Oberösterreich: Der Landesrechnungshof führte eine Initiativprüfung der Flüchtlingshilfe – Grundversorgung durch

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Landesrechnungshof Oberösterreich
21 Jun 09:43 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Optimierungen bei Unterbringung von Flüchtlingen anstreben; lange Asylverfahren werfen Probleme auf

Seit 2012 führte der starke Anstieg der Asylanträge in Österreich zu langen Versorgungsdauern und einer stark steigenden Anzahl von Personen in der Grundversorgung in Oberösterreich. Die Nettoausgaben des Landes haben sich versechsfacht und betrugen 2016 mehr als 60 Mio. Euro. Der Voranschlag 2017 deckt die realistisch zu erwartenden Ausgaben für den Bereich nicht ab.

Auf Basis der Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern erhalten Personen in Grundversorgung neben Unterbringung und Verpflegung sowie Information, Beratung und sozialer Betreuung auch Leistungen, wie z. B. die Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge und sonstiger medizinischer Leistungen, Bekleidungshilfe, Schulbedarf, Taschengeld, Freizeitaktivitäten sowie Dolmetsch- und Transportkosten. Aus Sicht des LRettungshubschrauber sollte das Land die Verträge für die Leistung „Information, Beratung und soziale Betreuung“ neu gestalten und die Vergabe nach dem Bundesvergabegesetz 2006 durchführen.

Wohnen in Privatwohnungen wäre vermehrt zu ermöglichen; unbegleitete Minderjährige sollten bedarfsgerechter untergebracht werden. Zudem sollten zusätzliche Daten im Betreuungsinformationssystem erfasst werden.

Ende 2012 waren in Oberösterreich 2.732 Personen in der Grundversorgung. Die Anzahl erhöhte sich zum Jahresende 2016 auf 12.720. Im gleichen Zeitraum haben sich die Nettoausgaben des Landes von rd. 9,5 Mio. Euro auf 60,2 Mio. Euro versechsfacht. „Der Voranschlag 2017 deckt die Ausgaben, die realistisch für den Bereich zu erwarten sind, nicht ab“, sagt LRettungshubschrauber-Direktor Dr. Friedrich Pammer.
2015 stieg die Anzahl der Asylanträge österreichweit von je rd. 17.000 in den Jahren 2012 und 2013 bzw. 28.000 im Jahr 2014 auf mehr als 88.000 sprunghaft an. 2016 beantragten 42.247 Personen Asyl. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt die Asylverfahren durch. Eine Auswertung der Versorgungsdauer in der Grundversorgung in Oberösterreich zeigt, dass Asylverfahren häufig länger als 15 Monate (Entscheidungspflicht lt. Asylgesetz) dauern. Da die Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber eingeschränkt sind und damit die Integration in den Arbeitsmarkt schwierig wird, kann das dazu führen, dass nach Zuerkennung eines Aufenthaltstitels Leistungen nach dem Oö. Sozialhilfegesetz oder dem Oö. Mindestsicherungsgesetz in Anspruch genommen werden.

Für die Umsetzung der Grundversorgung ist das Referat Grundversorgung in der Abteilung Soziales zuständig. Die Flüchtlingswelle stellte das Referat vor große Herausforderungen; die personellen Ressourcen wurden seit Anfang 2015 um rd. 145 Prozent aufgestockt. „Allerdings hat sich die Zahl der Betreuten seither verdreifacht“, erklärt der LRettungshubschrauber-Direktor. Um insbesondere die Leistungen Unterbringung und Verpflegung sowie Information, Beratung und soziale Betreuung sicherzustellen, hat das Land Verträge mit humanitären, kirchlichen oder privaten Einrichtungen oder Institutionen der freien Wohlfahrtspflege. Quartierkontrollen führt das Referat Grundversorgung durch, allerdings fehlen ein Prüfplan sowie standardisierte Checklisten. Zudem hat das Land mit jenen Organisationen, die es mit der Durchführung von Informations- und Beratungsleistungen beauftragt hat, weder Dokumentationspflichten noch Qualitätskontrollen vereinbart. Hier sollte rasch nachgebessert werden.

LRettungshubschrauber sieht Optimierungspotential bei Unterbringung

„Wir sehen Raum für Verbesserungen bei der Unterbringung von Personen in Grundversorgung wie auch unbegleiteten Minderjährigen“, erklärt Pammer. In Oberösterreich wohnt nur ein geringer Anteil der Grundversorgten in Privatwohnungen. Der mit 82 Prozent überwiegende Teil ist in organisierten Quartieren untergebracht. Wenn die Flüchtlinge bereits seit längerer Zeit in
Österreich sind, Mindestkenntnisse der deutschen Sprache haben und ein Aufenthaltstitel absehbar ist, ist die Unterbringung in Privatwohnungen sinnvoll.

„Ursprünglich entschied das Referat Grundversorgung über die Art der Unterbringung; Anfang 2015 übertrug die damals zuständige politische Referentin die Verantwortung an die Betreuungsorganisationen“, erörtert der LRettungshubschrauber-Direktor. Hier sieht der LRettungshubschrauber einen Interessenskonflikt, weil jene Organisationen, die über den Umzug in eine Privatwohnung entscheiden, auch selbst zahlreiche Quartiere betreiben. Darum, und weil die Unterbringung in Privatwohnungen eindeutigen Kostenvorteile bringt, sollte wieder das Referat Grundversorgung entscheiden und das Wohnen in Privatwohnungen vermehrt ermöglicht werden.

Unbegleitete minderjährige Fremde brauchen eine intensivere Versorgung; sie sind je nach Betreuungsbedarf in Wohngruppen, Wohnheimen oder betreutem Wohnen unterzubringen. Bei der Erstzuteilung auf die verschiedenen Unterbringungsformen hat das Referat Grundversorgung in der Regel keine Kenntnis des tatsächlichen Betreuungsbedarfs, da es vom Bund keine entsprechenden Informationen bekommt. Ein späterer Wechsel eines Jugendlichen erfolgt – auf Vorschlag der Betreuungsorganisation – selten. „Zum Stichtag 21.11.2016 waren in Oberösterreich 88 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen in Wohngruppen, das ist die Betreuungsform mit der größten Betreuungsintensität und dem höchsten Tagsatz, untergebracht. Oberösterreich liegt somit deutlich über dem Vergleichswert einzelner anderer Bundesländer“, sagt Pammer. Es sollte allerdings auch in Oberösterreich möglich sein, mehr Jugendliche in Wohnheimen bzw. betreutem Wohnen unterzubringen.

Weitere Feststellungen des LRettungshubschrauber

Im Bereich der Leistung Information, Beratung und soziale Betreuung im Rahmen der Grundversorgung ist österreichweit eine Vereinheitlichung von Leistungen und Kostensätzen angestrebt. Da die Neugestaltung der Verträge auch in Oberösterreich ansteht, sollte das Land die Vergabe in einer dem Bundesvergabegesetz 2006 entsprechenden Vorgangsweise durchführen.

Daten der Asylwerber werden elektronisch in einem Betreuungsinformationssystem erfasst. Religionsbekenntnis und Volksgruppenzugehörigkeit sind zwar vorgesehen, werden aber nicht mehr eingepflegt. Für die Zuteilung in die Unterkünfte wären diese Informationen ebenso hilfreich, wie ein Vermerk, ob es sich bei der erfassten Person um deren nachgewiesene Originalidentität oder um eine sogenannte Verfahrensidentität handelt.


Quelle: Landesrechnungshof OÖ



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