Nach fast 20 Jahren Aufopfern für die Firma, kurz vor dem 60er: Unternehmen kündigt Fahrer, um sich vor Abfertigung zu drücken

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Arbeiterkammer Oberösterreich
17 Apr 11:00 2017 von Redaktion Salzburg Print This Article

Völlig fassungslos wandte sich ein 59-jähriger LKW-Fahrer und zweifacher Familienvater an die Arbeiterkammer Oberösterreich. Fast 20 Jahre habe er für die Firma gelebt, unzählige Überstunden gemacht und sogar nach einem Arbeitsunfall verletzt für den Betrieb weitergearbeitet, berichtete er. Dann der Schock: Kurz vor seinem 20. Dienstjahr schmiss ihn die Holzhandelsfirma mit Sitz im Bezirk Wels-Land hinaus – vermutlich, um sich die höhere Abfertigung zu sparen, die ihm dann zugeständen wäre. Die AK erstritt für den Mann 9.500 Euro zusätzliche Abfertigung. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer kopfschüttelnd: „So sieht der Dank für jemanden aus, der sich jahrzehntelang für die Firma aufopfert. Kein Mensch kann erklären, warum das gerechtfertigt sein soll!“

„Für mich war die Arbeit immer die Nummer Eins im Leben – zuerst kam die Firma, die Familie musste sich hinten anstellen“, berichtet der ehemalige Kraftfahrer aus dem Bezirk Wels-Land. Vor zwei Jahren hatte sich der Mann beim Beladen des LKW schwer verletzt und trotzdem mit vollem Einsatz für die Firma weitergearbeitet – trotz gebrochener Rippe. Auch über unzählige Überstunden beklagte er sich nie, schließlich fiel das für den Mann unter die Kategorie „Firmenloyalität“. Umgekehrt war es mit der Loyalität des Chefs gegenüber dem Beschäftigten nicht weit her. „Von einem Tag auf den anderen hat er mich einfach entsorgt“, erzählt der Mann.

Enttäuscht und ratlos wandte er sich an die AK. Nach Prüfung der Unterlagen hatte die Rechtsexpertin einen Verdacht: Die Firma wollte sich um die höhere Abfertigungszahlung drücken. Einige Monate nach der Kündigung wäre der Mann nämlich genau 20 Jahre bei der Firma angestellt gewesen – womit ihm neun Monatsentgelte Abfertigung zugestanden wären (für den Mann galt noch das Abfertigungssystem alt). So waren es nur sechs Monatsentgelte. Der Verdacht erhärtete sich insbesondere deswegen, weil es keine betrieblichen Erfordernisse gab, die der Weiterbeschäftigung des Mannes im Weg gestanden wären.

Die AK brachte den Fall vor Gericht und erreichte in einem Vergleich, dass die Firma drei Monatsentgelte Abfindung zahlte – also jene Differenz, die auf neun Monatsentgelte Abfertigungszahlung fehlte. Doch die Firma blieb sowohl bei der Zahlung dieser Abfindung als auch bei der Zahlung der gesetzlichen Abfindung säumig. Für den Mann, der auch zwei unterhaltspflichtige Kinder hat, war dies neben der Arbeitslosigkeit eine zusätzliche Belastung. Erst nachdem die AK erneut einschritt, bekam der Mann endlich die offenen Forderungen: Mehr als 33.000 Euro.

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer appelliert an die Vernunft und Menschlichkeit heimischer Unternehmer: „Erfolgreiche Betriebe haben erkannt, dass ihr größtes Kapital motivierte und loyale Mitarbeiter sind. Die Beschäftigten leisten tagein tagaus Enormes. Es ihnen damit zu danken, sie kurz vor dem 60. Geburtstag in die Arbeitslosigkeit zu entsorgen, zeugt neben Unvernunft auch von extremer sozialer Kälte. Niemand hat es verdient, so behandelt zu werden.“


Quelle: AK Oberösterreich



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