainergemeinden Strobl, St. Gilgen und St. Lorenz und St. Wolfgang in Oberösterreich zahlen kräftig mit. Kurz nach der Landesgrenze soll der Radweg über zwei kleine Bogenbrücken aus Naturstein und durch den 95 Meter langen "Kleinen Tunnel" der Ischlerbahn führen. Danach müssen Radler zur Bundesstraße hin schwenken, werden allerdings beim Parkplatz mit einem prächtigen Panoramablick auf den Mondsee belohnt. Die alte Bahntrasse führt hingegen weiter zum verschlossenen Tunnelportal des 436 Meter langen Hüttensteiner Tunnels, der sich heute in Privatbesitz befindet. Das talseitige Tunnelportal befindet sich heute unweit des Gasthauses Batzenhäusl beim Krotensee direkt unter der Fahrbahn der Mondsee Straße.

Kleiner, tiefer See birgt Geheimnisse

Der grenznahe kleine Krotensee mit dem Schloss Hüttenstein und seinem Südufer hat es in mehrfacher Sicht in sich. Seine mit 46 Metern ungewöhnliche Tiefe regt bei manchem die Fantasie an. Schätze und Kriegsgerät aus dem Zweiten Weltkrieg wurden bereits darin vermutet. Um den Krotensee rankt sich auch eine Sage von einem versunkenen Fuhrwerk, dessen Weinfässer ohne den Fuhrmann und ohne die Pferde in der Donau wieder auftauchten. Wesentlich nüchterner fällt die Erklärung aus, dass der See über Jahrhunderte als Müllkippe der Schlossherren diente. Sogar eine komplette solcherart entsorgte Schlossküche wurde schon aus den Tiefen geholt. Für die Radler, die voraussichtlich ab Spätherbst 2018 den neuen Radweg benutzen können, ist er an heißen Sonnentagen jedenfalls eine willkommene Erfrischung.

Kurioses über Grenzen hinweg

Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann im Webshop des Landes um 6,90 Euro bestellt werden, digitale Versionen aller vier Bände stehen dort zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.


Quelle: Land Salzburg



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