Der kleine Achill aus Neumarkt–Pfongau

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Foto: Land Salzburg
10 Okt 16:00 2017 von Redaktion Vorarlberg Print This Article

Schellhorn: Österreichweit einzigartige antike Bronzefigur bei Ausgrabungen in römerzeitlichem Landgut entdeckt

Seit 2008 liefern die Ausgrabungen in Pfongau Einblicke in Neumarkts antike Vergangenheit. Untersucht werden die Reste eines römerzeitlichen Landgutes. Dadurch können die Lebensumstände und das Aussehen dieses Gutshofes rekonstruiert werden. Nun wurde eine einzigartige Bronzefigur entdeckt.

"Derzeit kann sich das Land Salzburg über wertvolle Ausgrabungsstücke freuen. Nach faszinierenden Funden in der Rainerkeusche im Lungau können wir mit der antiken Bronzefigur Achill einen Sensationsfund aus Neumarkt verkünden. Die archäologische Erforschung des römerzeitlichen Gutshofs von Neumarkt-Pfongau ist ein einzigartiges Kooperationsprojekt der Landesarchäologie des Salzburg Museums, des Fachbereichs Altertumswissenschaft der Universität Salzburg, der Stadt Neumarkt und dem Museum Fronfeste. Diese enge, Institutionen übergreifende Zusammenarbeit besteht seit knapp zehn Jahren und bietet detaillierte Rückschlüsse auf das Leben in unserem Land in der Römerzeit. Der römische Gutshof von Neumarkt gilt als die am besten erforschte "villa rustica" in Österreich. Für diese erfolgreiche Kooperation, die eine ergebnisreiche Erforschung unserer Landesgeschichte ermöglicht, möchte ich mich bedanken", so Kulturlandesrat Schellhorn heute, Dienstag, 10. Oktober.

"Für uns ist die antike Bronzefigur auch ein wunderbares Symbol der vielfältigen Zusammenarbeit zwischen Land Salzburg, Universität Salzburg, Gemeinde Neumarkt und dem Museum Fronfeste bei diesem Ausgrabungsprojekt", so Martin Hochleitner, Direktor des Salzburg Museums, anlässlich der Präsentation.

"Diese Bronzefigur zeigt, wie eng der Raum nördlich der Alpen mit der griechisch-römischen Kultur und ihren Mythen verbunden war. Dies verweist auch auf einen entsprechenden Bildungshintergrund der Besitzerfamilie, die mit Sicherheit zur lokalen Oberschicht gehörte und wichtige politische Ämter in Iuvavum, dem heutigen Salzburg, ausübte", so Felix Lang, Universität Salzburg, Fachbereich Altertumswissenschaften, Klassische und Frühägäische Archäologie.

"Schon seit 2008 liefern Ausgrabungen in Pfongau Einblicke in Neumarkts antike Vergangenheit. Die römische Reichsstraße zwischen den beiden Municipalstädten Iuvavum (Salzburg) und Ovilava (Wels) verlief bekanntlich durch das Gebiet der heutigen Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee. Das Grabrelief eines Legionärs an der Kirche in Pfongau, ein 1988 entdecktes Büstengefäß, die Statuette "Venus von Pfongau" (2008) und schließlich die "Nymphe Thetis mit Achill" (2017) belegen, dass sich hier in der Römerzeit schon ein beachtliches Wirtschaftsleben entwickelt hat. Offensichtlich war früher, wie heute auch, die Gegend um Neumarkt am Wallersee von zentraler Bedeutung. Die Stadtgemeinde ist daher an der Erforschung der römischen Vergangenheit höchst interessiert und bereit, diese zu unterstützen", so Adolf Rieger, Bürgermeister der Stadt Neumarkt am Wallersee.

"Schon für das Jahr 2018 ist eine Ausstellung im Museum Fronfeste Neumarkt zur Präsentation der neuesten Funde und Erkenntnisse vorgesehen. Dabei wird die Geschichte der freigelegten Räume und über das Leben in der Villenanlage in Neumarkt-Pfongau erzählt. Die Kulturvermittlung für Schülerinnen und Schüler steht für das Grabungs- und Ausstellungsprojekt im Mittelpunkt", so Ingrid Weydemann, Museum Fronfeste.

In der aktuellen Grabung wurden erstmals in Pfongau Teile eines der Hauptgebäude der Villenanlage aufgedeckt. In den freigelegten Räumen fanden sich noch Reste einer verkohlten hölzernen Türschwelle und zahlreiche Eisenbeschläge der Türe in Originallage. Aus dem Gebäude stammen zahlreiche weitere Funde, wie Fensterglas und Toillettgerät, die einen herausgehobenen Status belegen.

Der kleine Achill

"Im Umfeld des Bauwerks fand sich eine außergewöhnliche antike Kleinbronze. Sie zeigt, wie der kleine Held Achill von seiner Mutter Thetis in den Fluss Styx gehalten wird, um ihn dadurch unverwundbar zu machen. Die rund sechs Zentimeter große Figur war wohl Teil eines Möbelbeschlages. Bis jetzt sind keine dreidimensionalen Darstellungen dieser Szene aus der Antike bekannt. Damit ist die Figur einzigartig", so Raimund Kastler, Landesarchäologe im Salzburg Museum.

Zahlreiche weitere Neufunde wie ein antikes Schwert mit Teilen der Scheide, Schreibgriffel sowie drei große römerzeitliche Backöfen bieten neue Informationen zum Leben auf dem Lande in der Römerzeit.

Römisches Landgut birgt so manche Funde

Die bereits im 19. Jahrhundert bekannte Fundstelle wurde bei Erschließungsarbeiten im Gewerbegebiet von Neumarkt Pfongau im nordwestlichen Flachgau 1988 wiederentdeckt. Neben Teilen der Wohnbebauung (Badeanlage) kamen bei den Ausgrabungen vor allem Wirtschaftsbauten (Lagerhallen, Gebäude für die Unterbringung von Landarbeitern, Speicher und Remisen) zu Tage. Hinweis auf Gewerbetätigkeit im Bereich des Gutshofs lieferten drei Ziegelbrennöfen für Dachziegel sowie Arbeitsbereiche für Eisenbearbeitung.

Landgut lässt sich rekonstruieren

Durch die Ausgrabungen und durch Vergleiche mit ähnlichen Gutshöfen in der Umgebung lässt sich daher das Aussehen des Landgutes gut rekonstruieren. Innerhalb einer annähernd rechteckigen Einfassung, bestehend aus Pflanzgräben für Hecken und Holzzäune, waren die Bauten angelegt, die Wirtschaftsbauten waren entsprechend dem Verlauf der Umfassung ausgerichtet und an diese herangerückt. Der Innenbereich wurde weitestgehend als offener Hof genutzt. Lediglich einzelne herausragende Gebäude (Wohnhaus, Verwaltergebäude und Badeanlage) nahmen eine zentralere Position in der Anlage ein.

Die aktuellen Grabungen im Juli 2017 fanden im südlichen Abschnitt des zentralen Hofgeländes statt. In diesem Bereich wurde nach Vergleichen mit baulich ähnlich angelegten römerzeitlichen Gutshöfen im Umfeld von Iuvavum noch ein großes Wohn- und Wirtschaftsgebäude vermutet.


Quelle: Land Salzburg



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Chefredakteur von Regionews Vorarlberg

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